Necrophobic
Niemand möchte im Schatten stehen!
Interview
NECROPHOBIC haben turbulente Zeiten hinter sich. Ihr letztes Album „Womb Of Lilithu“ lief eher mäßig, nicht zuletzt da sich der ehemalige Frontmann Tobias Sidegård daheim schlagkräftiger zeigte als im Studio. Der verdiente Rauswurf aus der Band war aber nicht der einzige Wechsel im Line-up: Sebstian Ramstedt und Johan Bergebäck sind im Doppelpack zurückgekehrt und haben aus NECROPHOBIC wieder eine echte Einheit geformt. Drummer und Bandboss Joakim Sterner zeigt sich im Interview jedenfalls völlig beseelt: „Es gibt nie eine ruhige Minute, aber jede Menge Zug nach vorne.“ Klar, dass wir erstmal den Zug stoppen und hinten anfangen müssen. Zum neuen Album „Mark Of The Necrogram“ hat Joakim aber auch noch einiges zu sagen.
Joakim, nach dem Rauswurf von Tobias Sidegård gab es ein paar personelle Veränderungen. Wart ihr an dem Punkt, wo ihr darüber nachgedacht habt, die Band aufzulösen?
Ich bin ja das einzige verbliebene Originalmitglied, und somit könnte nur ich mit solchen Gedanken spielen. Der von dir genannte Umstand hat mich aber nicht auf solche Gedanken gebracht. Im Gegenteil, ein solcher Vorfall sollte nicht mein Lebenswerk zerstören.
Wir hatten innerhalb der Band eine turbulente Zeit, weil ja gerade das neue Album rauskommen sollte – kurz nachdem die Nachricht in einem Forum verbreitet wurde, wo viel geredet und getratscht wird, und dann war Tobias mittendrin in diesem Getratsche. Und plötzlich waren alle Protokolle von den Verhören und dem Gerichtsverfahren publik, für alle frei zu lesen und teilzunehmen. Danach war die Sache bis im letzten Winkel der Erde bekannt. Das hatte damals einen ziemlich negativen Einfluss auf unsere neue Platte „Womb Of Lilithu“ gehabt – kaum eine Zeitung wollte uns interviewen, und die Scheibe verkaufte sich richtig schlecht.
Jedenfalls sollte die Band trotzdem weiterbestehen. Wir mussten nur versuchen, einen neuen Sänger zu finden, um weiter live spielen und in der Zukunft weitere Platten einspielen zu können. Schneller als erwartet gab es dann die Neuigkeit, dass unser alter Sänger Anders Strokirk gerade seine eigene Band begraben und auch keine Projekte am Laufen hatte. Wir haben also sofort von uns hören lassen und fragten ihn, ob er nicht zu uns zurückkehren wollte. Er hat sofort eingewilligt, ohne noch mal über die Sache schlafen zu müssen. Das war die bestmögliche Lösung für die Band, weil er ja auch eine eigene Vergangenheit in der Band hatte.
In der Zwischenzeit ist ja auch das alte Gitarristenduo Ramstedt/Bergebäck zurückgekommen.
Das fühlt sich wirklich schön an. Es ist so wichtig, die richtigen Personen um dich herum in der Band zu haben, die ganz ähnlich ticken wie du selbst. Leute, die deine Vision teilen, wie alles aussehen soll, wie alles klingen soll und wie wir uns auf der Bühne geben wollen. Für mich persönlich kann ich mir kein besseres Line-up vorstellen als das, was wir jetzt gerade haben. Das haben uns übrigens auch die Fans erzählt, was für uns selbstverständlich eine schöne Bestätigung ist.
Was war der Grund für ihre Rückkehr?
Der Grund für ihre Rückkehr war, dass wir nur einen Gitarristen in der Band hatten, Fredrik Folkare (u.a. UNLEASHED, FIRESPAWN). Er ist ein verdammt guter Musiker, Gitarrist und Songschreiber. Wenn es aber darum geht, die Musik von NECROPHOBIC live zu spielen, fehlt einfach ein zweiter Gitarrist. Dieser Eindruck verstärkte sich immer mehr, und ich fragte mich, wie man dieses Dilemma lösen könnte. Gleichzeitig ließen sowohl Sebastian als auch Johan wieder von sich hören. Zuerst ging es in erster Linie um Nostalgie und darum, wie cool es doch früher zusammen war. Aber ganz langsam reifte in mir der Gedanke, ob die beiden zusammen nicht die Lösung für die Zukunft der Band wären. Ich habe sie also gefragt, ob sie daran interessiert wären, in die Band zurückzukehren.
Sie selbst hatten in der letzten Zeit in einer mehr Rock’n’Roll-betonten Band gespielt (BLACK TRIP/VOJD; Anm. d. A.), die allerdings in letzter Zeit sich in eine Richtung entwickelte, mit der sich weder Sebastian noch Johan wohlfühlen. Sie wollten stattdessen wieder in die Richtung gehen, für die eben auch NECROPHOBIC steht, und in dieser Richtung alles geben. Das alles führte dazu, dass ich Fredrik gehen lassen musste, um Sebastian und Johan wieder in die Band aufnehmen zu können.
War es wichtig, mit Anders, Sebastian und Johan alte Kumpels in der Band zu haben?
An sich ist es nicht das wichtigste, dass es die besten Freunde sind. Aber in diesem Fall besteht die Band wirklich aus nahen und besten Kumpels. Kumpels, die ich seit dem Ende der Teenagerzeit habe und die auch die besten Musiker sind, die ich mir in dieser Band vorstellen kann. Wir sind alle extrovertiert und gierig, niemand möchte im Schatten stehen. Dadurch gibt es nie eine ruhige Minute, aber jede Menge Zug nach vorne. Es passiert einfach ständig etwas. Irgendjemand ist immer auf dem Sprung und hat eine Idee zu irgendetwas.
Euer neues Album heißt „Mark Of The Necrogram“. Nochmal zum Mitschreiben: Was ist das Nekrogramm?
Das Nekrogramm ist ein Symbol, das zuerst auf dem Cover zu unserem zweiten Demo von 1991 („Unholy Prophecies“ – „Realm Of Terror“ von 1989 gilt in dieser Zählung als Rehearsal-Demo; Anm. d. A.) auftauchte. Als ich es zum ersten Mal sah, dachte ich sofort, dass es in welcher Form auch immer auf allem auftauchen sollte, was wir in der Zukunft machen. Urban Skytt hatte es damals erschaffen und kam auch auf den Namen, was ziemlich genial war – es sieht aus wie ein Pentagramm, und wir heißen NECROPHOBIC, also machen wir daraus einfach ‚Necrogram‘. Das Symbol gehört ja wie gesagt schon seit Anbeginn dazu und hat eine große Bedeutung für uns innerhalb der Band, aber jetzt war die Zeit reif, es eine Stufe höher zu stellen und den Albumtitel und einen Song danach zu benennen.
Hinter den Texten stecken ein paar interessante Geschichten oder Themen. „Tsar Bomba“ beispielsweise ist die größte jemals gezündete Bombe überhaupt.
Genau, manchmal ist der reale Horror derjenige, der am meisten Furcht einflößt. Zur Geschichte gehört auch, dass wir den Titel in einem Hotelzimmer in Sankt Petersburg in Russland geschrieben haben – im September, nur einen Monat, bevor wir ins Studio gegangen sind, um die neue Scheibe aufzunehmen.
„Crown Of Horns“ ist ein hübsches Wortspiel. Wer trägt die Krone?
Wir natürlich!
Ihr spielt in den nächsten Monaten ein paar ausgewählte Konzerte, vor allem auf Festivals. Wie sieht es mit einer Tournee aus?
Wir machen keine langen Tourneen mehr. Man soll ja niemals nie sagen, aber derzeit ist es eher so, dass wir kleine Mini-Tourneen machen, wie wir sie beispielsweise in letzter Zeit in den USA, Mexiko, Chile, Italien und Spanien gemacht haben.
Trotzdem mögen wir es, live zu spielen. Derzeit werden vor allem im ersten Halbjahr eine ganze Menge an Konzerten gebucht – schließlich ist jetzt ja gerade unsere Scheibe erschienen. Aber es gilt ja auch noch das andere Halbjahr zu füllen. Wir hoffen, in den meisten europäischen Ländern spielen zu können und vor allem die ganzen Sommerfestivals mitzunehmen. Jetzt war es allerdings so, dass wir erst ziemlich spät mit der News rausgegangen sind, dass wir ein neues Album veröffentlichen, und da die meisten Festivals eine sehr lange Vorlaufzeit bei ihren Buchungen haben, war es häufig wohl schon zu spät. Aber für 2019 haben wir einiges vor, und ich denke, das wird sich auch verwirklichen lassen.
Dagegen hattet Ihr erst kürzlich das komplette Kontrastprogramm – NECROPHOBIC war mit auf der „70000 Tons Of Metal“-Kreuzfahrt dabei. Wie war’s?
Jo, wir sind vor einer Woche wiedergekommen, und diese Kreuzfahrt war schon alles in allem ziemlich souverän. Zunächst einmal haben wir, unserer Meinung nach, zwei richtig gute Shows abgeliefert. Wenn ich so etwas behaupte, mag das klingen, als wenn ich mich weit aus dem Fenster lehne. Aber den Reaktionen der Leute nach zu urteilen hat ihnen wirklich gefallen, was sie gesehen haben. Wir sind ja eine relativ kleine Band, wenn man uns vergleicht mit KREATOR, SEPULTURA oder DESTRUCTION, aber die Leute sind die ganze Zeit gekommen, um mit uns zu quatschen, Bilder zu machen oder sich ihre mitgebrachten NECROPHOBIC-Platten signieren zu lassen.
Die Kreuzfahrt an sich war aber ebenfalls endgut. Welch ein teuflisches Schiff also. Es ist cool, in diesem Teil der Welt mit anderen Bands zusammen auf einem Schiff vollgepackt mit lauter Hardrockern zu sein. Völlig klar, dass wir dieses Festival noch einmal mitmachen!
Wie passt eine solche Kreuzfahrt in der Karibik zu einer Band, die sich auf der Bühne meistens grimmig gibt?
Es gibt ja Band aller möglichen Stilrichtungen auf dem Schiff. Alles von unserer Sorte Black Metal bis hin zu fröhlichen Power-Metal-Bands. Ich hatte zwiegespaltene Überlegungen, wie das alles zusammenpassen könnte, aber letzten Endes ist es ein Festival, bei dem Hardrock in allen Formen gespielt wird.
Wir spielten auf der größten Innenbühne bei der ersten Show und auf einer etwas kleineren, intimeren bei der zweiten, und beide Konzerte liefen richtig gut, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Auf der großen Bühne konnten wir uns natürlich mehr bewegen, wodurch wir einen größeren Eindruck hinterlassen konnten, während der zweite Auftritt dem in einen kleinen Club glich – es war eng, intimer, nah am Publikum. Und auf der Bühne heiß und schwitzig wie Hölle. Ich habe später gehört, dass das Lokal voll und es überall dort so warm wie auf der Bühne war.
Wir haben ja im Laufe der Zeit ziemlich viel gespielt, weswegen wir beides gewohnt sind – sowohl kleine als auch große. Für uns ist es kein Problem, sich an die Gegebenheiten anzupassen, wir geben bei jedem Konzert 100 Prozent.
Eine Frage zum Schluss: Warum haben NECROPHOBIC auch heute noch musikalisch mehr zu sagen als der Großteil der anderen Bands da draußen?
Weil es unsere Art zu leben ist. Wir tun nicht nur so als ob, sondern bei uns kommt alles vom Herzen.
Danke für das Interview.
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Stile | Black Metal, Death Metal |
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