Unzucht - Akephalos

Review

Galerie mit 18 Bildern: Unzucht - Devils - 20th Anniversary Tour 2024 Saarbrücken

Auf der Suche nach Niveau

Ach, wenn es doch nur eine Band im Genre des Gothic Rock und der Neuen Deutschen Härte gäbe, die nicht die immer gleichen Phrasen zu den immer gleichen Riffs singt, eine Band, die Niveau höher wertet als stumpfe, ungeschickte Provokation – kurzum eine Band mit Anspruch. Doch halt, die gibt es! UNZUCHT ist eine der wenigen Bands des Genres, die oben genannte Punkte tatsächlich erfüllen. Ob sie das mit ihrem jüngsten Werk “Akephalos“ auch schaffen?

Der Akephalos ist zunächst einmal ein kopfloser Dämon, welcher sich in den unterschiedlichsten Kulturen seinen Platz findet. Mal als hingerichteter Verbrecher, mal als gewaltsam ums Leben Gekommener bringt ein solcher Dämon doch in jedem Falle Unheil. Diese düstere Vorgeschichte fasst demnach das zusammen, was UNZUCHT auf einem tiefgründigen Album darstellen wollen. Von einem Konzeptalbum kann jedoch nicht gesprochen werden, denn bereits der Opener “Projektil“ zeigt, dass UNZUCHT auch die harten Saiten aufziehen können. Kräftige Gesänge übertönen die ungezähmte Gitarrenarbeit und erzählen bildstark vom Erkenntnisgewinn – welche Erkenntnis, bleibt jedoch offen und lässt wie so oft auf “Akephalos“ Spielraum für Interpretation, ein politischer Hintergrund liegt jedoch nah. Der Song bleibt jedoch nicht allein hart, sondern leitet mit Klavierparts geschickt in ein hymnisches Finale. UNZUCHT wissen, wie sie ein Album einzuleiten haben!

UNZUCHT schreiben Abwechslung groß!

Auch der folgende Song “Nela“ überzeugt, der als ausgekoppelte Single schon länger Zeit zu wirken hatte, sodass er bei mir in “Heavy Rotation“ gespielt wurde. “Nela“ vereint gekonnt die Stärken der Band, sprich schnelle und harte Gitarren treffen auf rhythmische Elektronik und eine einprägsame Melodie. Besonders der leicht melancholisch wirkende Refrain will so schnell nicht mehr aus dem Gehörgang weichen.

Das nächste Lied scheint das passende Gegenstück zum Vorgänger zu sein. Während “Nela“ vom Ende und Aufgeben berichtet, zeigt “Der Tod in mir“ trotz des negativ anmutenden Titels, wie man sich aus scheinbar aussichtslosen Situationen manövrieren kann. Die positive Botschaft wird vom klassischen UNZUCHT-Sound eingerahmt, ohne dabei groß zu überraschen. Anders verhält es sich bei “Die verbotene Frucht“, das durch die verzerrten elektronischen Klangelemente und das langsame Tempo ein bedrohliches Flair erzeugt. Der Text, der erneut durch seinen sozialkritischen Unterton zu reichlich Diskussion und Interpretation einladen dürfte, erledigt sein Übriges. Bis hierhin ein starkes Album!

Abwechslungsreich geht es weiter. Der Titeltrack ist eine schnelle und kompromisslose Nummer, während “Du fehlst“ als klassische Ballade zu bezeichnen ist. Die traurige Atmosphäre des Liedes wird durch den packenden Gesang unterstützt. Daniel Schulz ist einer der Sänger, denen man ohne Probleme abnimmt, dass sie durch die emotionale Talfahrt gehen, die sie besingen.

Melodie vs. Härte feat. SALTATIO MORTIS

Auch das restliche Album kann sich sehen lassen. “Fleisch und Ruinen“ zeigt erneut das starke Wechselspiel aus Melodie und Härte, für das UNZUCHT geschätzt werden. “Der schmale Grat“ und “Nur die halbe Wahrheit“ zünden durch ihre mehrdeutigen Texte und das abschließende Cover von “Ein Wort fliegt wie ein Stein“, einer der stärksten Nummern vom Album “Neuntöter“, erhält durch SALTATIO MORTIS einen frischen Anstrich.

Ein Wort des Dankes…

UNZUCHT schaffen es, emotional packende Melodien zu komponieren, ohne sie kitschig klingen zu lassen. Durch die dazu passenden Texte heben sie sich von anderen Vertretern des Genres ab, auch wenn nicht jeder Song sofort zündet (“Das sichere Ufer“ braucht beispielsweise ein wenig, um sich zu entfalten). “Akephalos“ bleibt der druckvollen unzüchtigen Linie treu, auch wenn reichlich Abwechslung im Klangbild geboten wird. Man möchte sich an dieser Stelle sogar schon fast bei der Band bedanken, dass sie nicht auf NDH-Sex-und-Provokation-Zug aufgesprungen sind, sondern ihren eigenen Stil prägen.

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25.07.2018

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