Bisher haben LLYNCH zwei EPs auf den Markt geschmissen, die den Weg in meinen Player (noch) nicht gefunden haben. Anhand ihres Debütalbums „We Are Our Ghosts“ kann ich mich nur fragen: „Hab ich da was verpasst?“. Eine Antwort darauf kann ich nicht geben, aber hätte ich vorher schon mal von dieser Band gehört, hätten LLYNCH mich nicht so unerwartet getroffen oder besser gesagt überrollt.
„We Are Our Ghosts“ hat mich vom ersten Moment an fasziniert, gepackt und dann wieder rausgeschmissen, nur um im nächsten Hördurchgang das gleiche Spielchen von vorne durchzuziehen. Was die Saarbrückener auf ihrem Debütalbum fabrizieren, lässt sich dem Genre Postcore zuordnen, doch haben die Jungs ihrer Musik einen eigenen Stempel förmlich eingebrannt. Es gibt ungewöhnliche Rhythmen, völlig unerwartete Tempowechsel und auch mal disharmonische, ruhige Zwischenspiele. „Komplex“ ist der Begriff, der einem hier schnell in den Sinn kommt und den man kaum widerlegen kann.
Natürlich ist die Stimmung durchgehend dieselbe, also – man muss keine Sorge haben, mal auf fröhliche Melodien zu treffen. LLYNCH zeigen eindrucksvoll, dass die innere Dunkelheit eben doch mehr als eine Facette hat. Hilfsmittel sind dabei die Keyboardparts, die als disharmonische Stimmungsförderer fungieren und nichts mit irgendwelchem überflüssigen Geklimper zu tun haben.
Und trotz der Disharmonie, die einem sofort ins Auge fällt oder besser gesagt ins Ohr geht, wenn man die verstörenden Riffs, die sich zusammen mit anderen Instrumenten zu beängstigenden Melodien verbinden, hört, ist das neue Werk von LLYNCH ein komplettes Album, das eine Einheit in sich bildet. Die Vocals können im Übrigen auch alles; von verzweifelten Screams über unkitschigen clean Gesang bis zu gesprochenen Passagen ist alles vertreten, was man so im Core erwarten kann. Doch im Gegensatz zum großen Teil der Sängerelite des Genres hat Frontman P. Hell eine wirklich bemerkenswerte Stimme, die bei den geschrienen Parts ausdrucksstark und nicht pseudoaggressiv wirkt. Und von seiner rauen Stimme beim Klargesang kann man nur begeistert sein. Dass man sich entschieden hat, bei „Morla“, einem sehr ruhigen Song der Platte, noch auf weibliche Vocals zu setzen, sei ihnen verziehen, bedenkt man wie entspannend dieses Stück wirkt.
„We Are Our Ghosts“ kommt genau zur rechten Zeit. Ausgereifter, tiefgründiger und sehr emotionaler Postcore, an dem es nur wenig auszusetzen gibt. Fette Gitarrenwände treffen auf verstörende Melodien und enden in gechilltem, sehr entspannendem Gittarengeklimper, nur um auf den nächstens Sturm in die Tiefen der Musiker vorzubereiten. Nicht jedermanns Geschmack, aber wen es packt, den packt es richtig.
was soll den bitte postcore sein? reiner pr schwachsinn