Caliban et al.
Einen Abend Core - Das Experiment
Konzertbericht
Einen Abend Core – Ein Experiment
Oh je, was habe ich mir da nur angetan? Normalerweise im Gothic-, Folk- und Mittelaltergenre zu Hause habe ich mich doch tatsächlich am 10. Dezember aufgemacht, um einen Abend allerlei Core-Bands zu lauschen. Wie kommt‘s? Nun, CALIBAN haben auf dem HIGHFIELD-Festival 2016, auf dem ich eigentlich wegen RAMMSTEIN zu Gast war, dermaßen kraftvoll die Bühne zerlegt, dass ich mir das selbstredend auch auf einem eigenen Konzert anzuschauen habe. Aber was wird mich erwarten? Wie ist das Death- und Metalcore-Publikum so drauf? Und was zum Geier ist ein “SUICIDE SILENCE“?
Zunächst ein Interview im neuen Gefilde
Nun, ganz so schlimm steht es nun doch nicht um mich. SUICIDE SILENCE sind mir sicherlich bekannt. Jetzt heißt es darüber hinaus die für mich ungewöhnlich harte Musik näher kennenzulernen, denn der Abend startet recht spontan mit einem Interview mit den Deathcore-Ikonen. Nachdem ich sowohl die bekanntesten Songs als auch das neue Album probegehört habe, bin ich bereit für das Gespräch. Vom gut organisiert wirkenden Tourmanager werde ich Backstage geführt, wo mich Gitarrist Mark und Sänger Eddie freundlich begrüßen. Scheinbar lässt die Brutalität der Musik nicht unbedingt auf die Persönlichkeit der Musiker schließen. Darüber sehr erleichtert, beginne ich als “Greenhorn“ ein wirklich aufschlussreiches und spannendes Gespräch, in dem ich so einiges über die Musik und ihre Fans erfahre. Das komplette Interview könnt ihr demnächst hier auf metal.de lesen!
Im Anschluss an das Interview unterhalten wir uns noch kurz über Folk-und Gothicmusik, bis Eddie fragt, ob ich denn eigentlich einen Bericht über den gesamten Konzertabend zu schreiben hätte. Mist, stimmt! Und die erste Band spielt ja schon! Na dann, ab zu TO THE RATS AND WOLVES, begleitet von Eddie. Unterwegs zur Bühne deutete er auf ein COMBICHRIST-Konzertposter im Backstage der Reithalle und meinte: “Hey, apropos Gothic. Andy ist ein guter Kumpel von mir!“ – “Ach ja? Cool! Auf dem Konzert war ich damals sogar!“. Nach kurzem Smalltalk geht es dann aber tatsächlich zum Opener. TO THE RATS AND WOLVES verfolgen wir dann schlussendlich von der Bühnenseite.
Ratten und Wölfe
Die ersten Eindrücke sind dabei durchaus positiv. Die Band liefert eine spannende Mischung aus poppigen Melodien und hartem Metalcore ab, welche die Dresdner offenbar begeistern konnte. Auch mir als Neuling gefällt, was ich höre, auch wenn neben der Bühne hauptsächlich Schlagzeug zu hören ist. Als dann schließlich “Anywhere for you“ gespielt wird, freue ich mich, dass ich auch ein Lied kenne. Ziemlich verschwitzt und hochzufrieden beenden TO THE RATS AND WOLVES ihr Konzert, das zu Recht viel Beifall erntet.
ANY GIVEN DAY ohne RIHANNA
Zu ANY GIVEN DAY geselle ich mich dann ins Publikum. Da ich bereits im Vorfeld in einige Titel hineingehört habe, die mir ausgesprochen gut gefielen, bin ich auf diesen Auftritt besonders gespannt – und ich werde nicht enttäuscht! Die Band liefert eine wirklich überzeugende Show ab, zu der es im Publikum sichtlich kein Halten mehr gibt. Es wird kräftig gemosht, gesprungen und energetisch mitgebrüllt, sodass die Band ihren Spaß haben dürfte. Der Sound ist wirklich gut, und die Stimme von Sänger Dennis Diehl ist live besonders eindrucksvoll. Die stetigen Wechsel zwischen kraftvollen Growls und reinem Klargesang sind wahrlich beeindruckend, wodurch Songs wie “Arise“ oder “Endurance“ erst richtig rund werden. Insgesamt ein starker Auftritt, auch wenn ich das äußerst gelungene RIHANNA-Cover “Diamonds“ vermisst habe. Nun ja, man kann nicht alles haben.
Unterhaltsames Geschrei
Nun wurde es erst recht spannend. Meine Interview-Partner von SUICIDE SILENCE entern die Bühne. Und wenn ich vorher schon dachte, diese Band sei hart, dann hatte ich schlicht und ergreifend keine Vorstellung. Meine Ohren werden vom aggressiven Sound der Kalifornier ordentlich durchgepustet. Es wird kräftig geschrammelt und ins Mikro geschrien, dass es der Band nur so eine Freude ist. Nachdem der erste Schock meinerseits überwunden ist, finde ich doch noch Gefallen daran, denn ich entdeckte so etwas wie Struktur und Melodie. Die anwesenden Dresdner wissen allerdings im Gegensatz zu mir, worauf sie sich einlassen. Der Moshpit ist groß und die Menge am Jubeln und Mitsingen (?!). Extrem faszinierend.
SUICIDE SILENCE dürfen im Gegensatz zu den beiden ersten Bands deutlich länger spielen. Je länger das Konzert dauert, desto mehr Gefallen finde ich an der für mich so ungewöhnlichen Musik. “Fuck Everything“, “You Can’t Stop Me“ und der Vorgeschmack auf das neue selbstbetitele Werk in Form von “Doris“ – heftige Songs, aber durchaus spannend. Mit dem abschließenden “You Only Live Once“ verabschieden sich SUICIDE SILENCE und hinterlassen ein offensichtlich hochzufriedenes Publikum.
Alles eine Sache der Planung
Doch wer jetzt schon im Eimer ist, der hat seine Kräfte nicht sinnvoll eingeteilt. Denn offenbar ist es bei Corebands gerne der Fall, dass an einem Abend mehr als nur zwei Bands spielen. So auch an diesem Abend, denn nach bislang drei Konzerten steht der Headliner noch aus. Doch scheint es so, dass auch hier die Fans sehr gut wissen, wie sie einen Abend mit vier energiegeladenen Bands unter ständigem Moshen heil überstehen. Einfach weitermoshen, so scheint es.
CALIBAN eröffneten mit “Memorial“ ihren Auftritt, und die komplette Reithalle scheint auszurasten. Da merkt man sofort, weswegen die vielen Menschen in erster Linie hier sind. Die Band liefert einen insgesamt viel zu kurzen, dafür aber qualitativ hervorragenden Querschnitt über ihr Schaffen der letzten Jahre ab. Neue Stücke wie “Paralyzed“ finden ebenso ihren Weg auf die Setlist wie Songs der Marke “Davy Jones“, die man schon fast als Klassiker bezeichnen könnte. Den Fans gefällt es, und auch ich bin vollends überzeugt. CALIBAN vereinen Härte und Melodie in Perfektion, was sich auch in diversen Stilrichtungen meines ursprünglichen Musikgeschmacks finden lässt.
Hier kommt die Sonne
Neben einigen, sich stets wiederholenden (aber dadurch auch irgendwie liebenswerten) Ansagen von Sänger Andreas Dörner, fällt vor allem der hohen Anteil deutschsprachiger Songs im Set auf. Von insgesamt drei Titel der Bandgeschichte, die auf Deutsch gesungen wurden, kann man an diesem Abend alle drei vernehmen. “nebeL“ und “Mein schwarzes Herz“ zählten bereits vor Konzertbeginn zu meinen Favoriten. Doch als dann mit “Sonne“ meiner unangefochtenen Lieblingsband gehuldigt wird, muss ich trotz einsetzender Erschöpfung noch einmal ordentlich abgehen. Hut ab, CALIBAN. Das ist ganz großes Kino! Erwähnenswert ist auch das zwischenzeitliche Erscheinen von Dennis Diehl (ANY GIVEN DAY) und Dave Grunewald (ANNISOKAY) für kräftige Gast-Shoutings und gemeinsames Crowdsurfen.
Fazit
Mit “Nothing Is Forever“ wird ein durchweg spannender Konzertabend beendet. Nicht nur der Auftritt von CALIBAN, auch SUICIDE SILENCE, ANY GIVEN DAY, TO THE RATS AND WOLVES sowie das komplette Experiment “Core“ haben Eindrücke hinterlassen, die ich so schnell nicht vergessen werde. Die Fans sind unglaublich ausdauernd, eine Wall of Death jagt die nächste, die Security hat mit den vielen Crowdsurfern ordentlich was zu tun, und sogar die krassesten Screamings der Bands werden laut mitgesungen. Und auch wenn ich dem Folk in all seinen Variationen treu bleiben werde – hin und wieder wird es mich auch zu Core-Konzerten ziehen.
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