Pallbearer
Europe Tour 2018
Konzertbericht
Einen passenderen Auftakt für ihre einmonatige Ping-Pong-Tour zwischen Europa und Nordamerika (hin-zurück-hin-zurück) als Hamburg können sich PALLBEARER kaum aussuchen. Am 13.07.2018 geben die Doomster aus Little Rock nämlich das Kontrastprogramm zum alljährlich in der Hansestadt stattfindenden Schlagermove und das gar nicht mal weit vom Tross der aufziehenden Schlagerfans entfernt, im Molotow an der Reeperbahn Ecke Holstenstraße. Obwohl: irgendwie wäre es doch wünschenswerter, PALLBEARER hätten den Aufstieg vom Fischmarkt an die Reeperbahn nicht geschafft und kehrten wie im letzten Jahr im Hafenklang ein. Denn: für die quietschbunte (read: unsäglich nervige) Narretei aus Perücken, Goldfischglas-Plateauschuhen und Plastik-Anzügen putzt sich auch das Molotow an diesem Band mit der Party-Reihe “Fick Dich ins Knie, Melancholie” heraus und lädt ein, zu “den besten Gute-Laune-Hits” abzufeiern. Heisst für melancholischen Doom heute Abend also: Frühshow und Zapfenstreich gefühlt kurz nach der Tagesschau.
RHYNOSAUR wie in einer Jam-Session
Entsprechend zeitig geht es demnach auch für den lokalen Support RHYNOSAUR los, deren 30-minütiger leicht hektischer Auftritt den Anschein erweckt, dass zwischen Zusage und dem ersten Saitenanschlag gerade genug Zeit war, um auf die Mini-Bühne zu stolpern. Das in der Hansestadt beheimatete Trio präsentiert seine recht wilde Mischung aus Funkrock, Bluesgeschrammel, Stoner und Surfpunk mit viel Wah, Tubesound und Flanger, als wäre die Traube an Gästen mitten in einer spontanen Jam Session im Proberaum gelandet. Was nicht heisst, dass RHYNOSAUR wirken, als stünden sie heute das erste Mal auf der Bühne. Durchaus routiniert zocken die Hamburger ihr Set herunter und auch der ein oder andere flotte Spruch geht locker über Lippen. Mehr als Szenenapplaus ist aber bei aller Sympathie heute nicht drin.
PALLBEARER melancholisch, laut – und zu kurz
Die wirklichen Begeisterungsstürme werden bis um kurz nach 21 Uhr zurückgehalten, als PALLBEARER mit einem Mann mehr als ihr Support die Bühne noch ein wenig gedrungener aussehen lassen. Welch Kleinod Nuclear Blast sich da ins Haus geholt haben, lässt sich nicht bloß am mittlerweile rappelvollen Molotow sondern auch dem Zuspruch ablesen, der dem Vierer schon beim bloßen Anspielen einen Songintros entgegengebracht wird. Abgesehen vom exzellenten Songmaterial spielen PALLBEARER auch heute das seltene Talent voll aus, live genauso wie auf Platte zu klingen. Nicht nur die perlenden Sechssaiter und der Bass, den Joseph D. Rowland weniger wie ein Rhythmus- denn ein Lead-Instrument bedient, sondern auch und insbesondere die gedoppelten Vocals von Rowland und Brett Campbell sowie des letzteren charakteristische, nölige Stimme transportieren die typische PALLBEARER-Melancholie durch das das Molotow. PALLBEARER müssen sich an diesem Abend eigentlich nur vorwerfen lassen, nichts gegen den Sound zu tun, der übersteuert und viel zu laut durch die Molotowsche Höhle brutzelt. “Ashes” zum Beispiel wäre eine willkommene Verschnaufpause (ein Wunder, dass dieser Song noch nicht regelmäßig Eingang in die Setlist gefunden hat). Gegen das Motto des späteren Abends können die Jungs aber einfach nichts tun; “Fick Dich ins Knie, Melancholie” wirft seine Schatten voraud und zwingt PALLBEARER nach gerade einmal 70 Minuten von der Bühne und lässt selbst massive Forderungen nach einer Zugabe ungehört verhallen.
Setlist PALLBEARER:
- Watcher in the Dark
- Devoid of Redemption
- Thorns
- Dancing in Madness
- Dropout
- Worlds Apart
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