Pumpkins United World Tour 2017/18
There's Magic In The Air!
Konzertbericht
HELLOWEEN haben es tatsächlich geschafft, ihr kreativstes Line Up aus den 80ern temporär wiederzubeleben und sind momentan mit Kai Hansen und Michael Kiske auf PUMPKINS UNITED World Tour 2017/18.
Keiner hätte gedacht, dass das nochmal passieren würde und im Vorfeld wurde groß debattiert, ob die Kürbisköpfe sich damit selbst demontieren würden (das hätte dann wohl Kürbissuppe ergeben). Allen Unkenrufen zum Trotz präsentieren sich die PUMPKINS UNITED als Einheit und werden sogar überzogenen Erwartungen gerecht.
Das Schlagzeug sitzt in einem aufgeschnittenen Kürbis, dahinter hängt eine riesige Multimedia-Wand. Gleich der Start der PUMPKINS UNITED mit „Halloween“ ist fulminant, Michael Kiske und Andi Deris singen im Duett, als hätten sie nie etwas anderes getan. „Dr. Stein“ folgt und dann gleich „I’m Alive“ (hier singt Kiske alleine) – und auch diese alten Klassiker nicht etwa in kastrierten, leichtverdaulichen 4-Minuten-radio-edit-Versionen, sondern in voller Länge in Glanz und Gloria. Alle sind baff und schauen sich ungläubig an: THERE’S MAGIC IN THE AIR!!! Die Halle tobt, die Temperatur ist schon jetzt am Siedepunkt.
Okay, Weiki (Michael Weikath) spielt stoisch seine Gitarre und verzieht kaum eine Miene, aber das ist nichts Neues, der ist einfach so. Nicht jeder muss da oben den Entertainer geben. Auch Michael Kiske konzentriert sich meist mehr auf den Gesang als auf Entertainment. Es fällt auf, dass er nicht mehr so unbekümmert in die Töne springt wie früher, sondern dass er sie sehr sorgfältig angeht und ausmoduliert, gerne in der Kiske’schen Gesangshaltung, das Gesicht auf den Boden gerichtet mit geschlossenen Augen. Gesangs-Liebhaber wissen es zu schätzen, es klingt großartig!
Während die zwei Michaels mehr der Musik frönen, versprüht Markus Grosskopf einfach gute Laune, hüpft mit seinem Bass fröhlich über die Bühne und strahlt schlicht Freude aus. Die geborenen Entertainer hier sind Kai Hansen und Andi Deris, denen liegt das im Blut.
Es fällt auf, dass die PUMPKINS UNITED wirklich Teamgeist ausstrahlen. Keiner drängt sich in den Vordergrund, alle lassen die anderen agieren und ziehen sich zurück, wenn sie nicht dran sind. Kai Hansen spielt nicht nur Gitarre, sondern singt auch „seine“ Songs von früher wie das Medley „Starlight/ Ride The Sky/ Judas“ und „Heavy Metal (Is The Law)“. „How Many Tears“ singen alle drei Sänger im Trio, was dem Lied extrem viel Power verleiht. Traurigerweise passt der Text heute noch besser zur Weltsituation als 1985.
Die drei Gitarristen wechseln sich ab, unterstützen sich und spielen so harmonisch Doppelläufe und sogar Dreifachläufe, als täten sie das schon immer. Kai Hansen und Michael Weikath spielen immer wieder zusammen ganz vorne an der Bühne, um sich dann gleichzeitig nach außen zu drehen und gitarrespielend nach hinten zu laufen. Das müssen sie oft geübt haben, denn das sieht so synchron und doch natürlich aus wie in einem alten Gangsterfilm.
Gitarrist Sascha Gerstner, „erst“ seit 15 Jahren bei HELLOWEEN, fügt sich genauso gut ein wie alle anderen – und er hat definitiv auch ein Entertainer-Gen. Dani Löble, an den Drums seit 2005, ist dann sogar derjenige, der auch noch das letzte Mitglied der Originalbesetzung mit in den Raum holt. Drummer Ingo Schwichtenberg lebt seit 1995 nicht mehr, trommelt aber in Über-Lebensgröße auf der Leinwand und dann setzt Dani Löble ein und spielt mit. Das ist sehr ergreifend, manch einer der älteren Zuschauer hier wischt sich verstohlen eine Träne aus den Augen. Man kann nur hoffen, dass Ingo im Metaller-Himmel zuhört und wenn es den nicht gibt, dann ist es hoffentlich so laut, dass es bis zu ihm ins verdammte Nirvana dringt!
Fast drei Stunden spielen die PUMPKINS UNITED in wechselnder Besetzung und mit Päuschen, in denen kleine Comics von „Seth and Doc“ gezeigt werden, zwei Kürbisköpfen, die allerlei Unsinn treiben. Im Grunde wäre eine Multimedia-Show nicht nötig gewesen – außer für das Ingo-Schwichtenberg-Tribute natürlich – aber sie gibt den Musikern immer wieder Zeit für eine winzige Frischzellenkur. Es ist auch nicht immer klar, was die Aktionen von Seth und Doc bedeuten sollen, aber in einem Clip ziehen sie immer wieder Dinge aus ihrem Hut, die verdächtig auf HELLOWEEN-Alben hinweisen: Schlüssel („The Keeper Of The Seven Keys“ 1987 & 1988), pinke Seifenblasen und einen Affen („Pink Bubbles Go Ape“ 1991), ein Chamäleon („Chameleon“ 1993), Ringe („Master Of The Rings“ 1994). Sehr coole Idee!
Es sind bei den PUMPKINS UNITED genügend junge Leute im Publikum, die auch die neue HELLOWEEN-Ära kennen und lieben, so dass auch Songs dieses Jahrtausends frenetisch abgefeiert werden. Heute ist aber viel Nostalgie angesagt und den Schluss bilden dann „The Keeper Of The Seven Keys“ (15 Minuten!), ein tolles Gitarrensolo von Kai Hansen (Thema: „In Der Halle Des Bergkönigs“ aus der Peer-Gynt-Suite von Grieg) und endlich, endlich „Future World“ mit seinen völlig verrückten Gesangslinien. Das kann keiner so gut singen wie Michael Kiske, weil es ihm millimetergenau auf den Leib geschneidert wurde. Dass man das nochmal live erleben darf! Mit „I Want Out“ mit Andi Deris und Michael Kiske im Duett ist der Abend dann zu Ende, Kürbisluftballons und Flitter regnen von der Decke.
Fazit: Die Technik hat gepasst, die Setlist war überirdisch, die Leistung der Musiker war überragend, aber was das Ganze zu etwas Außergewöhnlichen gemacht hat, war, dass die Kürbisköpfe ihren Spirit aus den 80ern zurückholen konnten. Sie haben alten und neuen Kram miteinander verschmelzen können zu einer großen Show und vor allem waren eben Teamgeist, Spielfreude und – ja! – Magie spürbar. In den Originalzeiten war das „Metschik“ gepaart mit charmantem, jugendlichem Sturm und Drang, heute ist mehr Reife da, aber ganz klar: „There’s Magic In The Air!“ Jeder Musiker ist über seinen Schatten gesprungen und einfach wieder zum Kürbiskopf mutiert. Das ist nicht zuletzt Andi Deris zu verdanken, der das Ganze feinfühlig zusammengehalten hat, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Das PUMPKINS UNITED-Feeling ist dann zum Publikum übergesprungen, hat ein riesiges Kürbisfeuer entfacht und die Porsche Arena zum Schmelzen gebracht. Ganz großes Kino, eines der besten Groß-Hallen-Konzerte der letzten zehn Jahre!
Setlist:
Halloween (Michael Kiske/ Andi Deris)
Dr. Stein (Michael Kiske/ Andi Deris)
I’m Alive (Michael Kiske)
If I Could Fly (Andi Deris)
Are You Metal? (Andi Deris)
Rise And Fall (Michael Kiske)
Waiting For The Thunder (Andi Deris)
Perfect Gentleman (Michael Kiske/ Andi Deris)
Starlight/ Ride The Sky/ Judas (Kai Hansen)
Heavy Metal (Is The Law) (Kai Hansen)
Forever And One (Neverland) (Michael Kiske/ Andi Deris)
A Tale That Wasn’t Right (Michael Kiske/ Andi Deris)
I Can (Andi Deris)
Drum Solo (Dani Löble und „Ingo Battle“)
(Ingo Tribute)
Livin‘ Ain’t No Crime (Michael Kiske)
A Little Time (Michael Kiske)
Why? (Michael Kiske/ Andi Deris)
Soul Survivor (Andi Deris)
Power (Andi Deris)
How Many Tears (Andi Deris/ Michael Kiske/ Kai Hansen)
Eagle Fly Free (Michael Kiske)
Keeper Of The Seven Keys (Michael Kiske/ Andi Deris)
Kai Hansen Guitar Solo: In The Hall Of The Mountain King
Future World (Michael Kiske)
I Want Out (Michael Kiske/ Andi Deris)
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Ich hoffe ja inständig, dass eines oder mehrere konzerte dieser tour für ein live album bzw. eine dvd aufgezeichnet wurden, klingt echt nach nem geilen event und würd ich mir gern ins regal stellen. Da lohnt sich dann so ein mitschnitt auch mal wirklich.
War in Bochum auch sehr geil, und ich würde sogar Geld darauf wetten, dass es einen Mitschnitt geben wird. 😉
Ich nehme es stark an, zumal so ein Ereignis doch deutlich mehr Kaufanreiz bietet als die zehnte Livescheibe von Iron Maiden oder wie bei Metallica, die gleich eine ganze Tour mitschneiden und veröffentlichen.
Sie haben beide Shows in Sao Paulo aufgezeichnet.
Das ich das noch erleben darf! Habe es genau so empfunden wie im Artikel beschrieben. Es gab diese Momente – Erster Ton von Kiske, Wechsel und/ oder Duette Kiske-Deris, hohe Töne in „Keeper of the Seven Keys“ – wo so viel Emotion und so viel Power drinsteckte, dass wir uns ringsrum nur angeschaut haben und dachten: „Wir haben’s nicht mal in den kühnsten Träumen gehofft!“ – Ich wünsche den Kürbissen noch ne geile Tour, den Erfolg und die Kohle, die ihnen zusteht, und den Funken „Magic“ für ein neues Album zum Niederknien – mit zwei Sängern!