ROTOR von hinten wie von vorne sind ROTOR: eine klare Sache. Ebenso klar wie „Sechs“ deren sechstes Vollzeitalbum ist. Keine Kompromisse, keine Schnörkel, keine Theatralik, keine Klischees und kein Gesang. Die Liste der Dinge, die nicht auf die Berliner zutreffen, kann man natürlich geradewegs so weiterführen, aber da kommt man ja im inhaltlichen Rahmen einer durchschnittlichen Rezension nirgends hin, jedenfalls nicht zügigen Schrittes. Denn auch wenn sich theoretisch gesehen ein Bereich von außen abgrenzen lässt, so ist doch spannender und letzten Endes interessanter, was innen drin steckt. Im Falle ROTOR mutet des Pudels Kern von außen betrachtet gewohnt simpel an, aber der Eindruck trügt auch auf dem sechsten Album wieder einmal.
ROTOR atmen gekonnt locker durch die Hose
Denn auch wenn die Band nach wie vor eine unverkennbare, instrumentale Stoner-Ästhetik bedient, lässt sich „Sechs“ deswegen längst noch nicht einfach so in die Wüste schicken. Meine Herren, Sie sind wohl auf dem „Falschen Dampfer“ gelandet. Ein solcher eröffnet das Album zwar, doch schnell setzt die befreiende Erleichterung ein. Bei dem Sound der Instrumental-Rocker wird konsequent locker durch die Hose geatmet, die basslastig raunenden Gitarren hängen bequem in den Kniekehlen und die Arme reichen bis nach unten, um den Klampfen dennoch gekonnt stimmungsvolle, bisweilen gar verführerische Leads zu entlocken wie in „Ferner liefen“.
Und was wäre Stoner Rock ohne seine Grooves? Glücklichweise eine rhetorische Frage, denn auch die feuert der Vierer locker aus der Hüfte ab. Bass und Schlagzeug ergeben hier selbstredend eine pulsierende Einheit, die das Soundgefüge lässig aber bestimmt beisammen hält. Die Aggressivität hält sich dabei in Grenzen und zieht nur gelegentlich etwa bei „Abfahrt!“ an, bei dem die Gitarren gerne die Motoren kraftvoll aber nicht zu hektisch rattern lassen. Flächige Klangteppiche stellen indes wohl den Blick aus dem Fenster des tuckernden Fahrzeuges dar und nehmen ansatzweise gar die steinigeren Soundlandschaften neuerer TOUNDRA mit, ohne jedoch gleich auf den Post-Rock-Zug aufzuspringen.
„Sechs“ sells.
Die vergleichsweise eher raue Kante des Vorgängers ist ein Stück weit rund gefeilt worden und hat Platz gemacht für ein deutlich eleganteres Klangerlebnis, das mit seiner Geschmeidigkeit bisweilen nur ein kleines, suggestives Innuendo von prickelnder Rock-Erotik entfernt ist. Die lässig groovende Rhythmik lässt nahezu jeden Moment der Platte ohne Probleme in die Gehörgänge hinein gleiten und der klare, aufgeräumte Sound tut sein Übriges, um aus „Sechs“ ein geradezu sinnliches Rock-Album zu machen. Hier fragt man sich fast schon, ob ROTOR das dazugehörige Cover mit Absicht gewählt haben, damit der Klang gewordene Schlafzimmerblick nicht direkt auffällt.
Nein, zum sich Zudröhnen und dann zur Musik Wegdösen ist „Sechs“ definitiv nicht gedacht. Das kann man natürlich machen, wenn man zu der Sorte Stoner-Konsument gehört, aber dann verpasst man das abwechslungsreiche und wirkungsorientierte Songwriting, das sich mit masturbativem Genudel ebenso zurückhält wie mit dem klotzköpfigen Bleifuß. Denn: Wenn man in den vollen Genuss von „Sechs“ kommen möchte, muss man mit Geist UND Körper gleichermaßen dabei sein. Man sollte der Fantasie genug Freilauf einräumen können, um die instrumentalen Ergüsse der Band vor dem geistigen Auge auszumalen, während die Hüften dazu fast schon wie von selbst zum ROTOR kreisen. Es ist der alte Trick: „Sechs“ sells. Und nebenbei rockt er sogar noch amtlich und mit belebender Wirkung. Warum also darauf verzichten wollen? Eben.
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