Enter Shikari - Live At Alexandra Palace

Review

Galerie mit 26 Bildern: Enter Shikari - Vainstream Rockfest 2024 in Münster

ENTER SHIKARI versuchen mit „Live At Alexandra Palace“ ihre stets gelobten Livequalitäten zu dokumentieren. Das gelingt zwar größtenteils, aber eben nicht vollständig. Selbst dabei zu sein, ist eben doch noch was anderes. Das Quartett aus St. Alban spielt seit 2003 in der gleichen Besetzung, hat die krude Mischung aus Hardcore, Punk, Elektro, Trancecore und Alternative niemals gespielt um zu gefallen, sondern um ihre eigenen Vorlieben abzudecken und somit aus einem ganz natürlichen Impuls heraus.

Auf Basis dieser sehr exotischen Instrumentierung und trotz der sehr überdrehten Art, sind ENTER SHIKARI stets darum bemüht politische Inhalte zu transportieren. Sänger Rou ist ein nimmermüder Aktivist, der jede Gelegenheit nutzt, um auf Missstände hinzuweisen und Mut zu Veränderung und Mitgestaltung zu schüren.

ENTER SHIKARI machen ihr eigenen Kompositionen nackig

„Live At Alexandra Palace“ hat deutlich mehr Licht als Schatten zu bieten. So gibt es einzigartige Versionen von einigen Lieder und zusätzliche Strophen bei einigen Songs. „Anaesthetist“ mogelt sich per Sample schon in „Destabilise“, in diesen Song ragt wiederum „Radiate“ hinein – ENTER SHIKARI wirbeln ihr Material, wie es ihnen gefällt, reißen ihre eigenen Songgerüste ein und bauen sie verkehrt herum wieder auf. Man nehme nur die sehr tanzbare Version von „Juggernauts“; hier bleibt vom ursprünglichen Lied kaum etwas übrig – Rou splittet die Fans erst in Gruppen, nicht um eine wall of death zu starten, sondern um die Strophen des Refrains zu verteilen. Und wieder gilt es festzustellen, es gibt nichts Schöneres als Fanchöre. Statt dem normalen Text spricht Rou dann im Nachrichtenstil eine Meldung, die wiederum geht fast nahtlos über in „Arguing With Thermometers“.

ENTER SHIKARI schöpfen ihren elektronischen Fundus komplett aus, alleine die Hetzjagd  von Rou zwischen Effektboard, Mikro und Mixing-Station wäre sehenswert gewesen. Genauso wie die garantiert eskalierende Menge beim Hüpf-Mash-up von „Slipshod / The Jester“. Leider ist der Gesang immer etwas zu weit vorne, ein richtig stimmiges Soundbild ensteht nicht und Songs wie „Radiate“ oder „Ghandi Mate, Ghandi“ verlieren dadurch massiv an Druck. Die Fanreaktionen während der Songs sind kaum zu hören, hier und da mal ein Klatschen, dabei können ENTER SHIKARI sich live entspannt zurücklehnen, denn wenige Bands verfügen über so textsicheres, singwilliges und lautstarkes Publikum.

Die Reaktionen, die es auf „Live At Alexandra Palace“ geschafft haben, sind bspw. das obligatorische Klatschen bei „Sorry You’re Not A Winner“ oder der Jubel während den Ansagen. Überraschend kam die Hommage an ROBBIE WILLIAMS bei „Ghandi Mate, Ghandi“, als urplötzlich alle „Angels“ grölen.

Party hard, aber keiner kann’s sehen

Der Auftritt im Alexandra Palace in London wurde auch mitgefilmt, leider war das Material nicht tauglich. Schade, denn ein Konzert von ENTER SHIKARI lebt fast zu 50% von den skurrilen Aktionen der vier Musiker, ihren Neckereien untereinander, von Lichteffekten, Bildershow und vom hemmungslosen Publikum. So kann man nur erahnen, welche Szenen sich wohl damals abgespielt haben. Leider konzentriert man sich dann auch auf diverse Patzer, die im Eifer des Gefechts nicht ausbleiben.

An einigen Stellen singen Bassist Chris und Sänger Rou so peinlich schief, dass es wirklich schwer fällt das als gute Leistung einer tollen Liveband zu verkaufen („The One True Colour“, „The Last Garrison“, „Dear Future Historians“). Wer ENTER SHIKARI live kennt, weiß dass währenddessen wahrscheinlich über das Publikum gesurft wurde, auf irgendwelchen Theken getanzt, diverse Absperrungen erklommen („Price On Your Head“) oder Fotografinnen auf Rücken genommen wurden. Dann passt’s wieder.

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09.12.2016

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