Nostromo - Hysteron - Proteron

Review

Zum Abschluß der NOSTROMO-Review-Trilogie zunächst eine eher ungewöhnliche Einleitung:
„Unplugged… des sin Konzerte, wo die Instrumente net so elektrisch versteckt wern… so mehr akustisch halt, nä, net angeschlossen, verstehsde… unplugged!“

— so beschreibt es Hendrik Nachtsheim von BADESALZ, und trifft damit einen wesentlichen Punkt. Denn „elektrisch verstecken“ tut sich so manche Band in vielerlei Hinsicht. Das fängt bei kleinen Hilfen wie Triggern an, geht über diverse Effektgeräte und hört dann im Studio bei ProTools & Co. auf. Obwohl natürlich das Endresultat, das musikalische Werk ansich entscheidend ist, weiß man bei vielen Alben oft nicht mehr, welche Klänge noch „menschlich“ sind, und wo die Technik die helfende Hand bereitgestellt hat.
NOSTROMO spielen auf „Hysteron – Proteron“ zwar nicht komplett unplugged, zeigen aber eindrucksvoll, dass sie auch auf akustischem Wege so virtuos und authentisch agieren können wie „unter Strom“.

„Grindcore goes acoustic“? Das klingt wie ein Ding der Unmöglichkeit, passt aber treffend für das gelungene Experiment, welches die Schweizer auf ihrem Doppelalbum „Hysteron – Proteron“ unternommen haben. Das bestand darin, Songs aus der vollen Spannweite ihrer Geschichte rein akustisch umzusetzen, zu remodellieren und teilweise neu zu interpretieren. Dieses einmalige Ereignis wurde im späten 2003 audio-visuell festgehalten und im März 2004 in Form dieses Albums veröffentlicht.

„Proteron“ ist die CD, auf der sich die Songs „Rude Awakening“, „Epitomize“, „End’s Eve“, „Sunset Motel“, „Selfish Blues“ und „Turned Black“ befinden. Vor allem Kenner der Band werden überrascht sein, die akustische Seite von Granatensongs wie den ersten beiden kennenzulernen. Aber auch „Turned Black“ gerät zum Highlight, denn das Original ist keine zwei Minuten lang, hier erstreckt es sich aber über ganze sieben Minuten, und fühlt sich damit auch irgendwie „vollkommen“ an. Die lange Spielzeit der CD ergibt sich daraus, dass auf den letzten Song „Turned Black“ ein längerer Ghosttrack mit Stille folgt, und sich danach noch eine Live-Akustik-Version von „Sunset Motel“ anschließt.
Wie schon angedeutet, wurden die Instrumente entsprechend arrangiert, hervorheben möchte ich dazu noch den Gesang, der in Teilen nichts von seinem extremen Charakter verliert, sondern nur etwas angepasst wird. Ob dabei Effekte im Spiel waren, kann ich nicht genau sagen, aber Sänger Javier hat ohnehin ein ziemlich krankes Organ. Den Gegensatz dazu bilden die fast schon geflüsterten Passagen, die den Songs einen Hauch von Zerbrechlichkeit verleihen. Es ist wirklich spannend zu hören, wie stark sich Songs verändern können, wenn man einen anderen instrumentalen Weg wählt.

„Hysteron“ ist die begleitende DVD, auf der sich neben vier Live-Clips und einer animierten und vertonten Photogalerie der Film „Right Side – Wrong Way“ befindet. Es ist ein halbstündiges, umfassendes Portrait der Band, für welches man allerdings der französischen Sprache mächtig sein sollte, denn Untertitel wurden leider nicht hinzugefügt.
Tja, und leider ist dieser Film auch eine Art Abgesang auf eine großartige Band, denn im gleichen Jahr lösten sich NOSTROMO auf, und bis heute sieht es nicht danach aus, als ob auch nur einer der ehemaligen Mitstreiter Lust auf eine Wiedervereinigung hätte. Gitarrist Jérôme hob die Band MUMAKIL aus der Taufe, die musikalisch ein ganz ähnliches Gebiet beackert. Sänger Javier ist als Künstler unter dem Namen Hardcore Solution tätig (und auch für das tolle Artwork des Albums verantwortlich) und Bassist Lad dreht heutzutage Plattenteller.

Ich kann also abschließend noch einmal allen Freunden innovativer, extremer Musik wärmstens empfehlen, NOSTROMO auf ihrem eigenen Plattenteller rotieren zu lassen. Die Besten sterben jung… oder gehen einfach viel zu früh.

PS: Das Cover zeigt die limitierte Auflage im Digipak. Die reguläre Version im Jewelcase hat ein dunkelbraunes Cover.

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25.05.2008

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