Devin Townsend Project
Transcendence Tour live in Berlin
Konzertbericht
Devin Townsend ist an sich ja schon ein Phänomen. Er hat zwar auch schon in Bands gespielt, prinzipiell kennt man ihn aber eigentlich nur als Solokünstler, oder mit nach ihm benannten Bands, wie hier mit dem DEVIN TOWNSEND PROJECT. Viele solche Fälle gibt es im Metal nicht. Sein enormes Charisma sorgt auch dafür, dass sich so ein Konzert von ihm und seiner Band eigentlich nur zur Hälfte um die Musik dreht, und zur anderen Hälfte um ihn als Person und seine Ansagen. Auch die Berliner durften sich diese Woche sowohl an seinen kleinen Monologen als auch an seinen musikalischen Kompositionen erfreuen. Mit von der Partie waren die Norweger LEPROUS und BETWEEN THE BURIED AND ME aus Townsends Nachbarland, den USA.
Fotos von Andrea Friedrich.
LEPROUS
Vor einem erst zur Hälfte gefüllten Columbia Theater eröffnen LEPROUS den Abend. Viel zu sehen gibt es für die Zuschauer nicht, denn den gesamten Auftritt über bleibt es auf der Bühne zappenduster. Zugegeben, die Lichtshow mit vor allem kühlen Tönen und Strobo von hinten hat durchaus etwas Atmosphärisches, allerdings bekommt man tatsächlich nicht ein einziges Mal die Gesichter der Band zu sehen. Musikalisch fällt das Urteil „grenzwertig“. Das Wort „Metal“ darf in diesem Zusammenhang eigentlich nicht fallen, was man bei einer Tour des DEVIN TOWNSEND PROJECT aber durchaus auch mal durchgehen lassen kann. Würde sich die Hauptband irgendwo im härteren Bereich bewegen hätte es diese Kombination nicht geben dürfen. Auch wenn LEPROUS oft als Progressive Metal bezeichnet werden, so wirken sie zumindest live eher wie Indie Rock oder auch Synthrock. Im Schwiegersohn-Look mit ordentlichen Hemden, denn soviel kann man sogar in diesem Licht erkennen, geben sie sich zwar Mühe, mit vollem Körpereinsatz noch einen Tick Härte in ihre Show zu bringen, so wirklich Enthusiasmus auslösen können sie damit aber nicht.
Setlist (laut setlist.fm): Foe, Third Law, The Price, The Flood, Rewind, Slave
BETWEEN THE BURIED AND ME
Weiter geht es mit BETWEEN THE BURIED AND ME. Auf diese ganzen Avantgarde und Experimental Sachen könnte man eigentlich gut verzichten. In diesem Fall ist das Ganze aber glücklicherweise sehr gut umgesetzt, weshalb man auch ohne jegliche Affinität zum Genre durchaus Gefallen am Auftritt der Band finden kann. Da sie jetzt auch auf der Bühne das Licht angemacht haben sieht man außerdem sogar, was da abgeht. Und das ist dann doch einiges. Vor allem die Kombination von Gesang und Keyboard, vereint in Frontmann Tommy Rogers, macht schonmal optisch was her. Musikalisch geht es endlich härter zur Sache, auch wenn der Anteil an heimorgelartigen Keyboardpassagen doch etwas groß ist. Vom Publikum, das im Vergleich zum LEPROUS Auftritt auch um einiges angewachsen ist, werden BETWEEN THE BURIED AND ME jedenfalls gut aufgenommen.
Setlist (laut setlist.fm): Fossil Genera – A Feed From Cloud Mountain, The Coma Machine, Lay Your Ghosts To Rest, Bloom, Option Oblivion, Life In Velvet
Galerie mit 8 Bildern: Between The Buried And Me in Berlin als Support von Devin TownsendDEVIN TOWNSEND PROJECT
Nach geschmacksabhängig mehr oder weniger gut verbrachter Wartezeit ist es dann gegen 22 Uhr endlich soweit. Das DEVIN TOWNSEND PROJECT schickt zuerst einmal die Musiker auf die Bühne, bevor dann der Titelheld persönlich auftritt und auch gleich entsprechend abgefeiert wird. Mittlerweile dürfte der Laden auch so ziemlich ausverkauft sein, und geschätzte 800 Besucher tummeln sich auf dem begrenzten Raum. Die meisten dürften sich neben der Musik wie schon oben erwähnt vor allem auch auf Townsend persönlich freuen. Dessen Talent beschränkt sich nämlich nicht „nur“ auf mehrere Instrumente und Gesang, er könnte auch glatt als Standup-Comedian auftreten. So stellt er noch vor dem ersten Song klar, „I‘ll make you do a bunch of cheesy Rock shit tonight“ und kündigt an, „in front of you the social awkwardness ensues“. Los geht es dann mit „Rejoice“, das wie die folgenden paar Songs zu den hymnenhafteren und durch die Keyboards spacigeren Stücken gehört. Wie immer macht Townsends Gesichtsfasching einen Großteil der Bühnenshow aus.
Sieben Songs später erklärt Townsend dann, dass man nun mit dem „Prog wank thing“ durch sei und es Zeit sei, zum Heavy Metal Teil der Show überzugehen. Den eröffnet er dann mit „Ziltoid Goes Home“. Tempo- und härtemäßig geht es aber gemischt weiter. Mit „Suicide“ bremsen sie direkt wieder etwas runter und gehen in die doomige Ecke. Gleich darauf wird es kitschig-eingängig mit „Supercrush!“, dessen hymnenhafte Melodie eine der mitreißendsten des Abends sein dürfte und dem Gastsängerin Anneke van Giersbergen live leider abgeht. Aber auch ohne weibliches Pendant schafft es Townsend, das Publikum mit diesem ausgesprochenen Hammertrack in seinen Bann zu ziehen. Bevor sich das DEVIN TOWNSEND PROJECT dann von der Bühne verabschiedet, gibt es noch in bekannter Townsend-Manier die Ansage, dass man jetzt gleich so tun wird, also würde man gehen, damit dann alle klatschen und die Band wieder herbeijubeln können. Mit dem Satz „Encore time, bye“ verschwinden dann also alle, ersparen uns das gewöhnliche Geplänkel, und kommen sofort für „Ih-Ah!“ wieder.
Bescheiden und bodenständig
Anschließend dankt Townsend dann nicht nur seiner Band, die trotz des Solocharakters des Projekts definitiv eine große Rolle spielt, sondern auch der gesamten an der Tour beteiligten Crew, und zwar namentlich. Dabei gibt er noch einige Anekdoten zum Besten, und spätestens jetzt wird einem klar, wie bescheiden und bodenständig dieser Künstler ist, der seinen Namen mit seinem enormen Talent quasi im Alleingang so groß gemacht hat. Von Allüren ist hier keine Spur. Mit „Higher“ endet das Set dann aber tatsächlich, und Townsend gibt den Leuten noch mit auf den Weg, dass sie auf sich aufpassen und nachts noch reichlich Wasser trinken sollen. An Sympathiepunkten dürfte diesen Mann wohl so schnell keiner übertreffen. Was für ein kanadisches Klischee.
Setlist:
01. Rejoice
02. Night
03. Stormbending
04. Failure
05. Hyperdrive
06. Where We Belong
07. Planet Of The Apes
08. Ziltoid Goes Home
09. Suicide
10. Supercrush!
11. March Of The Poozers
12. Kingdom
13. Ih-Ah! (Zugabe)
14. Higher (Zugabe)
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