Ich kenne in der Rock- und Metal-Szene kaum eine verlässlichere Konstante als AXEL RUDI PELL. Seit der blonde Wattenscheider 1989 STEELER ad acta legte, um sich voll und ganz seinem eigenen Projekt zu widmen, hat er kontinuierlich gutklassige Alben auf den Markt gebracht. Mit „The Crest“ steht Studio-Album nummero 13 – das Coveralbum „Diamonds Unlocked“ nicht mitgerechnet – in den Startlöchern.
Eins darf man von ARP aber nicht erwarten: Neuerungen und Innovationen. Axel Rudi verlässt sich weiterhin auf sein bewährtes Schema: das sind großartige Melodien mit Tiefe und Charakter, epische, vielschichtige Konstrukte und thronende Höhepunkte. Hinter dem Erfolgsrezept steht natürlich eine absolut professionelle Truppe, auf die sich Pell blind verlassen kann.
Trotz der ähnlichen Ausrichtung der ARP-Alben, kann ich nicht behaupten, dass die Band sich selbst kopiert. An Songwriting-Ideen fehlt es den Fünfen nicht. Trat zuletzt der Hardrock verstärkt in den Vordergrund, macht auf „The Crest“ wieder vermehrt der Melodic Metal seine Aufwartung. Zum Teil fühle ich mich an frühere Zeiten erinnert, als AXEL RUDI PELL noch stärker von RAINBOW und DIO beeinflusst war.
Bei den Songs gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Von Stücken mit intensiv- emotionaler Note („Prisoner Of Love“), über hymnische Melodic-Metal-Tracks („Too Late“, „Dark Waves Of The Sea“), vielschichtig-epische Reißer („Devil Zone“, „The End Of Our Time“), energische Stampfer („Dreaming Dead“), die obligatorische, bezaubernde Ballade („Glory Night“) bis zu dem knackigen und druckvollen „Burning Rain“ haben alle Kompositionen zweifellos Hand und Fuß. Und dass sich dabei etliche Songs einschleichen, die locker die sechs-Minuten-Marke knacken, tut der Qualität keinen Abbruch. Sie werden nicht langweilig, sondern können den Hörer über ihre Laufzeit bei Laune halten, woran auch die ausgefeilten Arrangements Anteil haben.
Die technische Leistung von AXEL RUDI PELL ist über jeden Zweifel erhaben. Die erfahrenen Musiker geben ihr Bestes, und Sänger Johnny Gioeli wächst durch seine unheimliche Intensität diesmal sogar über sich hinaus.
Wie gesagt: Neuerungen gibt es auch auf „The Crest“ nicht. Doch wer solch klasse Songs komponieren kann, sollte ohnehin bei seinen Leisten bleiben. Das „back to the roots“ ist in meiner Ansicht wieder ein kleiner Schritt nach vorne. Denn die letzten Alben stachen in qualitativer Sicht nicht so sehr aus der umfangreichen ARP-Discography heraus, wie das neue Werk.
ARP-Fans werden mit „The Crest“ absolut zufrieden sein, und selbst für den Neueinsteiger in Sachen AXEL RUDI PELL ist es eine absolut empfehlenswerte Scheibe, die einen gelungenen Querschnitt durch Axels kompositorisches Repertoire zeigt.
Gutes Songmaterial aber auch nichts wirklich Neues. Der Softrock-Faktor ist mir noch ein wenig zu hoch. Als Hardrock möglich, aber Heavy Metal geht anders, aber das ist in diesem Fall wohl Geschmackssache…