Mantar
"Als wir uns gegründet hatten, hatten wir mit der Metalszene nichts zu tun, und auf einmal stelle ich fest, dass ich gerade mit metal.de rede!"
Interview
Seit ihrem Anbeginn vor gerade einmal fünf Jahren spielen MANTAR mit dem Feuer. Nach dem überraschenden Debüt „Death By Burning“ sowie dem Nachfolger „Ode To The Flame“ avancierte das Duo in kürzester Zeit zu einem der größten Hoffnungsträger des Extreme-Metal-Undergrounds. Nun kippen MANTAR kräftig Öl nach und entfachen mit dem dritten Album „The Modern Art Of Setting Ablaze“ einen wahren Feuersturm – und klingen dabei unverwechselbar nach… MANTAR! Wir sprachen mit Sänger/Gitarrist Hanno Klänhardt über das neue, wuchtige Werk.
MANTAR – zwei bärenstarke Typen
Soweit ich weiß, entstehen fast alle eure Songs durch ausgiebiges Jammen im Proberaum. Gilt das auch für die Songs eures neuen Albums? Habt ihr da was an der Herangehensweise geändert?
Nein, das ist nicht mehr so. Das hat sich natürlich im Laufe der Jahre aus zweierlei Gründen verändert. Wir wohnen ja jetzt sehr weit auseinander. Ich wohne seit ein paar Jahren in den USA, während Erinç (Sakarya, Schlagzeuger, Anmerk. d. Verf.) in Hamburg geblieben ist. Da mussten wir die Logistik natürlich umstellen. Der zweite Grund ist, dass es wahrscheinlich auch nicht mehr so laufen würde, wenn wir beide noch in Deutschland wohnen würden, weil wir beide natürlich unsagbar viel Zeit auf Tour verbringen, oder in irgendwelchen Aufnahmestudios, oder sonst wo. Dementsprechend ist es der richtige Weg, den wir insbesondere für unser drittes Album eingeschlagen haben, dass wir uns kreativ viel Abstand und Raum einräumen, damit jeder wieder frisch und kreativ sein kann. Wenn du dir vorstellst, dass wir vier Jahre fast ununterbrochen auf Tour waren, ist es natürlich schwierig, irgendwie Sonntagabend nach Hause zu kommen, um sich am nächsten Tag wieder im Proberaum zu treffen um richtig schön kreativ zu sein. Das geht natürlich nicht mehr bzw. ist schwierig. Ich würde aber behaupten, dass wir mittlerweile sehr davon profitieren, dass wir beide so weit auseinander wohnen. Es hat das Songwriting nicht nur verändert, sondern meiner Meinung nach auch verbessert.
Wie schreibt ihr jetzt neue Stücke?
In erster Linie schreibe ich die Musik. Ich sitze zu Hause in Florida oder ich bin auf Tour, in welchem Land auch immer, und sitze im Hotelzimmer. Das kann in Japan, USA, Russland oder Deutschland sein. Ich komme dann auf irgendwelche Ideen und nehme das Ganze, wenn ich Zeit habe, mit dem Handy auf. Irgendwann später höre ich mir das ganze Material dann nochmals an. Aus den Sachen, die gut sind, entwickle ich dann die Riffs und Songstrukturen zu Hause in den USA. Für “The Modern Art Of Setting Ablaze” hatten wir uns dann Anfang des Jahres getroffen und uns für sechs Wochen einen Proberaum in unserer alten Heimatstadt Bremen gemietet. Dort haben wir dann an dem Material, dass ich zuhause mit viel Ruhe und völlig ohne Zeitdruck, wo ich alleine und frei kreativ sein kann, geschrieben hatte, gearbeitet. Im Proberaum haben wir dann weiter daraus Songs gebastelt. Dafür hatten wir dann wie gesagt sechs Wochen Zeit. Anschließend sind wir dann nach Florida geflogen und haben das Album dort aufgenommen.
Habt ihr das Album wieder Live aufgenommen?
Na ja, wie das so ist. Man ist da ja sehr ambitioniert, wir spielen alles zusammen ein und verzichten dabei auf Klicktrack, weil wir wollen, dass die Songs eine gewisse Dynamik haben. Durch dieses Live-Spielen ergibt sich auch solch eine Angriffslust in den Stücken, daher spielen wir die Songs live ein. Dann stellen wir aber vielleicht hinterher fest, dass das Schlagzeug zum Beispiel ziemlich geil geworden ist, die Gitarren aber scheiße, haha, dann muss ich halt hinterher auf den Gitarren nochmals was neu drauflegen. Aber das Grundgerüst ist natürlich schon live. Gerade ich an der Gitarre muss aber danach noch viel ausbessern.
Wofür steht der Titel “The Modern Art Of Setting Ablaze”?
Das war so nicht geplant sondern ist eher durch Zufall passiert. Der Titel steht mit seiner Feuerthematik in der Tradition zu den beiden anderen Alben “Death By Burning” und “Ode To The Flame”. “The Modern Art Of Setting Ablaze” beschreibt ein wenig das Klima, in welchem wir heutzutage leben. Es geht in erster Linie um die Brände in den Köpfen und irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Leute keinen Bock mehr haben, aus den Fehlern zu lernen. Sie haben keine Lust oder Kompetenz mehr, aus Fehlern zu lernen und lassen sich schnell von falschen Tatsachen verführen. Das betrifft nicht nur Deutschland, auch ganz Europa oder auch die USA. Die Menschheit neigt dazu, blindlings irgendwelchen falschen Propheten, Führern und Despoten zu folgen und für sie ins Feuer zu gehen. “The Modern Art Of Setting Ablaze” bezieht sich auf die Brände in den Köpfen der Leute. Es geht um die Leute, die diese Brände annehmen als auch die Leute, die diese Brände setzen. Der Titel ist natürlich etwas zynisch, da ich glaube, dass der Mensch unbelehrbar ist und genauso heutzutage auf irgendwelche Bauernfänger reinfällt wie vor 5000 Jahren. Das ist jetzt nicht notwendigerweise ein politisches Statement, sondern bezieht sich eher auf die Spannungen, die den Verstand der Massen in Brand setzen.
Die Songs des neuen Albums “The Modern Art Of Setting Ablaze” klingen für mich fokussierter und kompakter, knackiger. Gleichzeitig klingt es etwas mehr Metal. Wie siehst du selbst das Album verglichen mit euren bisherigen Veröffentlichungen?
Damit hast du eigentlich recht. Ich finde, dass das Songwriting besser geworden ist und auch, dass die Songs an sich besser geworden sind und alles, was damit zu tun hat. Aber das ist auch allerhöchste Zeit! Ich glaube, dass unsere ersten zwei Platten ganz geil waren. Aber mit diesem dritten Album war es uns sehr wichtig, dass die Leute nicht mehr sagen, dass das eine geile Death-Metal-Platte oder ne geile Doom-, Sludge- oder Punk-Platte ist. Ich wollte, dass die Leute sagen, dass das eure bisher beste MANTAR-Platte ist. Das ist für mich sehr wichtig. Wir sind jetzt seit fünf Jahren eine Band, haben jetzt drei Alben veröffentlicht. Für mich ist es wichtig, dass wir mit dem dritten Album ganz klar zeigen, dass genau das unser eigener, unverwechselbarer Stil ist. Wir haben uns einfach auf die Sachen konzentriert, die richtig gut sind und haben uns den ganzen Rest geschenkt. Daraus resultiert, dass die Songs knackiger sind, dass das Songwriting besser ist und teilweise auch kompromissloser, härter und catchier, die Songs bleiben besser im Kopf.
Viele finden, dass “The Modern Art Of Setting Ablaze” mehr Metal ist, ich kann es selbst nicht so genau sagen. Das liegt sicherlich daran, dass wir uns selbst in den letzten Jahren viel im Metal-Kosmos bewegt haben. Als wir uns gegründet hatten, hatten wir mit der Metalszene nichts zu tun, und auf einmal stelle ich fest, dass ich gerade mit metal.de rede! Wir sind jetzt überall in den Metalmagazinen oder spielen auf großen Metalfestivals. MANTAR scheinen also in dem Metal-Kosmos großen Anklang zu finden, worauf ich tatsächlich auch sehr stolz bin. Das war nie so geplant und ich freue mich total darüber, weil wir dort ein unbeschriebenes Blatt waren. Ich empfinde die Fanbase und die Szene als unsagbar treu und dankbar. Ich glaube, da haben wir einfach ganz großes Glück gehabt. Wir fliegen durch die ganze Welt, spielen überall auf dem Globus Konzerte. Metal ist eine Sache, welche die Leute einfach vereint, da ist es egal, ob du in Russland, Japan, Südafrika, Deutschland oder den USA bist. Metal ist eine Macht! Es gibt immer Leute, die interessiert sind. Ich würde nicht sagen, dass es uns leicht gemacht wurde, aber die Leute sind uns gegenüber sehr wohlwollend. Gerade, wenn du dich ohne die Ambitionen, eine Metal-Band zu sein, gründest, und dann aus der Ecke solche Liebe bekommst, dann ist das natürlich auf jeden Fall etwas extrem Besonderes.
Ob wir jetzt mehr nach Metal klingen weiß ich nicht. Ich würde aber sagen, dass wir besser auf den Punkt kommen, da wir uns auf unsere Stärken konzentriert hatten. Das sind eingängige Riffs, die Stücke sind kompakter und unterscheiden sich mehr voneinander. Es ist einfach mehr MANTAR. Wie oft hört man, dass das ne geile Death-Metal-Platte ist, die wie ENTOMBED oder OBITUARY klingt, aber so was hat mich nie interessiert. Mir ist es wichtig, dass klar ist, dass es sich um ein neues Album von MANTAR handelt. Und das Ziel kannst du nur erreichen, wenn du dich nur auf deine Band voll konzentrierst und alles andere weglässt. Du musst einfach gute Songs schreiben, ohne jetzt arrogant sein zu wollen. Ich bin stolz darauf, dass wir in keiner Weise Härte eingebüßt haben. Die Songs sind eingängiger und dabei sogar noch kompromissloser.
Zwei sind nicht zu bremsen
Ihr habt innerhalb von fünf Jahren jetzt drei Alben, eine EP und ein Live-Album veröffentlicht, daneben spielt ihr viel live. Wie könnt ihr das Tempo halten?
Sehr gute und auch berechtigte Frage, die ich mir tatsächlich auch manchmal selber stelle. Als wir uns vor fünf Jahren am Anfang zusammengefunden hatten, hatten wir ein Ziel, das war ein klassisches Kassetten-Demo zu machen. Wir sind beide Kids aus den Neunzigern, du gründest eine Band und hast eigentlich keine Ambitionen, außer gut zu sein. Dann wollten wir ein Tape aufnehmen mit vielleicht 100 Stück und mal eine Show in Hamburg spielen. Gut, dann sind die Aufnahmen bei Svart Records gelandet, wo das dann direkt als Vinyl rauskam. Danach kam der Deal mit Nuclear Blast. 2013 war die Gründung, ein Jahr später waren wir bereits das erste Mal in den USA. 2015 hatten wir gleich zwei Touren in den USA gespielt und ganz Europa. So ging das dann immer weiter.
Ganz am Anfang ist es auch so, dass du das alles mitnehmen möchtest, weil du der Sache einfach misstraust. Du fragst dich, wieso die Leute auf einmal alle so verrückt geworden sind und auf MANTAR so steil gehen. Wenn sie dich also fragen, ob du in ihrem Land spielst, nimmst du die Einladung natürlich gerne an, wäre ja bescheuert, wenn nicht. Irgendwann realisierten wir dann, dass es nicht aufhört, sondern das Ganze konstant ist. Wir verkauften immer mehr Alben, es kamen immer mehr Leute zu den Shows. Auf einmal ist es dein Job, in einer Band zu spielen. Ich mache das jetzt fünf Jahre, ohne wirklich darauf geachtet zu haben, wie ernst die Sache mittlerweile geworden ist. Daher ist deine Frage jetzt zurecht, wo soll das eigentlich hingehen? Wie will man das eigentlich machen?
Für mich steht jetzt fest, dass wir uns mit den drei bisherigen Alben wirklich bewiesen haben, dass wir immer besser geworden sind und uns überall auf der Welt den Arsch abgespielt haben. Wir sind jetzt in der Position, dass wir uns aussuchen können, was uns Spaß macht. Da sagt man dann auch manche Sachen einfach ab. Jetzt sind wir grad in der Festivalsaison in der Promo fürs Album. Das letzte Mal hatte ich vor ungefähr 15 Monaten mal einen Tag frei, an dem ich nichts für MANTAR gemacht habe. Du kannst dir dann in etwa vorstellen, was da für eine Arbeit dahintersteckt. Ich kenne keinen, der so hart arbeitet wie wir, auch nicht in meinem Freundeskreis. Wir machen jetzt die Festivalsaison zu Ende, dann spielen wir unsere Europatour, und dann fangen wir mal ganz entspannt an für nächstes Jahr zu planen. Und wir sind in der Position, jetzt auch mal nein zu sagen. Zum Beispiel gab es Angebote für Touren in Australien und Südafrika, das habe ich mal für später irgendwann mal verschoben. Wir sollten auch mit TRIBULATION in den USA touren, aber ich habe grad einfach keinen Bock darauf. Das ist zwar alles total toll und super, aber irgendwo muss man auch auf sich selber aufpassen. Das wichtigste ist ja, dass uns die Band auch in Zukunft noch stark macht und man es nicht als notwendige Arbeit ansieht, um Geld zu verdienen. Es soll Spaß machen und da sind wir beide uns auch einig. Anstatt jetzt also nach Australien zu fliegen, hänge ich lieber in meinem Haus mal mit meinem Hund rum, um mal wieder Energie zu sammeln.
Wir haben so viele Touren gespielt, und da muss man aufpassen, dass egal ob man in kleinen Clubs vor 50 oder auf großen Festivals vor 50.000 Leuten spielt, dass alle Shows dieselbe Qualität haben. Man muss aufpassen, dass man sich nicht selbst übernimmt und die Shows irgendwann darunter leiden. Das merken die Leute. Wir haben eine starke Arbeitsmoral und wenn jetzt heute eine Anfrage für eine Tour in diesem Jahr kommt, die wir nicht machen können, fragen die ja nächstes Jahr wieder an, das ist ja nicht vom Tisch. Mir machen diese Shows verflucht viel Spaß, aber ich habe keine Lust mich kaputtzumachen. Diese 60 Minuten auf der Bühne liebe ich, aber das eigentliche Touren ist für mich so ziemlich das schlimmste. Ich hasse es, in Bussen zu reisen und ständig unter Menschen zu sein. Dieses ständige Touren ist also alles, was ich nicht mag. Man muss sich seine Interessen schon einteilen.
Habt ihr irgendwie immer einen Plan, was ihr als nächstes veröffentlichen wollt, oder kommt das eher aus dem Bauch heraus?
Wir entscheiden grundsätzlich alles aus dem Bauch heraus. Das ist auch eine Sache, die MANTAR ausmacht. Als wir unser erstes Album machten, sollte es eigentlich ein Kassettendemo werden. Als die Platte dann rauskam, hatten wir niemandem ein zweites Album versprochen. Bis zum Schluss war es dann unklar, wo das zweite Album veröffentlicht wird, und dann kommt es bei Nuclear Blast Records! Selbst nach dieser zweiten Platten hatten wir nicht einmal Nuclear Blast gesagt, ob es eine dritte geben wird. Das betrifft auch die Produktion, wir senden denen nicht mal Demos und die wissen auch nicht ganz genau, wann wir im Studio sind. Die wissen lediglich, dass MANTAR grad an einem neuen Album basteln, aber wir halten uns selbst im engsten Kreis sehr bedeckt, damit weder Erwartungshaltungen kommen, noch dass uns irgendjemand in unser Ding reinredet. Wenn uns also gerade die Muse küsst und wir wollen gerade neues Material aufnehmen, dann tun wir das ganz allein in der stillen Kammer. Wenn es also weitere Musik von MANTAR geben wird, was ich nicht verspreche, dann wird das wieder ganz still im Hintergrund ablaufen und die Leute werden dann informiert, wenn es soweit ist. Wir haben also keinen Masterplan und hatten nie einen.
Zwei wie Pech und Schwefel
War euch von Anfang an klar, dass MANTAR nur als Duo funktionieren würden? Hattet ihr zwischendurch mal überlegt, noch jemanden dazu zu holen?
Ganz am Anfang war das tatsächlich nicht so dogmatisch, wie es heute ist. Wir hatten da schon im Bekanntenkreis rumgefragt, ob jemand Bock hat, bei uns mitzumachen und z. B. Bass zu spielen. Aber da hatte tatsächlich keiner Lust mitmachen, weil sie das wieder für so eine fixe Idee von mir hielten. Die beißen sich jetzt natürlich ganz schön in den Arsch, haha! Aber wir haben ziemlich schnell gelernt, dass es zu zweit am geilsten ist. Zwischen Erinç und mir herrscht eine ganz bestimmte Energie, und selbst wenn wir jetzt acht Bassisten, fünf Schlagzeuger und drei Keyboarder finden, wäre die Musik eben nicht MANTAR. Es kommt ja nicht auf die Anzahl der Musiker an, sondern um die Energie und den Vibe zwischen den einzelnen Musikern und die ist zwischen uns einmalig. Da andere Mitglieder diese Energie nur verwässern würden, haben wir dann sehr schnell nie wieder darüber nachgedacht, das wieder zu ändern.
Welchen Bezug habt ihr noch zu eurer alten Heimat Bremen. Seid ihr SV-Werder-Bremen-Fans?
Um die zweite Frage zuerst zu beantworten: selbstverständlich sind wir SV-Werder-Bremen-Fans! Ich wuchs schräg gegenüber vom Stadion auf. Als ich noch in Hamburg wohnte, war ich eigentlich die letzten Jahre bei jedem Heimspiel in Bremen. Ich habe auch eine Dauerkarte für St. Pauli, der Verein interessiert mich allerdings einen Scheißdreck. Dementsprechend suche ich auch immer einen Dummen, der mit mir seine SV-Werder-Bremen-Dauerkarte tauschen würde, aber so einen Dummen findet man leider nicht.
Daneben bedeutet mir Bremen an sich alles. Es ist nicht mehr mein Zuhause, aber es wird für immer meine Heimat bleiben. Hier komme ich her und Bremen hat uns zu dem gemacht, wer wir sind. Bremen hatte in den Neunzigern eine unglaublich geile Musikszene, es gab unsagbar viel Bands und Auftritte. Erinç und ich hatten uns 1997 im Freizeitheim gegenüber meinem Elternhaus kennengelernt. Da hatten alle Bands gespielt! Damals hatte ich mit meiner Punkband dort gespielt, Erinç stand im Publikum und hat uns angeschaut, danach hatten wir uns angefreundet. Musik machen wir aber erst seit ein paar Jahren zusammen. Bremen war auf jeden Fall eine sehr prägende Stadt für uns. Ich bin auch jetzt gerade wieder in Bremen, aufgrund der ganzen Sommerfestivals ist das rein logistisch natürlich viel besser, da die im Grunde alle in Europa sind. Wir hatten zwar in den USA mit der Festivalsaison angefangen, aber das meiste ist doch in Europa.
Welchen Stellenwert haben Freundschaft und Loyalität für euch persönlich als auch für euch als Band MANTAR?
Einen großen natürlich, denn ohne unsere Freundschaft hätten wir uns nicht gekannt und gäbe es MANTAR auch nicht. Viele tun sich ja zusammen, weil jemand einen Bassisten kennt oder aus irgendwelchen strategischen Gründen. Wir kennen uns, seit wir 15 sind, ich hatte Erinç immer bewundert, da er mein Traum-Schlagzeuger war. Ich wollte mal unbedingt mit ihm zusammen eine Band machen, und Erinç hat ja auch voll lange gar nicht mehr in Bands gespielt. In all den Jahren waren wir also nur befreundet. Ich denke, es spricht eine ganz klare Sprache, dass wir nahezu 15 Jahre Freunde waren, ehe wir zusammen MANTAR gründeten. Ich muss aber fairerweise auch sagen, dass es nicht ausbleibt, dass sich natürlich die Freundschaft durch eine gemeinsame Band verändert. Ich kann jetzt nicht sagen, was besser oder schlechter ist. Aber wenn du so viel Zeit miteinander verbringst, ich sehe Erinç teilweise öfter als meine Ehefrau und er seine Freundin. Weil wir ständig zusammen auf Tour sind, im Proberaum, im Studio. Dann ist es natürlich auch klar, wenn du nach einer sechswöchigen Tour nach Hause kommst, dass du dann meistens nicht am nächsten Tag als erstes deinen Freund und Bandkollegen anrufst und fragst, ob wir uns in der Kneipe treffen. Da brauchst du erst mal deine Ruhe oder willst mal deine anderen Kumpels sehen. Aber die Momente sind schon sehr schön! Wenn wir zum Beispiel gemeinsam reisen und wir sind alleine, ohne irgendwelche Presse, und man sitzt einfach zusammen auf der Straße wie ein Penner und säuft Bier. Genauso wie wir es unser Leben lang in Bremen gemacht haben. Oder man sitzt nach einem Gig abends noch in der Hotelbar und diskutiert über verschiedene Dinge. Das machen wir natürlich viel, wenn wir unterwegs sind und das sind auch neben den eigentlichen Konzerten auch die coolsten Momente. Wo die Band überhaupt keine Rolle spielt, das ist das schönste!
Barmherziger Samariter
Gab es mal durch die große Aufmerksamkeit auf eure Band eine bizarre Situation, in die ihr geraten seid? Oder auf euren Touren, die euch von Europa über die USA, Russland, Japan und Südafrika geführt haben?
Uns passieren ständig verrückte Sachen. Aber eine Geschichte erzähle ich immer wieder gerne und sie steht auch stellvertretend für diese Band und wie diese Band funktioniert, unseren Anspruch und unsere Arbeitsmoral. Viele denken ja, wir bekommen lauter Zucker in den Arsch geblasen und wir haben den Erfolg geschenkt bekommen. Aber ich kenne nur wenige Leute, die dafür so hart gearbeitet haben wie wir. Auf unserer ersten USA-Tour saßen Erinç und ich irgendwo in Texas an der Straße und hatten uns, was wir damals eigentlich jeden Tag gemacht hatten, mit unserem letzten Geld ’ne Packung Toastbrot und ’ne Tüte Chips gekauft. Das war unser Touressen für Wochen, einfach ein Weißbrot mit Chips drauf! Wir saßen also in irgendeiner Kleinstadt auf der Straße und aßen diesen Fraß, dann kam eine Frau angefahren, welche in dem Haus wohnte, vor dem wir auf der Straße saßen. Sie bat uns rein, bot uns saubere Klamotten und ihr Badezimmer an. Dann hat sie auch noch für uns gekocht! Es stellte sich heraus, dass sie dachte, dass wir Obdachlose sind. Das war eine total nette Frau! Wir erzählten ihr dann, dass wir eine Band sind, die auf Tour ist. Und dass das unser tägliches Ritual war, dass das völlig normal für uns war. Sie war richtig schockiert. Wir durften dann da sogar übernachten und das war eigentlich nur megaschön!
Die ganze Tour war sehr abenteuerlich und es war überhaupt sehr anstrengend, in den USA auf Tour zu gehen und in anderen Ländern Fuß zu fassen. Das zeigt aber auch den unbrechbaren Willen der Band. Ich bin bereit, bei irgendwelchen Leuten vor dem Haus auf der Straße wie ein Penner zu sitzen, und ich zieh das durch. Solche Geschichten haben wir viele!
Was macht ihr live anders als „normale“ Bands, um möglichst wuchtig zu klingen?
Ich spiele meine Gitarre auch über Bassverstärker, das ist jetzt keine Raketenwissenschaft. Ich spiele möglichst viele Verstärker gleichzeitig, drehe die schweinelaut auf, da kann man mit relativ wenigen technischen Mitteln schon was umsetzen. Unterschätze nie die pure Power von Lautstärke! Und immer auf die Kacke hauen, das ist auch wichtig! Du kannst natürlich an deinem Schlagzeug tausend Mikrofone haben, das bringt dir aber gar nichts, wenn du nicht voll reinhaust. Erinç ist für mich der härteste Schlagzeuger, den ich kenne. Ganz ehrlich! Der Typ ist halt ein Tier! Er spielt die größten Toms, der spielt Becken als Trashbecken, die andere Leute Ride-Becken verwenden. Der ballert einfach total krankhaft rein, und das kannst du nicht faken, das klingt geil, egal wie viele Mikrofone du hast. Wir sind jetzt natürlich keine richtig tollen Musiker, wir verzocken uns live auch recht häufig, was auch vollkommen ok ist. Mir ist es viel wichtiger, krass zu klingen als perfekt zu sein.
Gibt es irgendwelche musikalischen Projekte neben MANTAR, die du gern noch mal realisieren würdest?
Bestimmt ja, aber momentan habe ich nicht mal groß Zeit, überhaupt darüber nachzudenken, da die Band einfach so vereinnahmend ist. Aber bestimmt wird es irgendwann mal irgendwas geben, wo Erinç oder ich mal in irgendeiner Form dran beteiligt sind. Ich mache Musik, seit ich 12 bin, das hört ja jetzt mit MANTAR nicht auf. Ich habe aber jetzt keinen Plan, was passieren wird.
Gibt es was, dass du unbedingt mal gefragt werden wolltest bei einem Interview?
Das ist jetzt echt ne krasse Frage! Ich fände die Frage berechtigt, warum zum Beispiel Musiker denken, dass die Welt das braucht, was sie machen. Du rufst mich hier mit einer totalen Selbstverständlichkeit an und stellst mir Fragen, und ich gebe dir mit einer totalen Selbstverständlichkeit Antworten darauf. Aber ich hatte noch nie eine Sekunde daran verschwendet zu überlegen, ob das überhaupt jemand braucht oder die Welt auf mich gewartet hat.
Und um dann diese Frage gleich zu beantworten: Ich glaube, wenn du auch nur den geringsten Erfolg mit deiner Musik haben möchtest, darfst du überhaupt keine Sekunde daran denken, wie das aufgenommen wird. In dem Moment würdest du nämlich anfangen, deine Musik so zu stricken, wie du denkst, dass sie die Leute annehmen würden. Aber das wäre völlig falsch. Ich kenne die tollsten Musiker, die spielen seit 25 Jahren Gitarre und sind die tollsten Virtuosen. Die haben noch nie irgendwas begriffen, dass sie ein Leben lang versucht haben, den Leuten zu gefallen. Die hatten ihre Musik immer am jeweiligen Massengeschmack bzw. an angesagten Bands angepasst. Ich sehe das ja auch mit MANTAR – Kids da draußen, wenn ihr das lest, wir freuen uns darüber und nehmen das auch überhaupt nicht übel, aber wenn ihr versucht, euch das gleiche Equipment zu kaufen wie wir und ’ne Zwei-Mann-Band macht, ist das natürlich cool. Aber es ist scheißegal, ob ihr zu zweit oder zu achtzig seid, wenn es nicht aus dem Bauch herauskommt, dann ist es das einfach nicht. Das ist auch irgendwo das Erfolgsgeheimnis von MANTAR, dass wir zu keiner Sekunde versucht hatten, uns einem Sound anzubiedern, der jetzt irgendwie den Leuten gefallen könnte. Wir sind sehr ignorant gewesen und würden genau diesen Sound auch spielen, wenn wir nur zwei Platten verkaufen würden. Ich denke, dass ist der Schlüssel! Für den Erfolg sind wir auch sehr dankbar! Wir hatten uns den Leuten weder aufgedrängt, noch haben wir sie gebeten uns geil zu hören. Das kam alles sehr natürlich, weil wir einfach unser Ding gemacht haben. Das bekamen dann auch die Labels mit. Nichts ist langweiliger für ein Label als eine Band, die viel zu hart versucht, erfolgreich zu sein. Wenn deine Vision nicht deine eigene ist und nicht aus dem Bauch heraus kommt, dann kannst du es gleich vergessen.
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Band | |
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Stile | Black Metal, Black'n'Roll, Doom Metal, Hardcore, Punk Rock, Sludge |
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Ein wenig lächerlich, wie wenn nicht hunderte Bands zuvor sich auch schon den Arsch aufgerissen hätten, damit sie bekannt werden. Bier und Chips, Mimimi. Es haben auch andere dafür geblutet, nicht nur die verwöhnten Mantar… Unsympathisch!
Klingt eher so als magst du Mantar grundsätzlich nicht und hast hier nur nach nem Grund zum motzen gesucht. Dass eine Band von sich selbst sagt sie hätten sich den „Arsch abgespielt“ ist ja nun wahrlich nichts Neues und wo du jetzt hier das Unsympathische findest ist mir ein Rätsel. Ja, die Jungs haben offensichtlich ein gesundes Selbstbewusstsein, aber die werten doch nirgendwo die Leistungen anderer Musiker ab. Die haben halt im Vergleich zu manch anderer fleissiger Band Glück gehabt und irgendeinen Nerv getroffen.
Also ich habe sie mir bisher nicht einmal angehört, weil ich kein Freund von Nuclear Blast bin. Die „hypen“ (das Thema hatten wir ja schon woanders) aufgrund ihrer Marktmacht im Metalbereich alles, was nach Geld riecht. Und versauen Bands, mit ihrem Marketing, die vormals gut waren. Aber da man ja überall von Mantar hört, dachte ich mir ich lese mir zuerst mal ein Interview durch. Das hat mir nun eben nicht gefallen und darum werde ich sie mir nicht zu Gemüte führen. Ist ja nur meine persönliche Meinung, kann jeder haben wie er will. Auf Metalmainstream stehe ich sowieso nicht so.
„Mantar“ und „Metalmainstream“ in einem Kontext ohne sie vorher gehört zu haben.
Da fällt dir nix mehr ein!
Mir allerdings auch nicht, dieses Nuclear Blast Gebashe nimmt ja schon groteske Züge an. Jetzt wird eine Band schon ungehört (!) verurteilt, weil sie auf diesem Label ist. So kann man sich natürlich auch Scheuklappen aufsetzen und sich selbst eine Menge großartiger Bands vorenthalten.
So, habe mir die neue Scheibe mal angehört, da das ja sonst nicht geht. 😉 Nichts besonderes, für meinen Geschmack langweilig. Und über Geschmäcker lässt sich nicht streiten. Dem einen gefällts, dem anderen nicht.
Finde es äußerst amüsant, wie sich hier echauffiert wird, weil ich NB grundsätzlich scheiße finde. Ich kenne diese bude schon seit den Anfangstagen. Das ist eine Geldmaschine, mehr nicht. Und die Bands die dort gut sind, kann man an einer Hand abzählen. Und ja, meine Meinung ist, dass das Mainstream ist. Stört euch, Pech. Blast ist wie Century und Napalm eine Einfallstor für Popper. Ihr seid halt junge aufgeschlossene Leute, ich mag eher die alten undergroundigen und kantigen Zeiten. Wo es nicht nur um Geld und Weieierrei ging.
Du bist ja nicht der erste, bis vor kurzem hatten wir hier jemanden, der unter jedes nb release ewig lange tiraden gehauen hat. Deine einstellung sei dir gegönnt, ich teile sie kein stück aber das brauch weder dich noch mich zu jucken. Wenn man aber eine band verurteilt ohne sie gehört zu haben hat das nichts mit tradition, old school oder was auch immer zu tun, das ist schlichtweg stur. Nicht old school stur, 90jähriger seniler greis stur. Daher löblich, dass du sie dir trotzdem angehört hast. Wenn man eine band scheiße findet sollte man zumindest wissen warum.
Mit den „jungen Leuten“ hat er mir als Jahrgang ’73 jetzt aber mainstreammäßig Honig um’s Maul geschmiert. 😀
NB?! das ewige, leidige Thema! Also wenn ich das richtig verstehe, krallte sich damals Markus, Righteous Pigs und Defecation (immer noch grossartige Scheiben) um bitterböse reich zu werden? Als Band will man doch seine Musik unters Volk bringen und da sind eben NB prima. Ebenso einen besseren Vertrag und wenn ich höre „boar nach 20 Jahren im Musikgeschäft endlich einen Vertrag wo man auch was verdient, eine ordentliche Tour zusammen bekommt….“ und wenn nun der Staiger einen Porsche fährt juckt mich das wenig, sonst müsste man Earache und Co ebenfalls verurteilen oder Rise Above, die haben ja eine „typsche“ NB Band unter Vertrag 😉
wie sagte Lemmy so schön „bringst du ein Album raus, biste schon Mainstream“
Ungeachtet dessen, was man jetzt von Nuclear Blast halten mag oder eben auch nicht: das Interview ist klasse! Mantar machen Spaß, auch wenn ich mit der neuen Scheibe noch so gar nicht warm werde!
Unsympathie hin oder her, Hanno ist ein Bursche aus dem Norden und redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist!