Noplacetohide - Vergangenheit

Review

Wenn ein bunter Haufen brüllender Norweger die Ästhetik der deutschen Sprache entdeckt, muss das nicht unweigerlich Aneignung verarmter poltischer oder zivilisationsphobischer Gedankenabstrusitäten anzeigen – schließlich machen Noplacetohide keinen True Black Metal. Das ist aber wohl auch schon der einzige krawallende Einfluss, den die vier Tønsburger Buben ausgespart haben dürften. Ihr bereits 1995 erschienenes Debüt „Vergangenheit“ ist zwar (anders als der Titel vermuten lassen könnte) komplett in gewöhnlichem Englisch vokalisiert, strotz aber dennoch nur so von kategorienübergreifender Flexibilität: Nicht allein die selbst eingeräumte Nähe zur Death/Thrash-Hölle der frühen 90er, die vor allem in brutalen Hirnrüttlern wie „Silence“ mit ihrem letalen Blei die Hörfluren zerbeult, ist als Einfluss ausschlaggebend, die Schwerpunkte der Musik variieren nahezu von Song zu Song, ohne dabei den blutroten Faden zu verschustern: zweifelsohne guter, alter Hardcore der Brandmarke Pro-Pain, Biohazard etc. Die Produktion und explizit der rohe, scharfkantige Gitarrensound ist wohl die unverkennbarste Anleihe aus dieser Materie – die kurze Spielzeit eine weitere. Was diese Eigenproduktion (!) aber in seinerzeit geradezu visionärem Kontext erstrahlen lässt, ist eben dieser gnadenlose Crossover, der den „…And Justice“-Zeiten der kalifornischen Metalli-Chamäleons in Songs wie „Sole“ ebenso die Stiefel poliert wie den Destruktionsexperten von Napalm Death in „Yearning“, den stählernen Technokraten von Fear Factory bezeichnenderweise ebenfalls in „Sole“ oder den Semi-Jazz-Poltermeistern von Candiria („Inverted“). Überhaupt dürften Jünger Letztgenannter durchaus ihre wahre Freude an diesem bissfesten und reichlich würzigen Eintopf haben. Während die Gitarren stets eine kommandierende Attitüde an den Tag legen und die Drums ihnen angenehm eigenständig den uneingeschränkten Gehorsam verweigern, ist das alles zu einer unverwüstlichen Abrissbirne verschweissende Element die zumeist Blut und Galle eruptierende Hasskraft von Sänger und Gitarrist Espen T. Hangård. Hin und wieder aufkeimende, weniger gelungene sanftstimmliche Anbiederungsversuche an zart klimperndes Chorus-Saitenspiel können keineswegs seine ohrenbetäubende Gewaltbereitschaft vergessen machen, die die Stücke ansonsten in vollauf authentischer Weise dominieren. Alles in allem also ein herausragender Donnerschlag kniffligen True Norwegian Brett Metals, durchaus als naturbelassenes und dennoch knüppeldickes Inspirationsfüllhorn für aktuelle Erscheinungen wie Killswitch Engage oder Dry Kill Logic zu feiern.

15.09.2002

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