LANCER rücken mit ihrem dritten Full-Length-Album „Mastery“ an, um zu zeigen, dass der Power Metal mehr kann, als nur von anderen Vertreten des Genres weich gespült zu werden. Er kann zum Beispiel sogar sehr roh und ohne die mittlerweile üblichen, billigen Tricks überzeugen. LANCER erweisen sich als Meister des Bombast-Refrains, der ganz ohne Synthesizer- oder Orchestralklamauk auskommt. Und sicher profitiert der Sound der Schweden auch vom überdurchschnittlichen, nah am klassischen Metal gebauten Songwriting.
LANCER schwingen die Hufe…
Das zeigt sich schon beim kompetenten Opener „Dead Raising Towers“, der zwar etwas holprig ins Album hinein stolpert, sich aber dann doch als ein zuverlässiger, aggressiver Dosenöffner erweist. Das folgende „Future Millennia“ ist eigentlich auch schon das große Highlight der Platte. Schon der Refrain ist zum Niederknien. Isak Stenvall erweist sich als einer der besseren Power-Metal-Stimmen dieser Zeit, auch wenn er zum Teil wie ein etwas weniger enthusiastischer Tobias Sammet klingt. Im Titeltrack überzeugen – neben dem erneut großartigen Refrain – die treibenden Rhythmen, die aufgrund der mangelnden Ultra-Tightness natürlich klingen.
Generell ist es die nicht zu straffe Spielweise von LANCER, die am meisten fasziniert und die wilden Songs noch wilder klingen lässt. Mit einer zeitgenössischen Produktion würden Songs wie das brachiale „Iscariot“ oder das wuselige „Widowmaker“ gar nicht erst funktionieren. In letzterem scheint das Songwriting der Schweden auch etwas näher am Speed Metal gebaut zu sein.
… und lahmen doch gelegentlich etwas zu sehr
Doch das funktioniert eben am besten, wenn LANCER richtig auf die Tube drücken. Wenn die Geschwindigkeit jedoch unter den Midtempo-Bereich sinkt, offenbaren sich die Probleme von LANCER. „Victims Of The Nile“ versucht, eine langsame, epische Hymne zu sein, wirkt aber einfach nur langgezogen. Das fällt besonders gravierend auf, wenn der Song dann im zweiten Abschnitt richtig Fahrt aufnimmt und dadurch prompt interessanter wird. Bei „Follow Azrael“ ist es genau umgekehrt: Der Song beginnt richtig gut, wie einer der besseren EDGUY-Midtempo-Stampfer, die wie für das Stadion gemacht zu sein scheinen. Doch gegen Ende fällt die Geschwindigkeit rapide ab, als wäre einfach die Luft raus. Und „World Unknown“ ist die langweilige Quoten-Ballade, die man ungefragt und ungehört überspringen sollte.
Generell darf man sich auch fragen, warum ein solches Album so weit über die 40-Minuten-Marke hinaus geschossen ist. Mit 51 Minuten ist das Album eindeutig zu lang, was sich an den eben aufgeführten Ausrutschern besonders gravierend zeigt. Die Hits werten das Ganze zwar ungemein auf, aber hier wäre insgesamt weniger mehr gewesen. Dennoch stehen LANCER als positives Beispiel des Power Metal da und dürften vor allem für Traditionalisten interessant sein.
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