Carach Angren - Dance And Laugh Amongst The Rotten

Review

Galerie mit 20 Bildern: Carach Angren - Full Force 2019

Wieder mehr klassischer Grusel im Anwesen von CARACH ANGREN

Das Intro führt Dich durch ein verlassenes Anwesen. Es ist Nacht. Du weißt, dass hier etwas Furchtbares vorgefallen ist, aber die Stimmung ist zwiegespalten: das Klavier erfüllt jeden Raum mit Traurigkeit und Melancholie, aber auch mit Spannung und Dramatik. Du willst die Antwort finden. Am Ende spitzt sich das Dramatische zu: Du stehst vor dem Zimmer, in dem das Geheimnis ruht, drehst den Knauf und trittst ein … „Dance And Laugh Amongst The Rotten“, das fünfte Album von CARACH ANGREN, startet. Und beweist schon im „Opening“ das eiskalte Händchen der Holländer für den erneut mit einem Hauch Tim Burton versehenen klassischen Grusel, der vor allem in den Songtexten auch zu ausgewachsenem Horror mutiert.

Die Frage ist letztlich, worum es bei CARACH ANGREN primär geht oder gehen sollte: um die Geschichten oder die Musik? Musikalisches Storytelling haben sie in ihrem düsteren Spektrum perfektioniert – allerdings nicht auf „Dance And Laugh Amongst The Rotten“, sondern spätestens mit dem vor zwei Jahren veröffentlichten Album „This Is No Fairytale“.

Und zu ihrer Linken sehen sie Symphonic-Black-Metal-Vulkane im Flüstertal

Der überwiegende Aufbau der Lieder ist inzwischen bekannt und daran hat sich auch nichts geändert. CARACH ANGREN errichten Song-Achterbahnen, linear ist hier nicht. So brechen auch auf Album Nummer fünf Symphonic-Black-Metal-Vulkane mitten im geheimnisvollen Flüstertal aus. Zwar ist der symphonische Bombast etwas zurückgegangen, doch gerade diese häufigen Tempowechsel verleihen den Werken eine Dynamik und Hingabe ans gesprochene Wort, das man tatsächlich immer wieder vom Gefühl gepackt wird, in einem gespenstischen Camp am Lagerfeuer einer Spuklegende zu lauschen.

Trotzdem ist die Geschichte diesmal nicht so ergreifend. Gerade im Vergleich zum Vorgänger fehlt es an Homogenität – die Songinhalte wirken eher für sich stehend, weniger wie Kapitel, die von einem roten Blutfaden verbunden wurden. Gut, könnte man sagen, CARACH ANGREN müssen ja auch nicht mit jedem Album eine konsistente Geschichte erzählen, wenn denn zumindest der musikalische Aspekt brillant in den Vordergrund tritt. „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ bietet aber auch weniger mitreißende Instrumentalpassagen. Das soll sich nicht wie „Thema verfehlt“ lesen. Nur die Kaufempfehlung ist es diesmal halt nicht.

… immer einen Spalt weit offen

In „Bloodqueen“ und „Charles Francis Coghlan“ liefert die Violine (Gastmusiker Nikos Mavridis) richtig gute Melodien, vor allem beim erneuten Ausbruch gen Ende im letztgenannten Lied. Auf seine reduzierte Weise und in Anbetracht des Samples aus dem Film „Trick ‚r Treat“ hat „Song For The Dead“ irgendwas, allerdings nicht auf über vier Minuten gerechnet – in der Summe also eher eine Luftnummer. „Pitch Black Box“ fällt in eine ähnliche Kategorie. „Why are you here?“ … in „Charlie“ kann die gespenstische Stimmung punkten … „What do you want?“. Einen der besten Momente hat das Album zur Mitte von „In De Naam Van De Duivel“: Als sich Klavier und Lead-Gitarre vereinen, beweisen CARACH ANGREN, dass sie es durchaus noch verstehen, regelrecht magische Augenblicke zu arrangieren.

Von denen gibt es auf „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ aber nicht genug. Und wenn, dann kommen sie und gehen wieder, ohne großen Einfluss auf das Gesamterlebnis zu haben. Das neue Werk schafft es einfach nicht, sich als großes Ganzes zu präsentieren, als Einheit. Und genau dort liegen an sich die Stärken der Niederländer: für rund 45 Minuten das Tor in ihre eigene Welt zu öffnen, den Hörer nicht nur hereinzubitten, sondern ihn anzulocken, schmeichelnd, flüsternd, voller Geheimnisse … und ihn dann am Schopf zu packen. Auch „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ lädt ein, lässt das Tor aber immer einen Spalt weit offen.

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13.06.2017

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4 Kommentare zu Carach Angren - Dance And Laugh Amongst The Rotten

  1. Nico Ortner sagt:

    Dance And Laugh Amongst The Rotten klingt nicht so düster und morbide wie seine Vorgänger und schlägt eher weichere Töne an, was der Gruselatmosphäre leider schadet. Gänsehautmomente treten ehr selten auf, was jedoch nicht bedeutet, dass sie keine eingängigen und wohl klingenden Melodien bieten. Denn es gibt davon einige, die einem auch nach dem Hören wie ein Ohrwurm begleiten. Unter der Eingängigkeit leider jedoch leider die Komplexität und die Vielseitigkeit. Gerade die Lyrics werden weniger abwechslungsreich vorgetragen und wirken im Vergleich zu den früheren Werken eher monoton.
    Die weichen und eher euphorisch klingenden symphonischen Einlagen stehen teilweise im Widerspruch zu dem, was gerade in den Songs passiert, wodurch eine etwas paradoxe Wirkung entsteht. Grusel und Horrer funktioniert bei epischen Klängen schlechter als bei düsteren morbiden.

    Das Intro bereitet einen hervorragend auf das eigentliche Intro „Charlie“ zum Album vor. Das Intro enthält leider keine Lyrics, wodurch „Charlie“ den Beginn der Geschichte erzählt und dies mit einer unvergleichlichen, dichten Gruselatmosphäre, wodurch dieser Song zu einem der besten der Band wird.
    Bloodqueen bietet einige schönen Momente, gerade wenn die Violinen einsetzen, was jedoch schnell wieder vorbei ist und leider keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.
    „Charles Francis Coghlan“ und „In de naam van de duivel“ zählen zu den längsten und komplexesten Songs des Albums und bieten eigentlich alles was man sich von Carach Angren wünscht.
    „Song For The Dead“ wäre nicht schlecht, hätte man diesen Song kürzer gehalten, denn die fehlende Abwechslung lässt ihn schnell langweilig werden.
    „Pitch Black Box“ ist kurz und knackig und erzählt mit “The Possession Process“ und „Three Times Thunder Strikes“ den Abschluss der Geschichte womit ich schon auf den größten Schwachpunkt des Albums komme.

    Carach Angren funktioniert dann am Besten, wenn sie eine zusammenhängende Geschichte erzählen, in der jeder Song ineinander greift und am Schluss zu einem großen Ganzen zusammengefasst wird.
    Dies passiert hier leider nicht. Wir haben eine Geschichte die lediglich in vier Songs nachvollziehbar erzählt wird und die anderen wirken dadurch wie Lückenfüller. Klar könnte man sich mit viel Fantasie einen Zusammenhang erschließen, was aber nicht im Sinne der Sache sein sollte.
    Dadurch verspielt „Dance And Laugh Amongst The Rotten“ sehr viel Potential und Atmosphäre.
    Auch der Twist am Ende des Albums funktioniert nur, wenn man sich das Box Set der CD gekauft hat, was man verstehen wird, wenn man den letzten Song einmal gehört hat. Ich sage nur „Pitch Black Box“. Für Hörer der digitalen Versionen geht da wiederum viel Atmosphäre flöten.

    Das klingt nun alles sehr negativ was im Endeffekt jedoch gar nicht so schlimm ist.
    Carach Angren gehören zu den Bands, die kein schlechtes Album produzieren können und haben es auch mit diesem nicht getan.
    Die Songs gehen ins Ohr, erzählen Gruselgeschichten wie am Lagerfeuer in einer dunklen Camping Nacht und die symphonischen Klänge gehen ins Ohr. Die hier komponierte Musik spielt natürlich noch immer auf einem sehr hohen Niveau, wenn man sie mit den vielen anderen Bands vergleicht.
    In der Masse geht es jedoch etwas unter und ist leider das schwächste Album der Band.

    7/10
  2. SEESAND sagt:

    Dieses Album war absolut fantastisch, aber etwas enttäuschend. Das ist jedoch nach den vorherigen Meisterwerken und dem Hype, dem ich mich untersetzt habe auch nicht Carach Angren’s Schuld. Es gab absolut atemberaubende und Einprägsame Momente, jedoch nicht so viele wie in den Vorgängern, zudem fand ich ein paar der guten Momente vom letzten Album wiederverwertet. Das hört sich jetzt sehr negativ an, aber dieses Album ist dennoch eines meiner absoluten Lieblinge des Jahres. Songs wie „Charlie“, „Song for the Dead“ oder „In De Naam Van De Duivel“ fand ich zum Beispiel sehr geil!

    8/10
  3. nili68 sagt:

    Schlecht ist das alles nicht, aber langsam müssen sich CA mal was Neues einfallen lassen. Nicht den Stil grundsätzlich ändern oder so, aber… irgendwie gibt’s dasselbe schon in besser von denen.
    Wie gesagt, es ist nicht scheisse oder so, aber so langsam kommen Abnutzungserscheinungen doch deutlich zum Vorschein.
    Die Lyrics könnten auch etwas geistreicher sein. Bis zu dieser CD hat mich das eigentlich nie gestört, aber irgendwann ist das Maß wohl mal voll. 😀
    Wohlwollende 7 Punke (weil 6,5 nicht gehen. ;-))

    Neueinsteigern in dem Genre oder wer die Band nicht kannte, kann das aber alles größtenteils egal sein und man kann noch 1-2 Pünktchen draufpacken. 🙂

    7/10
    1. nili68 sagt:

      Kleine Korrektur, da man CDs nicht nach 1-2 x hören bewerten sollte. Muss an der Hitze gelegen haben…

      Innovation hin oder her, das was die Jungs machen, machen sie sehr gut. Wobei durchaus Veränderungen im Detail auszumachen sind, die einem bei 1-2 mal hören natürlich entgehen können.
      Jedenfalls höre ich die CD seit gestern quasi in Dauerschleife und habe auch Spass dabei, also werden die ja schon was richtig gemacht haben.

      8/10