Die Haare sind ab (endgültig), das Thema SYL beendet (endgültig) und die Drogen aus dem Leben verbannt (endgültig). Devin Townsend hat den Kittel des ‚mad scientist‘ abgelegt und ist nun endlich auf dem Weg zur inneren Ruhe, nach der er jahrelang gesucht hat. Man hört es.
„Ki“ ist ein Neuanfang, gleich vier Alben sollen es werden, die Devin mit seinem neuen Projekt plant. Keine Townsend-Band, kein festes Ensemble, sondern für jedes Kapitel unterschiedliche Gäste. Den Einstand auf „Ki“ geben zwei ganz alte Hasen im Musikgeschäft, die vorher noch nie im harten Sektor unterwegs waren: Schlagzeuger Duris Maxwell, der sogar mit Hendrix gejammt hat und Devins Vater sein könnte und Bassist Jean Savoie, dem nichts leichter fällt als ein Ritt durch sämtliche Sparten der Musik. Mit im Bunde ist Devins langjähriger Keyboarder und Seele im Hintergrund, Dave Young.
„Ki“ ist weder SYL-light, noch DTB, ist nicht EKO und auch nicht OCEAN MACHINE, trotzdem lebt ein kleines Stück von allen in diesem Album. Die neue Ausrichtung ist unüberhörbar, scheinbar ruhiger, auch wenn dieser erste Eindruck schnell täuschen kann. Tatsächlich ist „Ki“ nämlich unheimlich intensiv, dynamisch, unterschwellig heftig – kontrollierter Zorn. Sozusagen eine Art Antithese zu „City“, bei der das Beben keine Häuser einreißt, bei der keine Grenzen durchbrochen aber neue Wege beschritten werden. Kein zügelloser Gewaltexzess, sondern spirituelle Energie, welche das Album wie ein warmer Sommerregen überzieht. „Ki“ als mentaler Ruhepol, als Ort innerer Einkehr. Bisher hat Devin Townsend auf seinen Alben immer nur kurze Lichtblicke in diesen Bereich seiner Seele gegeben, nun scheint die Tür für jedermann offen zu stehen.
Mit diesem Ansatz, aber auch durch seine versierten Mitstreiter, gerät „Ki“ zu einem Fest von Virtuosen, welches so vielseitig wie keines seiner Alben bisher geworden ist. Das brodelnde „Heaven Send“, der Blues bei „Trainfire“, epische Sphären in „Terminal“, der Swing und Groove bei „Coast“ und „Gato“ mit diesem packenden Rhythmus und Chorrefrain – unterschiedlicher könnten die einzelnen Stücke gar nicht sein, und doch verschmelzen sie fast zu einer Einheit. Mit einer instrumentalen Vorgehensweise, die dem Jazz ähnelt, wird hier kein beliebiges Fragmenteschieben veranstaltet, sondern werden gekonnt Songs arrangiert, die durch ungezwungenes Spiel und Improvisation leben.
In einer gewissen Art und Weise ist „Ki“ vielleicht das bisher intimste Portrait des Kanadiers, Balsam für den Komponisten, dessen heilende Wirkung auf den Zuhörer übergeht. Musik als Therapie. Nicht verschreibungspflichtig und zum sofortigen Gebrauch empfohlen!
Volle Übereinstimmung. Setze aber ein Punkt drauf.
Endlich mal was anderes als der Antihype der Franzosen >:D
Gute Rezension, wenngleich ich bei ‚Coast‘ keinen Swing höre…Quatsch mit Soße.