Temple Of The Dog - "Temple Of The Dog" (25th Anniversary Edition)

Review

„Temple Of The Dog“ ist nicht das beste Grunge-Album. Aber es ist das beste Album, das Mitglieder von SOUNDGARDEN und PEARL JAM jemals aufgenommen haben. Und bei dieser Feststellung handelt es sich keineswegs um eine gewagte, biografisch bedingte These, sondern um eine Tatsache.
Es ist müßig, an dieser Stelle die allseits bekannte Geschichte von TEMPLE OF THE DOG und ihrem selbstbetitelten einzigen Album im Detail nachzuzeichnen. Das geschieht nicht zuletzt in den angemessenen Liner Notes des Rolling-Stone-Autoren David Fricke in der Neuauflage zum 25. Geburtstag des Albums. Doch auf die Qualität und Tiefe der Musik, die Teile von PEARL JAM und SOUNDGARDEN kurz nach dem Tod des Freundes, Mitbewohners und Kollegen Andrew Wood (MOTHER LOVE BONE) erschaffen, kann gar nicht oft genug verwiesen werden. Wood selbst schafft es nicht bis zu seinem Fünfundzwanzigsten.

„Temple Of The Dog“ verkörpert die Magie klassischer Rockmusik

Direkt vor der Grunge-Explosion und recht spontan geboren, ist „Temple Of The Dog“ nicht in Gänze als Tribut an den Verstorbenen entstanden. Dass seine Songs jedoch vollkommen ohne Berechnung, ohne Zielgruppen-Schere im Kopf und wirtschaftlichen Druck oder Kompromissbildung entstanden sind, begründet vielleicht deren Strahlkraft. Vielleicht entwickeln die zehn Stücke auf „Temple Of The Dog“ ihre Magie, weil sie Ausdruck wirklicher Gefühle sind, ihre Vertonung ein Ventil der Aufarbeitung wie der Kreativität. Die richtigen Leute kommen zur richtigen Zeit mit der richtigen Motivation zusammen, wie es im Begleittext des Albums sinngemäß heißt.
So entstehen Stücke, die im Grunde klassische Rockmusik darstellen, dabei aber so weit abseits jeglicher Belanglosigkeit Blues, Rock, eine Prise Sleaze und brennenden Gesang verbinden, dass sie durchweg spannend und frisch wirken – auch heute noch.
„Hunger Strike“, der Album-Hit, könnte als eine Art bluesige Power-Ballade durchgehen, wäre diese Bezeichnung nicht derart Hair-Metal-gebranntmarkt. Allein das Duett von Eddie Vedder (tief) und Chris Cornell (hoch) macht das Stück zum Teil der Allgemeinbildung. Vedder, ansonsten nur noch bei einigen weiteren Songs im Hintergrund zu vernehmen, gibt hier sein offizielles Veröffentlichungs-Debüt und es hätte wahrlich schlechtere Startversuche geben können. Wahrlich: So manch aufrechter Rock-Song hat die damalige Heavy Rotation auf MTV nicht überlebt, „Hunger Strike“ ist dagegen nicht totgedudelt, sondern vitaler Begleiter geblieben.
Noch ergreifender allerdings geraten auf „Temple Of The Dog“ die beiden ersten Stücke aus der Feder des selbige insgesamt führenden Cornell, die jeweils dem verstorbenen Wood gewidmet sind. „Say Hello 2 Heaven“ als Auftakt ist eine über sechsminütige spannende Bühne inklusive Southern-Rock-Anklang für den grandiosen Gesang des SOUNDGARDEN-Frontmannes. „Reach Down“ allerdings bildet die Krone des Albums, hell funkelnd bis zur Erleuchtung und heiß glühend, dass einem der Puls rast und der Schweiß ausbricht. Entschuldigung, aber diese über Elf Minuten lange Hommage sowohl an den verblichenen Freund als auch die großen der Rockgeschichte von Hendrix bis Page ist schlichtweg umwerfend. Spätestens wenn Jeff Ament, Stone Gossard und vor allem Mike McCready „Reach Down“ irgendwann minutenlang zu einem Jam-Monster ausweiten, bleiben weder Augen noch irgendwelche anderen Körperteile trocken.

Bei „Temple Of The Dog“ bleibt schlichtweg nichts trocken

Irgendwelche neuen Erkenntnisse liefern diese Zeilen dabei zugegebenermaßen kaum. Und das würde sich auch nicht mit der Durchleuchtung der übrigen acht eindringlichen, aber nicht überkandidelten Großtaten auf „Temple Of The Dog“ ändern. Daher nur noch der Hinweis, das die Bonusstücke der hier rezensierten „2 CD Deluxe Edition“, wie praktisch immer in solchen Fällen, eher interessant als wirklich etwas zum Genießen sind. Der neue Mix des Original-Albums geht schon durch und kann auf jeden Fall mehr als meine Original-Kassette von damals. Die weiteren alternativen Mixe, Outtakes und Demos allerdings… na ja. Beim noch unbekannten „Angel On Fire“ klingt Cornell tatsächlich recht cool nach LITTLE STEVEN. Und zugegeben: Wer das Album über Jahre verehrt, seine Geschichte kennt und sich auch bereitwillig die Liner Notes zu Gemüte führt sowie die Lyrics auswendig kann, der interessiert sich auch für die Zugaben. Alle anderen wohl weniger. (Zu den weiteren Veröffentlichungsdetails ist im Übrigen das Kleingedruckte zu beachten.)
Aber erneut: „Temple Of The Dog“ ist eine mit jugendlicher Energie erbrachte, erwachsene Meisterleistung – fabriziert von eine Super-Group, die schon eine solche war, bevor ihre Mitglieder es zu Ruhm brachten. Unverzichtbar ist das Album jedenfalls, egal in welcher Form.

22.10.2016

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37243 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

1 Kommentar zu Temple Of The Dog - "Temple Of The Dog" (25th Anniversary Edition)

  1. troll sagt:

    ein zeitlos schönes rock album. jetzt wo chris cornell nicht mehr unter uns ist, läuft dieses stück muikgeschichte jeden tag & man spürt welch tolle songs auf diesem album sind.

    10/10