Head - Save Me From Myself

Review

Es war einst zu Zeiten der aufkeimenden Nu-Metal-Welle, in der Mitte der 90er, als sich der Hauptprotagonist vorliegenden Albums sein eigenes Denkmal setzte. Brian „Head“ Welch war Gründungsmitglied der kalifornischen Trendsetter KORN, erlangte an der Seite seiner Bandkollegen Weltruhm dank Millionen verkaufter Platten und begründete ganz nebenbei eine ganz neue Form des metallischen Musikverständnisses. Seit seinem Ausstieg 2005 wandelt nicht nur seine Ex-Band irgendwo auf verlassenen Pfaden umher und versucht seitdem, gegen die im fehlenden Einfluss des offenbar nicht umsonst diesen Pseudonym tragenden Gitarristen begründete kreative Talfahrt anzukämpfen, HEAD selbst folgte seinem eigenen Pfad, fand auf diese Weise zu Gott, veröffentlichte gleich zwei Autobiographien und kreierte sein erstes eigenes Solowerk, in dem er, wie auch im Titel seines ersten Buches, die Rettung vor sich selbst zur Chefsache erklärt.

„Er selbst“, das bezeichnet in erster Linie den jahrelangen Kampf gegen die Drogensucht, die erwähnte Abkehr vom Glauben an Exzesse hin zur Gottesfürchtigkeit, und das Befreien aus den Ketten der künstlerischen Sackgasse. „Save Me From Myself“ ist im weiten Sinne die musikalische Begleitung zur literarischen Niederschrift seines bisherigen Lebens. Brian Welch fokussiert seine Gedanken auf das, was ihn beschäftigt, über Jahre festgehalten hat, und er sendet dem Hörer letztlich die vielleicht nicht zu erwartende, sich aber umso mehr einprägende positive Message. Ein großer Teil der Songs basiert natürlich noch immer auf seiner signifikanten Art der Komposition. Das Gitarrenspiel, die Melodieführung, die etwas zerbrechliche, immer leicht brodelnde Grundstimmung erinnern an KORN, bieten vom Wandel der Band enttäuschten Hörern vielleicht sogar einen Teil dessen, was sie beim Hören der neueren Alben schmerzlich vermissen. Mit viel gutem Willen lässt man sich womöglich zu der Aussage hinreißen, HEAD belebe den Geist KORNs wieder. Abzüglich natürlich des eindeutig kränkeren und psychopatischen stimmlichen Einflusses von Jonathan Davis.

HEAD bleibt gesangstechnisch eher am Boden, hat in seiner Stimme jedoch etwas Charakterliches, das ihn, auch aufgrund der teilweise ähnlich arrangierten, und auf vergleichbare Weise einen bestimmten wunden Punkt ansprechenden Songs, ein wenig in die Nähe der neuen KATATONIA rückt. Ungläubige mögen sich einmal den Opener „L.O.V.E.“ oder den abschließenden, sehr intensiven Seelenstriptease „Washed By Blood“ anhören.

„Save Me From Myself“ bedient sich in seiner Gesamtheit eher an getragener Nachdenklichkeit, ausufernde Krachorgien, wirklich angezogene Härte findet man kaum, auch wenn „Die Religion Die“ zum Teil ein bisschen nach oben ausbricht. Bei den ersten Durchläufen der Scheibe mag man sich eventuell noch an der scheinbaren Gleichförmigkeit der Nummern stören, erkennt aber bald, dass die einzelnen Glieder ineinander greifen, voneinander abhängen, sich gegenseitig beeinflussen. Der Kinderchor, der bei „Re-Bel“ den gesamten Chorus, und damit den wesentlichen Grundpfeiler der Nummer vorträgt, mag jedoch auch als Beispiel dafür dienen, dass es auch auf „Save Me From Myself“ Augenblicke gibt, die den vorgesehenen Weg kurz zu verlassen scheinen.

Namedropping, das den Einfluss von Musikern wie Drummer Josh Freese (A PERFECT CIRCLE, NINE INCH NAILS) oder Bassist Tony Levin (PETER GABRIEL, DAVID BOWIE) ins Rampenlicht stellt, verkommt dabei zur Nebensache. Am Lebenswandel des einflussreichen Kopfes werden sich, wie so oft, wenn Gottes Gnade ins Spiel kommt, die Geister scheiden. Musikalisch hat dieses Umdenken jedoch kaum negative Folgen, eher im Gegenteil. Die Generation, die zu Zeiten von KORNs kommerziellem Höhepunkt die Band als das Nonplusultra ansah, ist älter, reifer geworden, um einige lehrreiche Erfahrungen reicher. Und somit ist vielleicht gerade für diese HEADs Solo-Debüt die Bestätigung des allmählichen Erwachsenseins. Und auch sonst dürften einige, die sich an Kleinoden aus dunkler Melancholie, mit kalten, modernen Einsprengseln und vielen versteckten Melodien erfreuen, mit diesem guten Einstand eine Art Reifeprozess erleben.

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02.12.2008

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