Darkane
Darkane

Interview

"Alle guten Dinge sind drei" dachte sich wohl auch Darkane-Sechssaiter Christopher Malmström und ließ einfach mal so unsere ersten beiden Interviewtermine platzen. Zum Glück hat es dann irgendwann doch noch geklappt und mein Gesprächspartner nahm sogleich meinem ganzen aufgestauten Ärger ob der ständigen Verschiebungen mit seiner locker und sympathisch wirkenden Art den Wind aus den Segeln, so dass wir munter über Darkanes neues Spitzenalbum "Expanding Senses", über deren spärlich gesäte Livepräsenz, über die Faszination von psychotischen Dingen, Wahnsinn und anderes sprechen konnten.

DarkaneFangen wir direkt beim neuen Album an. Inwieweit erweitert es wirklich die Sinne des Zuhörers?

Der Titel meint verschiedene Dinge. Die größte Affinität hat er zum Coverartwork, auf dem Menschen zu sehen sind, deren Köpfe eingemauert sind und nur der Mund ist frei. Wir haben uns also gefragt, was für Sinne man erweitern muss, wenn einem das Sehen und Hören genommen worden ist und man nur mit dem Mund atmen und essen kann, um zu überleben. Das ist ein Aspekt. Aber natürlich wollen wir auch die Sinne des Hörers erweitern. Wir klingen wie keine andere Band. Wir haben unseren eigenen Stil. Unsere eigene Wahrnehmung wollten wir natürlich auch vergrößern. Der Titel hat viele Bedeutungen.

Du hast gerade schon das Artwork angesprochen. Es ist einmal mehr sehr hart, psychotisch und abgedreht ausgefallen. Dasselbe war ja auch schon beim Vorgänger „Insanity“ der Fall gewesen. Woher kommt eure Faszination für solch psychotischen Wahnsinn?

Das kann ich eigentlich gar nicht so genau sagen. Aber du hast recht. Solche Dinge haben bei uns schon immer eine große Rolle gespielt. Ich finde es sehr interessant, die Wirrungen des menschlichen Geistes zu erforschen. Die Idee zu unserem neuen Cover hatte Peter (Wildoer, Drummer – Anm. d. Verf.) schon vor ein paar Jahren. Er hat geträumt, genau wie die Menschen im Booklet mit dem Kopf eingemauert zu sein und nur noch den Mund benutzen zu können: Gleichzeitig hat er auch geträumt, die Kontrolle über Leute in einer solchen Situation zu haben. Er hat uns von diesen Träumen erzählt und wir fanden sie so cool, dass wir direkt ein Album darüber machen wollten. Bis jetzt konnten wir das nicht realisieren, da wir nicht die grafischen Möglichkeiten dazu hatten.

Eure Texte schlagen in dieselbe rauhe Psychokerbe, wenn man z.B. mal „Innocence Gone“ herausgreift. Kannst du darüber etwas sagen?

Dieser Text handelt von der Brutalität des Inzests. Wir wollen zeigen, wie brutal die Realität nach solchen Vorfällen für die Opfer ist, wie sie lügen müssen, um diese Sache nicht ans Tageslicht kommen zu lassen. Diesen Text hat Klas (Ideberg – Anm. d. Verf.), der andere Gitarrist geschrieben. Er hat hat vorher ein Buch über dieses Thema gelesen, das ihn inspiriert hat. Die restlichen Lyrics befassen sich sehr stark mit der menschlichen Psyche, Schizophrenie, wenn du Stimmchen in deinem Kopf hörst. Ich mag solche Themen. (lacht)

Da sich diese Themen wie ein roter Faden durch eure Karriere ziehen, wo, würdest du dann sagen, liegen die Unterschiede euer bisherigen drei Alben?

Nun, das ist schwer zu sagen. Aber es gibt wirklich einige größere Unterschiede. Wir haben uns ständig weiter entwickelt. „Rusted Angel“ war unser Debüt und wir hatten keine Ahnung, welchen Stil wir spielen wollten. Wir haben einfach Songs geschrieben. Danach haben wir unseren Sänger gewechselt, wobei wir dachten, wir hätten nun unseren Stil gefunden. Deswegen wollten wir auch, dass Andreas (Sydow – Anm. d. Verf.) auf unserem zweiten Album so singt wie es Lawrence Mackrory auf dem Debüt getan hat. Zu dessen Stil passte aber die Stimme von Andreas nicht. Also haben wir uns jetzt eher auf ihn eingestellt. Deswegen ist „Insanity“ wohl so technisch ausgefallen und „Expanding Senses“ eher weniger. Vielleicht wird das nächste Werk ja wieder technischer, wer weiß?

Du hast eben schon euren alten Sänger Lawrence Mackrory angesprochen. Er war auch in die Aufnahmen zu eurem neuen Album involviert. Wie kam es dazu und was war es für ein Gefühl für euch, wieder mit ihm im Studio zu arbeiten?

Das war sehr abgenehm. Er lebt in derselben Stadt, in der sich unser Aufnahmestudio befand, was recht weit weg von unserem Zuhause ist. Eines Abends, als wir gerade im Studio waren, hat er angerufen, um zu fragen, wie so alles läuft. Ob jetzt er oder wir die Idee für die Zusammenarbeit hatte, weiß ich gar nicht mehr so genau, denn ich war gerade nicht im Studio. Also fragten die anderen, ob er nicht einfach vorbeikommen wollte. Wir hatten ja schon immer andere Gastmusiker bei den Aufnahmen dabei, z.B. Freddy Thordendahl von Meshuggah beim letzten Album. Ich selbst habe auch schon viele Gastauftritte auf anderen CDs, z.B. bei Terror 2000, gehabt. Es war also keine völlig fremde Idee für uns. Die Leute haben immer darüber geredet, wer von beiden nun besser sei, oder gesagt, dass es Streit zwischen uns und Lawrence herrsche. Jetzt habe wir allen gezeigt, dass dies nicht so ist. Wie gesagt, er kam einfach ins Studio und sang mit Andreas zusammen, den dies sehr inspiriert hat. Wir hatten eine großartige Zeit zusammen und es war ein sehr cooler Abend.

Genau so muss das sein! 🙂 Kommen wir auf Daniel Bergstrand zu sprechen, den man momentan wohl getrost als den Shooting Star der europäuischen Produzentenszene bezeichnen kann. Was macht ihn so herausragend, dass ihr alle eure drei Alben bei ihm eingespielt habt, Meshuggah ihm genauso treu sind und sogar Bands wie In Flames aus dem renommierten Studio Fredman zu ihm in sein Dug Out Studio wechseln?

Er hat einfach sehr viele gute Ideen, speziell wenn es an den Gesang geht. Er mag es zu experimentieren. Genau das mögen wir auch. Noch dazu waren wir mit der Produktion, die er für „Insanity“ gemacht hat, nicht so zufrieden. Sie ist einfach nicht fett genug im Gitarrenbereich. Da wir während der Aufnahmen zu unserem zweiten Album auch eine Menge Probleme hatten, wußten wir, dass er das definitiv besser kann. Also sollte er noch eine Chance bekommen. Die hat er diesmal auch genutzt. Ich bin sehr glücklich mit dem Endergebnis, auch wenn die Gitarren in meinen Gitarristenohren natürlich noch etwas lauter sein könnten. Aber es gibt halt immer etwas zu Meckern. (lacht)

Hach, ich mag Interviews, in denen man die Stichworte auf dem Silbertablett präsentiert bekommt. 🙂 Meckern eure Fans nicht desöfteren, warum ihr bisher kaum auf Tour wart? Schließlich wird eine Band nur so bekannter und kann sich bei den Fans für die Treue bedanken. Was ist denn im Zuge eures neuen Werkes jetzt geplant?

Hey, wir wollten immer auf Tour gehen. Das sagen wir auch den Fans. Geplant war bisher immer etwas. Nur ist kurz vor jeder Tour immer einiges dazwischen gekommen, weswegen dann alles abgesagt werden musste. Wir haben echt Pech gehabt. Das geht mir echt auf den Sack, weil wir es lieben, live zu spielen. Jetzt sollten wir z.B. im Januar zusammen mit Pain in Europa auf Tour gehen. Vor ein paar Tagen flatterte uns dann die Meldung ins Haus, dass Peter Tägtgren keine Zeit für diese Tour hat, weswegen wieder einmal alles abgeblasen werden musste. Das passte herrlich zu unserer Pechsträhne der letzten Jahre. Geplant sind jetzt aber erstmal Shows in Holland, England, Japan und Polen. Ich hoffe, wir können im Anschluss daran endlich mal ganz Europa betouren. Aus Deutschland bekommen wir z.B. sehr viele E-Mails oder Einträge ins Gästebuch. Anscheinend haben wir viele Fans bei euch.

Mit Sicherheit. Und wie sah und sieht es mit den Sommerfestivals aus?

Die wollten uns nicht! (lacht)

Ehrlich?

Ja, wirklich! Dieses Jahr wollten wir in Wacken und auf dem Summer Breeze spielen. Aber das Album war noch nicht draußen, weswegen wir denen wohl nicht „heiß“ genug waren. „Insanity“ hat schließlich schon einige Zeit auf dem Buckel. Für das Summer Breeze 2003 sind wir aber schon gebucht. 1999 nach der Veröffentlichung von „Rusted Angel“ war unser bestes Festivaljahr. Da spielten wir auf dem Dynamo, dem Graspop oder dem Hulstred Festival. Eigentlich sollte es so weiter gehen, was es aber leider nicht tat.

Nehmen wir mal an, es kommt in nächster Zeit wirklich ein Tourpackage zusammen, würdest du dann eher Bands gleicher oder verschiedener musikalischer Ausrichtung bevorzugen?

Ich glaube, ein Paket mit stilistisch ähnlich gelagerten Bands wäre besser, denn dann hätten wir alle das gleiche Publikum. Wir sind 1999 zusammen mit Marduk und Cannibal Corpse getourt. Die meisten Leute waren eingefleischte Black Metal-Fans, die Darkane nichts abgewinnen konnten. Bands wie Testament oder The Haunted würden mir da als Tourpartner schon eher schmecken. Und natürlich Meshuggah. Wir spielen zwar nicht denselben Stil, aber das ist eine sehr coole Band, weswegen es ein Traum wäre mit ihnen touren zu können.

Viele Leute tun sich sehr schwer, den Musikstil, den Darkane spielen, zu kategorisieren. Wie würdest du selbst deine Musik beschreiben?

Oh ja, das stimmt, unser Stil ist schwer zu kategorisieren. Ich nenne es einfach „Modern Thrash with a futuristic sound“. Das sehen viele andere genauso, weswegen wohl „Modern Thrash“ die beste Bezeichnung dafür ist. Aber wenn ich es mir recht überlege, sagt das nicht wirklich viel aus. (lacht)

Doch, es sagt immerhin aus, dass ihr offen für neue Einflüsse in eurem Sound seid.

Da hast du recht. Wir hören sehr viele verschiedene Musik. Ich höre z.B. auch gerne Klassik oder Jazz. Bei Drummer Peter ist das genauso. Ich finde es sehr wichtig, auch andere Einflüsse zu haben und nicht nur stur dem Metal verhaftet zu sein. So wird der eigene Sound nämlich mehr einzigartig.

Von eurem Sound, sprich eurer Musik könnt ihr aber nicht alleine leben, oder?

Nein, ich arbeite hier in Helsingborg in einem Kulturcenter. Peter ist Mathe- und Schlagzeuglehrer am hiesigen Gymnasium. Jörgen (Löfberg – Anm. d. Verf.), der Bassist, ist Programmierer. Andreas hat mit Audiosystemen zu tun und Klas studiert noch, um in der Zukunft auch als Leher an Schulen unterrichten zu können.

Und schon wieder ein Stichwort geliefert: Zukunft! Was können wir von Darkane erwarten?

Zuerst einmal hoffe ich wirklich wirklich wirklich, dass wir jetzt endlich auf Tour gehen können. Das ist das wichtigste. Irgendwann kommt dann auch wieder ein neues Album an die Reihe, aber das ist jetzt noch weit weg.

Ich bedanke mich für das nette Gespräch, hoffe wohl fast so inständig wie du, euch bald mal auf Tour erleben zu dürfen und lasse dich jetzt mit den letzten Worten an eure Fans alleine.

Leute, checkt das neue Album an! Ich hoffe wir können euch bald vor der Bühne begrüßen. Darkane wollen euch endlich treffen. Passt auf euch auf!

12.10.2002

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