Wer Bremen besucht, kommt nicht an dem Wahrzeichen der Bremer Stadtmusikanten vorbei. Wer Post-Hardcore/Metalcore aus Bremen sucht, kommt an WATCH OUT STAMPEDE derzeit nicht vorbei.
Im floralen, schlichten Antlitz kommt der Nachfolger von „Tides“ mit dem superhippen Namen „Svtvnic“ ums Eck. Vorweg gesagt macht einem ein lila-rosa-farbenes Cover erstmal pauschal Angst. Es ist quasi eine zuckerige, blümerante Attacke aufs Auge. Kann eine Blume Metalcore? Meine Augenbraue schnellt bei dem bloßen Anblick der neuesten Veröffentlichung erstmal unfreiwillig mit spontaner Skepsis nach oben.
WATCH OUT STAMPEDE: Eine Handvoll brutaler Bösartigkeit
Diese mittelprächtig, ausgeprägten Zweifel legen sich aber bei den ersten Klängen wieder entspannt ins Hundekörbchen. WATCH OUT STAMPEDE geben gleich mit dem Opener „Sharks“ extrem Vollgas. Während die Riffs locker und groovig angesetzt sind, sorgen die leichteren, cleanen Vocals für die sweeten Momente in den Refrains. Keine Sorge, diese Momente werden umgehend mit tiefen, bösen Growlings unterbrochen. Die typischen Breakdowns mischen sich mit rasenden Drums. Eine gesunde Handvoll brutaler Bösartigkeit, die innerhalb der Songs mit leichten, schwungvollen Refrains aufgebrochen wird. Hier und da der Einsatz von Pianos und/ oder Streichern, das drosseln von Geschwindigkeiten, all das lässt „Svtvnic“ weniger angestrengt und düster wirken. Wer wütend shoutet darf schließlich auch mal mit einem Klavier im Hintergrund fröhlich trällern. Alles eine Frage vom guten Ying und Yang.
Lieblingstrack und Anspieltip des blumigen Werkes ist auf jedenfall der Song mit den Papierherzen: „Paper Hearts“. Funktioniert hervorragend mit seinem kritischem Text und der dennoch feingliedrigen Melodie.
Unverkrampft aber zu glatt
WATCH OUT STAMPEDE rufen mit „Svtvnic“ alles ab, was Metalcore haben muss und braucht. Bleiben dabei herrlich entspannt und unverkrampft. Natürlich werden hier die bekannten Elemente klischeemäßig benutzt und ausgenutzt. Gleichzeitig wäre die Produktion aber auch mit viel weniger Glattschliff ausgekommen. Ich wünsche mir so sehr die kleinen Macken. Das bißchen mehr Rohheit. Das macht doch erst so richtig interessant. Wer steht denn schon auf saubergespülten, sterilen Perfektionismus?
Auffallen in der wilden Welt ist schwer
In der wilden Welt dieses Genres aufzufallen ist mittlerweile wirklich sehr schwer geworden. Wer also mal wieder etwas innovativ anderes erwartet, der muss weitersuchen. Magst du ANNISOKAY oder bekommst bei TO THE RATS AND WOLVES kleine Herzaugen? Dann ist das hier zwar nichts Besonderes, aber auf jedenfall genau das Richtige.
Und Achtung, nicht vom Cover abschrecken lassen. Meine Augenbraue hat sich mittlerweile auch wieder beruhigt. Ok, es ist und bleibt eine rosa/lila Blume. Aber es ist und bleibt auch eine ordentliche Portion Metalcore im Inneren. Floraler Gruß nach Bremen.
Der verlinkte Track erinnert mich ein wenig an die guten alten emocore Zeiten Anfang Ende der 90er, Anfang 2000 🙂 (Funeral for a Friend, A Static Lullaby, Finch etc) Mal gespannt wie der Rest des Albums so ist 🙂