Various Artists - Magic - A Tribute To Ronnie James Dio

Review

Ronnie James Dio ist kein Vierteljahr unter der Erde, schon fängt die Leichenfledderei an. Ganz vorne mit dabei, mit untrüglichem Gespür für die schnelle Mark: Joey DeMaio mit MANOWAR und seinem Label Magic Circle Music. Für das geplante Tributsamplerprojekt „Magic“ hat der Mann schon vor Wochen mächtig Schelte kassiert – nicht zu unrecht. Es bietet sich deshalb an, einen kleinen Gossip-Textblock einzuschieben:

Die „Heaven And Hell“-Version von MANOWAR wurde – ebenfalls völlig zurecht, aber dazu später – bereits in der Luft zerrissen, als die ersten MP3s auftauchten. Interessanter wurde es, als David Feinstein, von Magic Circle Music als an diesem Sampler teilnehmend angekündigt, das Statement abgab, das sei eine glatte Lüge und er nehme an keinem nicht von Wendy Dio autorisierten Tributsampler teil. Der dafür geplante Song „Far Beyond“ sei auf dem 2004 bei MCM erschienenen „Third Wish“-Album zu finden, und es sei sein Wunsch, dass er nicht für „Magic“ verwendet würde. Daraufhin wurde Feinstein in aller Öffentlichkeit aus dem MANOWAR-Umfeld als undankbarer Protegé DeMaios und kein wahrer Freund Dios hingestellt und der Lächerlichkeit preisgegeben. Wendy Dio klärte die Situation auf charmante Art und Weise, indem sie darauf hinwies, dass Dio und DeMaio sich zwar kannten – mehr aber nicht, und dass Feinstein nicht nur Dios alter ELF-Bandkollege, sondern auch sein Cousin und einer der Sargträger auf Dios Beerdigung gewesen sei. Wer also sicherlich der wahre Freund gewesen sei?! Geld war neben Persönlichem auch im Spiel: MANOWAR gaben erst auf massiven öffentlichen Druck hin bekannt, dass der Erlös aus dem „Magic“-Projekt „selbstverständlich“ nicht in DeMaios Taschen, sondern in Dios Krebsstiftung fließen werde. Jedem war allerdings klar, dass das verdächtig nach einer nachträglichen Umentscheidung aussah und wenig überzeugend wirkte. Diese Litanei wäre noch weit fortzuführen, wenn man nicht jetzt schon jede Rest-Vorfreude auf die eigentliche CD verloren hätte. Der beste Moment also, das Teil auszupacken und in den Player zu schmeißen.

Ja, es ist tatsächlich Musik drauf – und ja, ich musste fast die Tastatur mit meinem Frühstück sprenkeln. MANOWARs schon angesprochenes „Heaven And Hell“-Verbrechen entpuppt sich als formvollendetes Unvermögen. Unfassbar, wie man von einem so guten Stück außer der unverkennbaren Gesangslinie (souverän: Eric Adams) nichts übrig lassen und stattdessen ein debiles Schlagermetal-Gerüst als BLACK SABBATH-Cover bezeichnen kann. Damit ist das Negativ-Highlight bereits vor Ende der ersten vier Minuten erreicht. HOLYHELL geben sich mit ihrer Sängerin Maria Breon allerdings größte Mühe, mit einer Liveversion von „Holy Diver“ Schritt zu halten. Der Gesang ist schwer erträglich und die instrumentale Performance kaum noch als uninspiriert zu bezeichnen. Immerhin die Hälfte der Tracks hält sich irgendwo zwischen halbwegs originalgetreu, stinklangweilig und gefühllos-plastikhaft. Das gilt für METALFORCE („The Last In Line“), die MAGIC CIRCLE ALL STAR BAND („Long Live Rock’n’Roll“ – in erster Linie wegen des unbekannten, aber guten Sängers Sammy Avigal), AWAKEN (mit einem völlig emotionslosen „I Speed At Night“) und CROSSWIND (ohne Eindruck vorbeiziehend: „A Light In The Black“).

Dann allerdings wird’s bitter: DEAN CASCIONE vergreift sich an dem ohnehin schon zweckfreien Instrumental (!) aus ELF-Zeiten „Never More“, das aus Pianobegleitung und Gniedelsologitarre besteht. Ideal für einen Dio-Tribut also. Dann die ansgesprochene FEINSTEIN-Nummer „Far Beyond“, die sich als dreiste Plagiatsmischung aus „Holy Diver“ und „Heaven And Hell“ mit schwülstiger Gothic-Rock-Attitüde entpuppt. Ekelerregend – wäre besser gewesen, den Track tatsächlich zu streichen. HARLET versauen „Straight Through The Heart“ mit mieser Produktion und lahmarschiger Performance. Und dann, als Raussschmeißer (!): JACK STARR’S BURNING STAR mit „Catch The Rainbow“ – letzter Track, aber die einzig hörbare Nummer, bei der so etwas wie Stimmung und Gefühl aufkommen. Saubere Gesangsleistung, feinfühliges Arrangement, recht zeitlose Produktion – so kann man’s machen. Bezeichnend, dass dieser Track am Ende steht.

Das heißt: tut man es sich wirklich an, kauft diese CD und hört sie auch, empfiehlt es sich, beim letzten Song anzufangen und dann auch nach dem ersten Track aufzuhören. Bis zum dann von MANOWAR bestrittenen „Ende“ erträgt es kein Mensch, der Geschmack und vor allem den Respekt vor Dio und seinem Schaffen hat, den DeMaio so gerne hätte und den er auch bei jeder Gelegenheit raushängen lässt. Das wird auch in den allzu durchschaubaren Liner-Notes DeMaios in dem auch ansonsten sinnfreien Booklet deutlich: es ist einfach zu offenkundig, dass es hier nicht um Dio, sondern um Geld geht, und die Qualität der Beiträge ohnehin keine Rolle spielt. Mit Ehrung hat das überhaupt nichts zu tun. Da helfen nur Ignoranz und der Griff in den Plattenschrank mit den RAINBOW-LPs. Bitte weitersagen.

16.07.2010

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