Ofermod - Tiamtü

Review

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Selten wurde ein Album von der Underground Black Metal-Szene so sehr herbeigesehnt, wie das Debüt-Album „Tiamtü“ von OFERMOD. Genauso selten passiert es, dass eine Band nur durch die Veröffentlichung einer EP so schnell Kultstatus erlangt wie das Orthodox Death/Black Metal-Duo aus Norrköping. Obwohl bereits MALIGN und NEFANDUS, das Vorgängerprojekt von Michayah, eine neue Ära des Black Metals eingeläutet haben – weg vom stupiden Pseudosatanismus hin zur orthodoxen Teufelsverehrung – kam 1998 mit „Mystérion Tés Anomias“ ein völlig neuer Wind in die schwedische Black Metal-Musikerschaft und hat Bands wie WATAIN und ONDSKAPT stark beeinflusst. „Tiamtü“, welches zuerst mit dem Namen „Pentagrammaton“ angekündigt wurde, hat eine lange Reise hinter sich, da sich die Veröffentlichung um einige Jahre durch private Umstände Michayahs, verzögert hat. Gut‘ Ding will halt Weile haben.

Nachdem die erste 7“ „Mystérion Tés Anomias“ zwei Songs enthielt, die noch im Genre des „Orthodox Black Metals“ einzuordnen waren, gab es mit der Wiederveröffentlichung eine kleine Überraschung. Die zwei neuen Songs vom 2004 erschienenen „Netivah Ha-Chokmah“-Demo ließen schon erahnen, was sich Michayah für die Zukunft mit OFERMOD gedacht hat: seiner Verehrung für den Tod und das Okkulte, dass nicht nur bei der Band selbst, sondern auch bei Michayah privat, stets präsent ist, auch musikalisch einen passenden Namen zu geben: „Orthodox Death Metal“ im wahrsten Sinne des Wortes. Allerdings gilt auch für „Tiamtü“, dass der orthodoxe Black Metal-Esprit immernoch fest in OFERMOD verankert ist und so ist es schwer einzuordnen, welches Genre nun überwiegt.

Nichtsdestotrotz: bei der Wahl des Konzepts zu „Tiamtü“ haben sie keinen Zufall walten lassen. Das ultimative Böse in Form einer Schlange, die für Chaos steht, die dunkle Mutter der babylonischen Welt und allen Monstern des Meeres, sowie die Quelle allen Wissens wird im Assyrischen Tiamtü genannt und lässt schon erahnen, dass der Name nicht von ungefähr kommt. Böse, chaotische und magisch-okkulte Atmosphäre ziehen einen roten Faden durch die acht neuen Songs. Was aber sofort auffällt, ist, dass OFERMOD anno 2008 reifer und melodischer klingen. Ruhiger sind sie dennoch bei Weitem nicht geworden, höchstens bedachter und kalkulierter. Michayah hat aber nicht übertrieben, als er einst meinte, dass OFERMOD immer einen eigenen und unnachahmlichen Stil haben werden und das ist ihnen gelungen. Es können höchstens passagenweise Vergleiche mit WATAINs „Sworn To The Dark“ gezogen werden, spielt aber in einer anderen eigenen Liga.

„Tiamtü“ ist nicht leicht zugänglich. Es braucht ein paar Hördurchgänge und ich persönlich mag es mit jedem Hören mehr. Nachdem der Titeltrack OFERMOD-untypisch introvertierter und deutlich deathiger rüberkommt, ändert sich das brachial ab „Pralayic Withdrawal“, der mich an „Chained To Redemption“ erinnert. OFERMOD laufen zur Höchstform auf. Ein Dauerfeuer aus abwechslungsreichen Arrangements mit genügend Verschnaufpausen und mit alles vernichtenden Riffs gespickt, die so nur von Schweden gespielt werden können, prügelt das letzte Quentchen Humanität aus dem Hörer raus. Das macht sich weniger durch das Tempo, was zwischen Midtempo- und schnellen Passagen variiert, als viel mehr durch die Intensität und dem immerwährendem diabolisch-magischen Flair bemerkbar. Leviathans (MALIGN) Vocals brennen nur so aus den Boxen und er gibt mit seiner klaren Aussprache, aber unglaublich dreckigen und bösartigen Art dem stampfenden Organ des Todes einen neuen Namen. Hier sei auch auf die unerwarteten, klaren Gesangspassagen bei „Pralayic Withdrawal“ hingewiesen, die wohl von Michayah selbst stammen und den religiösen Aspekt unterstreichen. „Tiamtü“ ist im Gesamten wirklich ein Konzeptalbum. Jeder Song fließt ineinander über und macht es schwer, einzelne Höhepunkte auszumachen. Das heißt aber an dieser Stelle nicht, dass es keine gibt, denn das Gesamtwerk ist durchgängig auf einem schwer zu übertreffenden Standard und ist in sich stimmig. Jeder Song trägt sein Kapitel zur Geschichte der dunklen Mutter bei. Das infernalische Duo prescht mit „Tiamtü“ an einem vorbei und so kann man nicht anders, als die acht verdammnisbringenden Choräle auf Repeat zu stellen.

Einzig und allein vermisse ich die sonst ungestüme, unkalkulierte Aggression, die aus „Mystérion Tés Anomias“ solch einen Klassiker gemacht hat. Mit „Khabs Am Pekht“ gibt es einen altbekannten Klassiker in neuem Gewand, macht aber nicht mehr her als das Original, passt aber hervorragend zu dem lyrischen Inhalt von „Tiamtü“. Womit wir auch bei einem wichtigen Aspekt von OFERMOD angekommen sind, denn textlich religionsübergreifend behandelt es neben der babylonischen Mythologie sowohl u. a. den Hinduismus als auch Judaismus. Die okkulte Thematik liegt auf dem Kult des „Left-Hand-Path“, der kabbalistischen Lehre, der Erforschung der Mysterien hinter Qliphoth sowie der goetischen Magie. Es ist kein Geheimnis, dass sie auch etwas davon verstehen und dies auch praktisch ausüben.

Soundtechnisch gibt es nur insofern einen kleinen Abzug, da die Drums noch ein wenig mehr knacken könnten und die Snare fast schon flauschig rüberkommen. Drumtechnisch hätte da noch einiges gehen können, um einen wirklich an die Wand zu pressen. Vielleicht bin ich auch nur einfach Necromorbus Produktionen-verwöhnt, der den Posten des Produzenten von „Mystérion Tés Anomias“ an MARDUK-Bassist Devo Andersson (Endarker Studios) abgegeben hat. Ansonsten unterstreicht die sehr saubere Produktion das hohe Niveau des Albums.

OFERMOD ist keine gewöhnliche Band und eine der authentischsten und wegweisendsten Bands des orthodoxen Sektors. Jeder erwartete ein sehr anspruchsvolles Werk, welches grenzensprengend ist. Mit dem Warten wurden diese Erwartungen immer größer und man kann schlicht und einfach behaupten, dass diese auch erfüllt wurden. OFERMOD geben dem Death Metal völlig neue Perspektiven und wird viele Nachahmer finden. Zweifellos ist es ihnen mit „Tiamtü“ gelungen, dem Ruf von „Mystérion Tés Anomias“ erneut gerecht zu werden und haben eins der besten Alben für dieses Jahr beigetragen. Ein Muss für jeden Fan schwedischen Death/Black Metals! Wollen wir nur hoffen, dass es nicht wieder eine halbe Ewigkeit dauert, bis das Heilige Chaos und der Heilige Tod erneut gepriesen wird.

01.10.2008

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