FRONT 242, FRONT LINE ASSEMBLY, SKINNY PUPPY – und NITZER EBB: Vier Bands, die man in einem Atemzug nennt, wenn man über prägendsten Bands der EBM-Szene spricht. In der Vergangenheit präsentierten sich alle Bands mehr oder weniger lebendig, einzig NITZER EBB waren – abgesehen von Seitenprojekten – knapp 15 Jahren von der Bildfläche verschwunden. Doch auch für die Fans von Douglas McCarthy und Ben Arris hat das lange Warten auf neues Material nun tatsächlich ein Ende, denn mit „Industrial Complex“ melden sich die Briten mit voller Kraft wieder zurück.
NITZER EBB haben ihren typischen EBM-Sound ins 21. Jahrhundert katapultiert und herausgekommen ist dabei eine Scheibe, die dieses immer wieder angestaubt wirkende Genre mit neuem Leben erfüllt. Old-School-EBM’ler dürften in Anbetracht dieser Tatsache etwas enttäuscht sein, sollten sich diesem „modernen EBM“ jedoch einfach etwas offen gegenüber zeigen oder eher weiterhin auf Bands wie ORANGE SECTOR oder SPETSNAZ zurückgreifen. „Industrial Complex“ bietet eine Reihe spannender und komplexer Tracks, die sich in ihrer ganzen Blüte oft erst nach mehreren Durchläufen entfalten. Die elektronischen Arrangements und Soundtüfteleien erinnern dabei häufig an die „gute alte Zeit“ und logischerweise auch die unverwechselbaren Vocals von Douglas McCarthy, die immer wieder zwischen aggressivem und charismatischem Gesang pendeln. NITZER EBB haben den Sprung ins 21. Jahrhundert vollzogen, ohne sich dabei einerseits von ihren Wurzeln zu lösen und andererseits unpassende „neumodische“ Elemente in ihren Sound zu integrieren.
Sehr angenehm anzuhören und interessant arrangiert sind auch die beiden ruhigen jedoch nicht weniger intensiven Songs „Going Away“ und „I Am Undone“, die einen Gegenpol zu den sonst eher energiegeladenen Tracks darstellen und auch in Sachen Melodik etwas die Kohlen aus dem Feuer holen. In Sachen Melodik halten sich NITZER EBB fast schon naturgemäß auch auf „Industrial Complex“ eher zurück – für Fans der ersten Stunde keine Überraschung und mit Sicherheit auch so gewünscht, Neueinsteiger sollten dies jedoch vor einem eventuellen Kauf berückichtigen. Dennoch muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass einem „ganz genretypisch“ die überwiegend unspektakulär gehalten Refrains oft doch sehr parolenhaft eingehämmert werden. Ausnahmen wie die beiden bereits erwähnten ruhigeren Stücke oder „Traveling“ gibt es nur wenige, überwiegend sind die Refrains durch recht plumpes x-maliges Wiederholen des Songtitels oder kurzer Textpassagen gekennzeichnet – eine Tatsache, die zumindest mir persönlich mit der Zeit etwas auf die Nerven gegangen ist.
NITZER EBB melden sich mit „Industrial Complex“ somit zwar wieder durchaus eindrucksvoll und vielschichtig zurück – wie die inzwischen mit HOCICO & Konsorten nachgewachsene Elektro-Generation dieses Album allerdings auf- und wahrnimmt, bleibt gleichzeitig jedoch abzuwarten. Wer übrigens die erste Auflage von „Industrial Complex“ ergattert, bekommt zusätzlich noch eine Bonus-CD mit neun weiteren Remixen geboten, die für diese Rezension allerdings nicht vorlag.
Kommentare
Sag Deine Meinung!