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Impericon Festival 2018 - Leipzig bebt
Konzertbericht
Doors 9:30 Uhr, der Opener BLACK TOOTH SCARES um 10:20 Uhr. Zahlen, die schon vorab darauf hindeuten, dass das diesjährige Impericon Festival in Leipzig lang und anstrengend wird. Leider verwehrt uns der Verkehr ein pünktliches Eintreffen in Leipzig, sodass die ersten Bands das Publikum noch ohne unsere Anwesenheit auf den Tag einstimmen. Besonders schade ist es um POLARIS, die mit ihrem letzten Album „The Mortal Coil“ Überzeugungsarbeit leisteten. Immerhin, gegen 12 Uhr ist das bereits gut gefüllte Messegelände erreicht und während draußen die Temperaturen klettern, ist es drinnen noch angenehm dunkel …
BOSTON MANOR
… BOSTON MANOR stehen gerade auf der Bühne und zeigen sich als kleine Exoten des heutigen Billings. Statt krachender Breakdowns fühlt sich die Band eher im verspielten Post Hardcore mit Pop- und Alternative Rock-Einflüssen zu Hause. Ein sehr melodisch-eingängiges Unterfangen, das die frühen Stunden zwar gediegen startet, aber eher für verhaltene Bewegungen im Publikum sorgt. Das liegt weniger an den Jungs selbst, die sind stets darum bemüht, die Menge anzutreiben, sondern wohl eher an der frühen Uhrzeit und dem Blick auf die Running Order, die noch den einen oder anderen heißen Tanz verspricht … Applaus gibt es trotzdem, härtere Klänge scheinen aber erwünscht.
NOVELISTS
Gut, dass es bei NOVELISTS gleich etwas heftiger zur Sache geht. Zwar sind die Franzosen in ihrer djentigen Gangart eher was für die Feinschmecker unter den Hardcorern, aber Pluspunkte sammelt die Band ob der komplexen, doch stets durchdachten Songs auch heute in Leipzig. Durchzogen von einem düsteren Melodie-Setting hinterlässt das Quintett einen starken Eindruck – kleiner Knackpunkt: Während die Shouts ordentlich Druck haben, wirkt Fronter Matt Gelsomino etwas angeschlagen. Das ist schade, weil das sonstige Set der Pariser zum ersten kleinen Highlight des Tages mutiert.
RINGS OF SATURN
Soundprobleme sind eine Seltenheit auf dem diesjährigen Impericon Festival. RINGS OF SATURN erwischen sie dafür mit voller Wucht. Zu Beginn fehlt eine Gitarre komplett, sodass zwar die technischen Fähigkeiten der Musiker, das Hochgewschwindigkeits-Gefrickel und das komplexe Songwriting zu erahnen sind, es aber doch eher anstrengend als unterhaltsam ist. RINGS OF SATURN nehmen es stoisch hin und immerhin bessert sich die Lage während ihres Sets noch erheblich, sodass die US-Tech-Deather, die letztes Jahr in Form von „Ultu Ulla“ ein ziemliches Schwergewicht vorgelegt haben, noch zu ihrem verdienten Applaus kommen. Ein bisweilen mühsamer Gig, der zum Glück eine Ausnahme darstellt.
OBEY THE BRAVE
Das sieht bei OBEY THE BRAVE schon anders aus, auch wenn sie deutlich melodischer zu Werke gehen als ihre Vorgänger auf der Nachbarbühne. Das spielt aber nur eine untergeordnete Rolle, denn die fünf Kanadier entpuppen sich als eines der Must-Sees des heutigen Tages. Von Beginn an ist der Moshpit on fire, es wird gehüpft, gesprungen und getanzt – auch auf der Bühne. Mit aktuellem Material von ihrem 2017er-Werk „Mad Seasons“ oder Publikumslieblingen wie „Raise Your Voice“ sorgen sie zudem für ausgiebige Circle Pits und eine sehenswerte Wall Of Death. Da tropft der Schweiß in der zunehmend stickiger werdenden Messehalle 1 und eine zufriedene Band verabschiedet sich nach einem der Highlights dieses Tages.
KNOCKED LOSE
Diesen Faden nehmen KNOCKED LOSE natürlich gerne auf. Der Sound ist endlich fett und saftig, sodass der Stilmix aus Metalcore, Hardcore und Punk, den die Jungs aus Kentucky aufs Brett zaubern, seine volle Wucht entfalten kann. Das hysterische Geschrei von Fronter Bryan Garris in Kombination mit den von viel Stakkato durchsetzten Songs treibt das Energielevel auch kurz vor der Kaffeezeit in die Höhe. Vor der Monster Stage tobt der Pit, während in den hinteren Reihen wohlwollend mit dem Kopf genickt wird. KNOCKED LOSE können definitiv zufrieden von der Bühne abtreten und das Publikum läuft langsam richtig heiß.
WE CAME AS ROMANS
Jetzt wird es poppiger. WE CAME AS ROMANS genießen spätestens seit „Tracing Back Roots“ (2013) einen recht durchwachsenen Ruf in der Szene. Metalcore trifft auf süßliche Refrains, elektronische Samples und einen melodischen Pop-Appeal. Klar, für durchgehende Pit-Attacken nicht unbedingt der beste Soundtrack, aber zwischendurch geht auch das. Dass sie eine exzellente Liveband sind, beweisen sie heute in Leipzig einmal mehr und auch, dass neueres Material wie „Vultures With Clipped Wings“ oder „Cold Like War“ von der Bühne ordentlich kracht. Sympathisch ist obendrein, dass sich die Jungs durchaus bewusst sind, nicht bei jedem Gast den Nerv zu treffen. Und mit einer dankbaren Ansage, dass sie bewundern, dass hier jede Band gefeiert wird und das sehr beeindruckend sei, holen sie weitere Punkte auf ihre Seite. Nötig hätten sie das gar nicht, denn die Show sitzt, Sing-A-Long-Hymnen der Marke „Lost In The Moment“ werden fleißig mitgesungen und der Pit tobt wie bei den Bands zuvor. Schön, die Jungs mal wieder auf einer deutschen Bühne zu sehen!
ALAZKA
… sind gerade mit WE CAME AS ROMANS auf Tour und stilistisch passen die beiden Bands wirklich gut zusammen. Auch wenn ALAZKA deutlich mehr Post Hardcore-Vibes in ihre gefühlvollen Songs packen. Die zwei Sänger animieren immer wieder, leider ist Kassim Auale beim Klargesang heute nicht 100% bei Stimme, sodass ein paar der emotionalen Höhepunkte des Sets das Publikum nicht wie gewünscht zum Dahinschmelzen bringen. Trotz allem liefern die Recklinghausener, die früher unter BURNING DOWN ALAZKA agierten, einen leidenschaftlichen Auftritt, der für eine relativ ruhige Unterbrechung zur Brachialität der letzten Bands sorgt.
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