Hank Von Hell - Egomania

Review

Soundcheck November 2018# 14

HANK VON HELL ist zurück, „Egomania“ lautet die Ansage. Und da wir ja alle ganz höchstpersönlich das Zentrum des Universums sind, fühlen wir uns spontan angesprochen. Vom Cover blickt uns der Chef herablassend-tuntig an, hinter ihm ragen Knochen und Messer in alle Richtungen. Aus einem Blumenkranz. Vor ihm steht der Mittelfinger nur in eine Richtung. Aus Prinzip. Er weiß: Darauf stehen wir.
HANK VON HELL, ehedem Hank von Helvete (bürgerlich: Hans Erik Dyvik Husby), zunehmend schlingernd und irritierend, hatte die norwegischen Death-Punks TURBONEGRO 2010 verlassen. Standesgemäß fielen im Geraune rund um die Trennung nur die großen Gerüchte-Stichworte: Drogen, Scientology, Männerfeindschaft, Gott.

HANK VON HELL gibt der Jeanskutte Zucker

Nach Versenkung und halbherzigen Versuchen vor allem mit DR. MIDNIGHT AND THE MERCY CULT tritt der Mann nun forsch erneut ins Rampenlicht. Er, der für viele lustvoll derangierte Turbojugendliche nicht nur das Gesicht, sondern auch der Arsch war – und nach seinem Abstieg und dem Ausstieg beides in einem Wort.
Groß ist also die Fallhöhe, zumal TURBONEGRO selbst bekanntlich weiterhin die Dunkelheit beschwören. Kann „Egomania“ den Erwartungen entsprechen? Mr. VON HELL tut sein Bestes. Denn seine Comeback-Songs geben der Zielgruppe rein stilistisch ordentlich Zucker – genau diese Art akustischer Süßigkeiten nimmt man nur allzu gern vom fremden (bzw. fremd gewordenen) älteren Herrn.

„Egomania“ verführt ohne Risiko

Denn womit HANK VON HELL 2018 lockt, das hat nichts vom derben Aroma der „Ass Cobra“, schmeckt aber eindeutig nach TURBONEGRO. (Die ja ihrerseits zuletzt auch nicht mehr ab 21 und unter dem Ladentisch waren.) Es gibt den Titelsong als lässigen Ohohoho-Schunkler zum Einstieg, dann nimmt „Pretty Decent Exposure“ Tempo auf – zu flottem und eingängigem Riff und Euroboy-Flitzefinger-Melodie skandiert der Chef „I don’t give a shit, let’s hang it out!“ Die Hosen runter lässt er musikalisch jedoch nur bedingt – das Ding hätte auch auf auf „Scandinavian Leather“ oder so stehen können. („Stehen können“: hihi.) Im stampfenden Boom-Boom-Tchuck von „Blood“ tänzeln dann überkandidelt und gekonnt Bläser (schon wieder: hihi) durch die Manege.

Höhepunkte gibt es einige

Richtig geil (puh …) allerdings sind erst „Dirty Money“ als BACKYARD-BABIES-Ohrwurm und die catchy beschwingte erste Single „Bum To Bum“ sowie „Too High“, mit Urschrei eingeleitet und ein Uptempo-Rock’n’Roller ohne jeden Hüftspeck. Und auch der überlebensgroß-pathetische Abschluss „Adios (Where’s My Sombrero)“ packt – zuerst schreitet der vom Leben gezeichnete Outlaw cool, doch vermeintlich fatalistisch balladesk um 12 Uhr mittags dem eigenen Schicksal entgegen, bevor er sich dann doch aufs Punkrock-Ross schwingt und diesem die Sporen gibt;  Ergebnis: wilder Galopp gen Horizont.
In diesen Momenten bleibt kein Auge trocken und verläuft die Schminke folgerichtig und bereitwillig genau so, dass sie Big Emotions, vor allem aber natürlich Sex skizziert. Und das muss auch so sein. Denn Augenzwinkern hin oder her, man und frau will, wenn der Stoff schon in Glitter panierter, größenwahnsinniger Death-Punk-Pop ist, echt nicht nur obenrum zwischen den Ohren, sondern vor allem untenrum zwischen den Beinen angesprochen werden.

Doch gibt es ein Happy End mit HANK?

Wenige weniger zwingende Passagen bringen zwar kaum die Haare auf dem (tätowierten) Unterarm zum Stehen und schon gar nicht ganze Körperteile. Und alles in allem verhindert die Nummer Sicher, dass wir mit „Egomania“ die ganz große Nummer schieben. Aber sie ermöglicht auch, wie schon gesagt, dass da überhaupt noch was geht ohne langes Herantasten und dass das auch kein One-Night-Stand bleiben muss. Die Erkenntnis erfreut: Hank ist back.
Möchte man ihm wiederum wirklich zujubeln? Ob der Typ auch im Oberstübchen (wieder) zuverlässig ist, wie die lässige Aluhut-Absage im Video zu „Bum To Bum“ hoffen lässt, bleibt offen. Herr VON HELL ist schließlich durchaus schon durch Befremdliches, zum Beispiel gegenüber gleichgeschlechtlicher Partnerschaft, aufgefallen. Sollte all das Gezeigte nur ein Marketing-Move sein, es wäre gar nicht sexy. Gar nicht.

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28.10.2018

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5 Kommentare zu Hank Von Hell - Egomania

  1. nili68 sagt:

    >Man munkelt, Herr VON HELL streife bisweilen durch die stinkenden Gefilde der Alt-Right<

    Wir werden alle sterben. 🙁

  2. Marek Protzak sagt:

    Ich habe den letzten Teil des Texts umformuliert, da ich nur das jetzt Genannte belegen kann. Nur deshalb.

  3. mhlwink sagt:

    „das Ding hätte auch auf auf „Scandinavian Leather“ oder so stehen können“ muss es heißen :-).

    1. Marek Protzak sagt:

      Ein Indiz hätte Norwegen sein können. In der Tat.