Ghost mit Zombi
auf der "The Popestar Tour 2017" in Luxemburg
Konzertbericht
Lauter könnte es inhaltlich kaum knallen: In der Luxemburger Rockhal sind am heutigen Abend beide Hallen gebucht und die Besucher der Konzerte teilen sich das geräumige Foyer und den Bierstand. Im kleinen Saal spielt die NEIL MORSE BAND unter Beteiligung von Mike Portnoy mit streng christlich geprägten Texten auf. In der großen Halle machen sich indes die Fans für die spaßig-satanistische Vintagerock-Messe mit GHOST bereit.
Zu Unmut führt die religiöse Diskrepanz (der sich ein guter Teil der Besucher vermutlich gar nicht bewusst ist) nicht. Dennoch ist die Stimmung im Foyer während der ersten Stunde des Abends deutlich dynamischer, als im großen Saal.
Zombi verwirren das Publikum
Als Vorband haben GHOST das Elektro-Duo ZOMBI im Gepäck. Mit Schlagzeug, Synthesizern und E-Bass schaffen die Jungs aus Pittsburgh allenfalls, das Publikum zu verwirren. Stimmung kommt hingegen keine auf. Die Soundwand aus geloopten Samples im 90er-Computerspielstil und minimalistischen Melodien ist vor Allem laut und monoton. Dazu verändert sich auch der optische Eindruck auf der Bühne 45 Minuten lang nicht. Entsprechend betreten steht die Menge vor den Musikern und nur ein harter Kern in der Mitte feiert die Amerikaner mit hoch gerissenen Smartphones. Im Vergleich dazu kocht die Stimmung im Foyer regelrecht und auch die Zahl der Besucher scheint hier höher, als in der Halle. Als ZOMBI ihren Posten schließlich verlassen, wirkt das Wiederaufkeimen von Gesprächen wie sonst das Aufdrehen von Musik: belebend. Eigentlich schade, denn in einem anderen Setting könnte der eigenwillige Stil des Duos durchaus überzeugen. In Luxemburg jedenfalls konnten ZOMBI damit heute so gar nicht landen.
Galerie mit 4 Bildern: Zombi als Support von Ghost auf der Popestar Tour am 4.4.2017 in Luxemburg
Ghost starten mit „Show vor der Show“
Kurz darauf starten GHOST mit ihrer „Show vor der Show“. Zu getragenen Chorälen aus der Box spazieren Crew-Mitglieder wie Messdiener auf der Bühne herum, verneigen sich zu Applaus und enthüllen den Bühnenaufbau im Stil eines Kirchenschiffs aus Marmor. Selbst der Soundcheck am Schlagzeug transportiert langsam getragene Würde und wird mit Rufen der Fans quittiert.
Den Einstieg machen GHOST dann ganz und gar nicht schleppend mit einem ihrer hartnäckigsten Ohrwürmer. Die (wie wir wissen, aber nicht wirklich sehen: neuen) Nameless Ghouls spielen zu „Square Hammer“ auf und die Halle tobt ab dem ersten Takt. Papa Emeritus III erscheint zunächst im vollen Ornat und hat die Fans auf seiner Seite. Dabei muss der Bandkopf aktuell viel Kritik und Häme einstecken, beschuldigen ihn doch seine Ex-Ghouls, Geld veruntreut und sich fürchterlich unkollegial aufgeführt zu haben.
Kleine Anlaufschwierigkeiten bei Papa und den Ghouls
Ganz spurlos ist die Umghoulerei nicht an GHOST vorbei gegangen, denn während der ersten Titel wirkt der Auftritt trotz des großen Fanzuspruchs ein wenig krampfig und verlangsamt. Erst zu „Con Clavi Con Dio“ scheinen sich Papa und die Ghouls im Weihrauchnebel so richtig gefunden zu haben. Auch der Humor kommt schließlich nicht zu kurz. Vor „Body And Blood“ stellt uns der Fronter zwei als Nonnen verkleidete Gehilfinnen vor, die während des Songs im Bühnengraben mit den Fans der ersten Reihe ein Abendmahl zelebrieren werden. Finger ablecken und in den Hintern kneifen sei aber nicht erlaubt, ermahnt uns der Vintage-Papst – allerdings nur in der ersten Reihe. Der Rest könne sich ruhig nach Herzenslust begrabschen.
Ein Mittwoch am Dienstag in Luxemburg
Sympathischerweise wissen GHOST zu jeder Zeit wo sie sind. Papa Emeritus lobt wiederholt das Luxemburger Publikum und glänzt mit ein, zwei Wörtchen Französisch. Beim „Wann“ ist der Gute indes weniger orientiert. Vor „Mummy Dust“ fragt er die „Ladies and Genitals“, ob dies denn nur ein weiterer Mittwochabend in Luxemburg sei, oder ob man sich bei einem etwas härteren Song verausgaben wolle, wofür er – sichtlich überrascht – Lacher erntet. Dass es Dienstag ist, merkt sich der GHOST-Fronter fortan gut und streut diese Info immer wieder augenzwinkernd in seine Ansagen. Für die Ansprache vor der Zugabe mit „Monstrance Clock“ nimmt er sich sogar richtig Zeit, setzt sich auf die Bühne und referiert über den weiblichen Orgasmus. Das Finale, für das Lametta aus zwei Kanonen am Bühnenrand und ein leidenschaftliches „Come together!“ aus sämtlichen Kehlen strömt, ist entsprechend gelungen.
Galerie mit 30 Bildern: Ghost auf der Popestar Tour am 4.4.2017 in Luxemburg
Die letzte Hürde für die angereisten Luxemburger, Franzosen, Belgier und Deutschen an diesem – Achtung: Dienstagabend ist schließlich die Parkplatzschlange, denn Neil Morse beendet seinen Konzertabend nahezu zeitgleich mit GHOST. Ein kleines Zeitopfer an Luzifer mussten wir wohl alle darbringen. Davon abgesehen, hat sich die Fahrt nach Esch sur Alzette am heutigen Abend gelohnt.
Fotos: Alex Becker
Text: Saskia Becker
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