Iced Earth
Incorrupatable
Konzertbericht
Die gute Nachricht gleich vorweg. Die Zeche zu Bochum kann schon seit ein paar Tagen das ‘Ausverkauft’-Schild auf die Tourplakate zur aktuellen ICED EARTH-Tour kleben. Das dürfte neben der Location vor allem Jon Schaffer und seine Jungs freuen. Als Zuschauer hingegen, sah man sich in der Vergangenheit leider oft mit einer überausverkauften Halle konfrontiert. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Die Zeche wurde vor geraumer Zeit umgebaut und man hat heute nicht das Gefühl in einer Sardinenbüchse zu stehen. Eine sehr erfreuliche Entwicklung, wie ich finde.
ICED EARTH haben mit “Incorruptable” eine Scheibe am Start, die auch auf unserer Seite, kontrovers aufgenommen wurde. Besser als der Vorgänger, aber nicht so gut wie “Dystopia” oder die Klassiker der Band, wurde oftmals kolportiert. Ist im Prinzip auch nicht weiter wichtig, denn live lassen Schaffer und Co. gemeinhin nichts anbrennen, wie sie bspw. eindrucksvoll auf der 2016er Ausgabe des “Bang Your Head”-Festivals als Samstagsheadliner gezeigt haben. Mit an Bord sind die fröhlichen Kitschmetaller FREEDOM CALL und die (relativ) jungen Briten METAPRISM. Letztere legen pünktlich los und sich ins Zeug, um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Die Mischung aus progressiven, modernen und traditionellen Elementen kommt dabei als Appetizer ganz gut. Zwar sind nicht allzu viele Fans mit dem Material der Briten vertraut, jedoch können METAPRISM durch die immer wieder eingestreuten Ohrwurm-Hooklines durchaus überzeugen. Musikalisch hingegen bewegt man sich, trotz der Fähigkeiten der Musiker meistens im Mid-Tempo-Bereich, was der Show ein wenig den Drive nimmt. Mehr Tempowechsel bekommen wir evtl. auf Scheibe Nummer drei ein wenig mehr zu hören. So bleibt unter dem Strich ein guter, aber nicht überragender Gig, der mit ein wenig mehr als Höflichkeitsapplaus honoriert wird.
Galerie mit 18 Bildern: Freedom Call - Incorruptible Tour 2018FREEDOM CALL aus dem Süden Deutschlands sind da nicht nur musikalisch ein ganz anderes Kaliber. Die Band um Frohnatur Chris Bay passt mit ihrem Happy-Metal zwar nicht zu einhundert Prozent zu den anderen beiden Gruppen, macht ihre Sache aber extrem gut. Als ich FREEDOM CALL das letzte Mal gesehen habe, waren sie auf dem “Bang Your Head”-Festival zugegen und haben mich nicht überzeugt. Auch im Vorprogramm von GAMMA RAY haben sie mich nicht restlos begeistern, wenngleich sie beide Male eine objektiv gute Show gespielt haben. Heute jedoch können sie von Anfang bis Ende überzeugen. Egal, ob sie Bandklassiker wie “Freedom Call”, Kitsch der Marke „Metal Is For Everyone“ (mit entsprechender Ansage natürlich) oder die GAMMA RAY-Verneigung “Warriors” spielen. Heute passt es ausgezeichnet, was vielleicht daran liegt, dass nicht allzu viele kitschige Keyboards vom Band kommen und der Fokus tatsächlich auf den Gitarren liegt. Logisch, dass die Nummern dadurch etwas knackiger daher kommen. Das wiederum gefällt dem Publikum augenscheinlich, sonst würden sich im Laufe des Gigs nicht immer mehr Fäuste in die Luft recken. Einen Kritikpunkt, der das Vergnügen zu, Ende hin dann doch etwas schmälert, gibt es aber doch. Chris Bay scheint sich mit zunehmender Spielzeit den ‘Blackie-Lawless-Infekt’ eingefangen zu haben, passen doch die Lippenbewegungen nicht mehr so ganz zum dargebotenen kraftvollen Gesang. Ein Schelm, der… Naja, egal. Hat ja trotzdem Spaß gemacht. Und als Einheizer für den Headliner haben FREEDOM CALL einen sehr guten Job gemacht.
Galerie mit 20 Bildern: Iced Earth - Incorruptible Tour 2018Wie auch schon zuvor, gibt es glücklicherweise auch beim Headliner keine nervenzerfetzende, überlange Wartezeit. Auch wenn ich das aktuelle Werk von ICED EARTH eher durchwachsen finde, kommt der Einstieg mit “Great Heathen Army” recht schwungvoll daher. Das Publikum ist nach wie vor gut aufgelegt und hat Bock auf Party. Die Band ist top aufeinander eingespielt, wie man es von den Amerikanern kennt, und speziell Stu Block untermauert einmal mehr, warum er der beste Sänger ist, den ICED EARTH jemals hatten. Noch besser wird die Stimmung mit dem live immer mächtigen “Burning Times” und dem Titeltrack vom “Dystopia”-Album. Die folgenden “Black Flag” und “Seven Headed Whore” können da gar nicht (erstgenannter) oder nur bedingt (die zweite Nummer) mithalten. Vor allem “Black Flag” bleibt, wie das später gespielte “Raven Wing”, qualitativ auf der Strecke. ICED EARTH haben aber auch heute genug Knaller im Programm, um diese Makel zu egalisieren. “I Died For You” wird lautstark abgefeiert. Gleiches gilt für das knüppelhart vorgetragene “Vengeance Is Mine” oder das nicht allzu oft dargebotene “Last December” (geile Atmosphäre hier). Wer jetzt denkt, dass ICED EARTH einen durchwachsenen Gig auf die Bretter legen, der täuscht sich. Nach besagtem “Raven Wing” haut die Band ihren Jüngern bis zum endgültigen Ende der Show sieben (!!!) Klassiker und einen ‘demnächst Klassiker’ (“Clear The Way (December 13th, 1862)” vom neuen Album) um die Ohren, dass man gar nicht umhin kommt, die Band nach allen Regeln der Kunst abzufeiern und den Kopf kräftig zu schütteln. “Prophecy”, “Birth Of The Wicked”, “The Coming Curse”, “Stormrider”, “Angels Holocaust” und “Travel In Stygian” verfehlen ihre Wirkung alle nicht. Den krönenden Abschluss bildet das sehr emotionale “Watching Over Me”. Ich persönlich hätte danach gerne noch einen Song vom Kaliber “Burnt Offerings” gehört, aber sei es drum.
ICED EARTH haben nach dem kleinen qualitativen Schlingerkurs zu Beginn alles richtig gemacht und einen geilen Gig geliefert. Die Mischung aus Klassikern und neuem Material hat gestimmt. Ein – unter dem Strich – durch und durch positiver Abend, der direkt Lust auch weitere Shows der Amis macht. Das Gefühl hatte ich bei ICED EARTH zuletzt 1995 in der Herner Eissporthalle bei den ‘Summer Metal Meetings’. Lang, lang ist‘s her…
Pics: Thomas Von Schaewen
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