Regardless Of Me - The World Within

Review

Ein wenig froh ist man ja schon, wenn man aus einem Land mal wieder das bekommt, was man von ihm gewohnt ist. Grund für die Freude ist diesmal der Italiener Emiliano Sicilia, der bisher höchstens durch sein sleaziges Soloalbum „Devotion, Materialize“ von 2006 oder seine achtseitige Signature-Gitarre eines italienischen Klampfenbauers aufgefallen ist, und nun in Bandform mit REGARDLESS OF ME nachlegt. Zu hören gibt es eine Gothic-Power-Metal-Packung mit Frauengesang, die mit stimmigen Keyboardteppichen irgendwo zwischen Klassik und Moderne schwankt.

Wobei die Moderne eindeutig überwiegt. Klassisch-anmutende Arrangements, wie die Klavierballade „The Morning Light“, können nicht davon ablenken, dass es eine der größten Errungenschaften der Band ist, auch mit elektronischen Sounds umgehen zu können. Der midtempolastige Rock wird zwar eindeutig am größten geschrieben, aber gerade Nummern wie der instrumentale Technostampfer „The Counterfeiter“ machen oft über Minuten hinweg keinen Hehl daraus, auch in einem dichtgedrängten Epileptikerclub gespielt werden zu können.
Das gibt der Platte zumindest ein wenig von der Stimmung zurück, die im Laufe des Albums leider immer mehr vermisst wird. Es ist nicht so, als würde Klampfer Sicilia auf Rockern wie „So Cold“ nicht richtig derb zeigen, wer hier der Gitarrenmeister ist, oder in „No One Cares“ professionell bei Arjen Lucassens STREAM OF PASSION abgucken, aber die meiste Zeit fehlen einfach die großen Melodien. Auch wenn die Alt-Stimme von Pamela Manzo größtenteils in Ordnung geht, hat sie einfach in kaum einen Refrain den entsprechenden Entfaltungsraum. Ausnahmen gibt es nur wenige: „Thy Nature“ überrascht mit Experimentcharakter, „Wounded“ bleibt im Ohr hängen, und der abschließende Titeltrack und Zehnminüter „The World Within“ überzeugt immerhin mit gelungener Epik.

Dennoch kann das Debüt der Italiener nicht das Potential entfalten, das in so einem modernen Konzept eigentlich stecken würde. Ein Gitarrist mit den Kenntnissen und der Experimentierwut wie Sicilia sollte auf jeden Fall in der Lage sein, mächtige Alben unters Volk zu bringen, aber in einem Genre wie diesem sind ohrwurmige Refrains einfach das Maß der Dinge. Wer sich aber schon seit Jahren ärgert, dass Italien keine Power-Gothic-Platten mehr auf den Markt schmeißt, kann hier ruhig mal reinhören.