Edguy
Jens Ludwig über "Monuments", Vergangenheit und Zukunft
Interview
Aller Unkenrufe und Anfeindungen zum Trotz, haben es die Fuldaer Metaller EDGUY mittlerweile 25 Jahre in der Szene ausgehalten. Gefeiert wird das Jubiläum momentan mit der wenig bescheiden betitelten Best Of “Monuments”. Warum auch nicht? Tobias Sammet und seine Jungs können durchaus stolz auf das Erreichte sein. Logisch, dass metal.de ein wenig mit den Jungs feiert und wir ein Interview zum Jubiläum in den Orbit schicken. Gemeinsam blicken wir im Interview mit Gitarrist Jens Ludwig auf die Anfänge der Band zurück, in die Zukunft, lassen uns zudem den einen oder anderen Einblick in die Welt von EDGUY geben und klären auf, was das eigentlich alles mit KREATORs Mille zu tun hat.
“Mir geht es ganz gut soweit. Ich kann telefonieren, d.h. ich lebe noch”, lacht Jens zu Beginn des Interviews. So kurz vor der Tour (wenn ihr das Interview lest, läuft die Tour schon – cb) ist es keine Selbstverständlichkeit, dass sich ein Musiker noch einmal Zeit für einen gemütlichen Plausch nimmt. Wir haben uns das letzte Mal vor drei Jahren bei der Listening Session zu “Space Police – Defenders Of The Crown” unterhalten und die Frage was sich seitdem bei der Band geändert hat, quittiert Jens mit den Worten “Alter Vater. So lange ist das schon her? Ja, man ist sesshaft und erwachsener geworden. Wir haben eine weitere Tour gespielt, und die Best Of gemacht. Wir feiern jetzt unser 25-jähriges Jubiläum und sind nicht einmal 40. Wobei ich das nicht mehr sagen kann, da ich schon 40 bin, schnief.” Definitiv genug Gründe zufrieden zu sein, wie Jens auch einräumt: “Sicher sind wir zufrieden mit der aktuellen Situation. Die Tour wird wohl fast überall ausverkauft sein. Ich glaube, für lediglich drei Venues sind noch Tickets vakant.”
EDGUY kleckern also mal wieder nicht, sondern klotzen mächtig. Gleiches gilt auch für die auf der Best Of enthaltenen neuen Songs. “Uns war es wichtig auch neues Material auf die Platte zu packen”, so Jens. Auf eine schnöde Best Of hatte die Band keinen Bock. “Nein. Wir wollten ursprünglich nur ein oder zwei neue Stücke auf die Best Of nehmen. Dass hinterher ganze fünf Songs auf der CD gelandet sind, zeigt mir, dass wir gut harmonieren. Für dieses Projekt hat auch jedes Bandmitglied Beiträge eingereicht und Ideen geliefert, die wir zusammen in einen Topf geworfen und gemeinsam ausgearbeitet haben.”
Damit nimmt Jens quasi auch allen Kritikern den Wind aus den Segeln, die immer wieder behaupten, dass Tobias Sammet der Alleinherrscher bei EDGUY sei. “Nein, wir hatten dieses Mal zum Beispiel auch Beiträge von Eggi und Dirk, die wirklich gute Sachen vorgeschlagen haben. Die Arbeitsweise war dieses Mal anders als sonst, weshalb ich echt gespannt bin, wie es in Zukunft laufen wird. Durch die Technik heutzutage ist es möglich, dass jeder zuhause an seinen Ideen werkelt. Die Ergebnisse sind dann alle bei Sascha zusammen gelaufen.” Die Tatsache, dass die fünf neuen Songs alle einen sehr unterschiedlichen Charakter haben, ist dem Gitarristen selbst gar nicht so aufgefallen. “Ist ja witzig. Mir haben schon mehrere Leute gesagt, dass diese Stücke die Bandgeschichte ein wenig widerspiegeln. “Landmarks” und “The Mountaineer” stehen dabei eher für unseren klassischen Sound, wohingegen “Ravenblack” und “Wrestle The Devil” einen eher, sagen wir mal, moderneren Touch haben. Ich selbst habe mir da gar keinen Kopf drüber gemacht. Ich habe die Arbeit jedenfalls als sehr entspannend empfunden.” Auch, wenn nicht immer alle Ideen berücksichtigt werden können, gibt es bei EDGUY keinen Knatsch. Immerhin schreibt Jens zusammen mit Tobi das meiste Material für die Band. Jens räumt allerdings ein, “dass es natürlich immer mal vorkommen kann, dass ein Bandmitglied einmal enttäuscht ist, wenn Tobi nicht alle Ideen berücksichtigt. Logisch, dass da hier und da mal Enttäuschung zu sehen ist, wenn Tobi dann doch eher eine seiner Ideen für geeigneter hält. Unter dem Strich hat es aber die ganzen Jahre immer gut funktioniert, ihm so weit zu vertrauen, dass er eine gute Auswahl trifft. Er schreibt nun mal auch gigantische Songs. Das muss man auch festhalten.”
Auf der anderen Seite setzen sich immer alle fünf Bandmitglieder mit dem vorhandenen Material auseinander, sodass Tobi von den anderen nicht ausgebremst werden muss. Bezogen darauf, ob es demnächst eine ähnliche MEAT LOAF-Hommage wie “Mystery Of A Blood Red Rose” auf einem EDGUY-Album geben wird, verneint der Gitarrist vehement. “Nein, wir müssen Tobi nicht ausbremsen, weil wir uns immer alle mit dem Material beschäftigen. Von daher kann man vielleicht hier und da mal Einflüsse hören, aber es wird immer zu 100% nach EDGUY klingen.” Beim Thema Einflüsse stimmt Jens mir aber zu, dass vor allem in der Vergangenheit immer wieder Bands wie HELLOWEEN herangezogen wurden, um den Sound von EDGUY einzuordnen. Mittlerweile ist es so, dass die Fuldaer oftmals selbst als Referenz für neue, junge Bands herhalten müssen. “Ich finde das natürlich super. Bei mir selbst merke ich es daran, dass im Laufe der Jahre immer mehr Anfragen für Gastbeiträge von jungen Bands eintreffen. Das ist genau die gleiche Denkweise, die ich hatte, als wir angefangen sind. Die Zusammenarbeiten mit Timo Tolkki (ex-STRATOVARIUS) und Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN) waren ganz, ganz große Momente für mich. Es ist natürlich sehr schmeichelhaft, wenn jetzt junge Leute, die mit unserer Musik aufgewachsen sind, Anfragen an mich/uns stellen.” Auch beim Thema ‘Futterneid’ ist Jens ganz entspannt: “Das erlebe ich nicht so. Ich finde es sogar sehr gut, dass man in der Szene den anderen Bands ihren Erfolg gönnt. Man freut sich auch, wenn beispielsweise BLIND GUARDIAN in die Charts einsteigen oder HELLOWEEN eine Reunion-Tour fahren (wer bitte freut sich da nicht drüber? – cb). Man hat doch ein freundschaftliches Verhältnis zueinander und hilft sich auch gegenseitig aus, wenn irgendjemand beispielsweise seine Instrumente nicht mit zum Gig bekommen hat. Das war bei IRON SAVIOR einmal der Fall. Denen wurde ihr Gepäck zum Festival nicht mitgeliefert. Das war für uns klar, dass wir unsere Gitarren zur Verfügung gestellt haben.”
Ein gutes Stichwort, immerhin sind EDGUY schon seit etlichen Jahren mit beispielsweise KREATOR befreundet, was manch ein Fan noch immer etwas verstörend findet. “Wir kennen KREATOR schon seit Jahren. Die kommen aus der gleichen Ecke, wo unser Drummer im Ruhrgebiet wohnt.” Da ist es natürlich leichter hier und da mal einen Spruch zu bringen, wie beispielsweise auf der Loreley beim Metalfest, als EDGUY länger gespielt haben, weil Mille und seine Jungs Probleme mit dem italienischen Zoll hatten und ihr Equipment nicht rechtzeitig zur Show vor Ort war. Klar, dass jemand wie Herr Sammet so eine Steilvorlage dankend annimmt. “Ach”, winkt Jens ab, “wir kennen die Jungs schon so lange, die sind alle sehr entspannt. Klar, passiert es nach einer Show auch mal, dass wir Feedback bekommen, was wir wieder für einen Mist erzählt haben. Aber das passiert bei uns ja öfter (lacht).” Kann ich mir vorstellen. “Und natürlich”, fährt Jens fort, “gibt es Fans, die nicht verstehen, warum die Pussies von EDGUY mit KREATOR befreundet sein können. Aber so ist es. Mille hat auch auf einer unserer Platten mitgesungen, was ich sehr cool fand. Er steht da auch drüber.”
Kommen wir noch einmal zu “Monuments” zurück. Entgegen der Annahme, dass das Zusammenstellen einer Compilation eher langweilig ist, kann Jens der Sache durchaus einige positive Aspekte abgewinnen: “Wir hatten einen Haufen Spaß bei der Zusammenstellung. Bei Durchsicht der ganzen Fotos kam irgendwann der Gedanke auf, dass wir zusammen auch jede Menge tolle Geschichten erlebt haben. Es soll jetzt nicht selbstverliebt klingen, aber ich denke, dass wir uns auf die eigene Schulter klopfen und sagen dürfen, was für eine tolle Zeit wir hatten. Wir saßen zum Beispiel bei einer der ersten Proben im Proberaum und haben diskutiert, wer denn jetzt eigentlich singen sollte. Tobi wollte eigentlich gar nicht. Dirk und ich haben argumentiert, dass wir nicht singen und die Riffs auf der Gitarre spielen können. Somit musste Tobi eben der Sänger werden. Wenn man also die ganze Bandgeschichte Revue passieren lässt, gleichzeitig aber mit fünf neuen Songs einen Ausblick in die Zukunft wagt, finde ich das nicht langweilig.”
Pics: Nuclear Blast
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Stile | Heavy Metal, Power Metal |
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