Wenn atmosphärisch-spirituelle Blues-Einflüsse auf brachialen Doom Metal treffen, muss unweigerlich ein Name fallen: WITCH MOUNTAIN. Knapp vier Jahre liegt das Release ihres letzten Albums „Mobile of Angels“ nun schon zurück. Genug Zeit also, um den Abgang von Sängerin Uta Plotkin zu kompensieren. Dass das Quartett aus Portland mit Kayla Dixon direkt einen mehr als würdigen Ersatz finden würde, war anfangs nicht abzusehen. Mit frischer Frauen-Power, dem neuen Bassisten Justin Brown im Gepäck und der nötigen Portion Ideenreichtum wollen die Gründungsmitglieder Rob Wrong und Nate Carson auf „Witch Mountain“ einmal mehr an alte Erfolge anknüpfen. Hier erfahrt ihr, ob WITCH MOUNTAIN den Gipfel unseres Rankings erklimmen können oder ob ihr die Platte auf den Scheiterhaufen werfen solltet.
WITCH MOUNTAIN – Lodernde Leidenschaft, düstere Aura
Nichts eröffnet ein Doom-Metal-Album authentischer als ein grober, stampfend-rhythmischer Beat begleitet von verzerrten, heulenden Gitarrenriffs. Doch der Opener „Midnight“ kann noch viel mehr als das. Er vermengt den rohen, schleppend-minimalistischen Doom-Sound mit Kayla Dixons sirenenhaftem Gesang und präsentiert dabei das enorme Repertoire, welches ihre Stimme zu bieten hat: mit ihrem warm-bluesigen Klargesang vernebelt sie dem Hörer die Sinne, nur um ihn im nächsten Moment mit ihren markerschütternden Growls aus seiner wohligen Komfortzone zu reißen. „Mechanical World“ kann zwar nicht ganz an die grandiose Eröffnung des Album anknüpfen, versprüht jedoch eine nachdenklich-düstere Atmosphäre. So repetitiv der Beginn des Songs auch sein mag, Kayla Dixons von finsterer Spiritualität durchsetzte Vocals und ein virtuoses Gitarrenzwischenspiel drücken dem Ganzen dann doch ihren eigenen Stempel auf.
Auf „Burn You Down“ offenbaren WITCH MOUNTAIN dann jedoch leider erste Ermüdungserscheinungen. Insgesamt ist der Song zu farblos, plätschert streckenweise so vor sich hin und präsentiert kaum Neues. Im Gesamtkontext von „Witch Mountain“ hebt er sich so gut wie gar nicht ab und wirkt im Vergleich zum restlichen Album beinahe unfertig. Mit nur zweieinhalb Minuten Spielzeit ist „Hellfire“ der mit Abstand kürzeste Song der Platte. Nichtsdestotrotz bietet die akustische Blues- bzw. Folk-Einlage mit Spiritual-Elementen genau die Abwechslung, die man sich zuvor noch herbeigesehnt hat. Was ZEAL & ARDOR aus Spirituals und Black Metal kreieren, machen WITCH MOUNTAIN mit Blues und Doom Metal.
Dass das Beste stets zum Schluss kommt, hat sich die Doom-Kapelle aus Oregon tatsächlich sehr zu Herzen genommen. „Nighthawk“ setzt einen denkwürdigen Schlusspunkt, der so manch einen Fan ins Staunen geraten lassen wird. Angefangen beim zwielichtig-groovigen Gitarren-Intro über den atmosphärisch-melodischen Mittelteil bis hin zum furios-psychedelischen Finale entwickelt sich der Song Minute um Minute zum absoluten Highlight der Platte. Kayla Dixon singt, keift, schreit und kreischt sich die Seele aus dem Leib als gäbe es kein Morgen.
„Witch Mountain“ – Gelungen, aber ausbaufähig
Klar ist: Wer WITCH MOUNTAIN mag, wird an dem neusten Album seine Freude haben. Kayla Dixon fügt sich problemlos in die Band ein und ist eine wahre Bereicherung für das Genre. Ihr ist es zu verdanken, dass „Witch Mountain“ mehr als nur ein gutes Album geworden ist. Der Großteil der Songs wird von ihrer außerordentlich-facettenreichen Stimme getragen, während ihre Bandkollegen die meiste Zeit mit nichts auftrumpfen können, was man in dieser Form nicht irgendwo schon einmal gehört hat. Da der Fokus jedoch ganz klar auf ihrer Frontfrau liegt, kann man WITCH MOUNTAIN in dieser Hinsicht auf jeden Fall verzeihen. Manchmal ist das bewährte Rezept wohl das beste, auch wenn das Quartett aus Portland in Zukunft noch experementierfreudiger sein darf.
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