Vulture Industries - The Tower

Review

„The Tower“, das dritte Album der Norweger von VULTURE INDUSTRIES, ist ein sehr sehr schwieriges Album; das muss ich gleich zu Beginn festhalten. „Schwierig“ heißt hier nicht, dass die neun Songs (plus Bonus-Track) schwer zugänglich oder gar sperrig wären – jedenfalls nicht sperriger als die bisherigen Veröffentlichungen von VULTURE INDUSTRIES -, sondern in erster Linie, dass es vermutlich sowohl den Musikern schwer gefallen sein dürfte, diese 55 Minuten zu veröffentlichen, als auch mir als Rezensent schwer fällt, „The Tower“ gerecht zu werden.

So, und bevor ich jetzt weiter in Rätseln spreche, nenne ich an dieser Stelle das vermeintliche(?) Dilemma, das sich mit „The Tower“ offenbart, beim Namen: Es ist ein feiner Balance-Akt, den Weg zwischen den eigenen Trademarks und dem damit verbundenen Wiedererkennungswert auf der einen Seite, und der stilistischen Weiterentwicklung sowie einem frischen musikalischen Ausdruck andererseits zu finden. Gerade im Fall der VULTURE INDUSTRIES, die sich mit ihren ersten beiden Alben „The Dystopia Journals“ und „The Malefactor’s Bloody Register“ einen Namen im eigentümlichen, deutlich avantgardistisch angehauchten Black Metal gemacht haben, muss sich die Frage stellen: Wie weit kann oder sollte man als visionäre Band gehen, wenn man trotzdem unverkannbar VULTURE INDUSTRIES bleiben möchte.

Und hier kommen meine Schwierigkeiten als Rezensent ins Spiel: Die Antwort, die die Norweger auf die oben formulierte Frage geben, ist nämlich meinem Eindruck nach: Nicht besonders weit. Genauer knüpft „The Tower“, wenn auch in anderem inhaltlichen Kontext, genau dort an, wo „The Malefactor’s Bloody Register“ aufgehört hatte. Es gibt nach wie vor das charakteristische Gitarrenspiel der Herren Specter, Huse und Madsen, den noch charakteristischen Gesang Bjørnar Nilsens (der viele Hörer dazu verleitet, eine Verbindung zu ARCTURUS herzustellen – was ich so gar nicht nachvollziehen kann) und die irgendwie viktorianische Gesamt-Ausrichtung des gemäßigten Schwarzmetalls, das hier und dort durch coole Vintage-Synthesizer und schräge Takte noch weiter aufgelockert wird.

Genau das ist aber der Punkt: Im Prinzip könnte ich an dieser Stelle sagen „Im Norden nichts Neues“ und den vermeintlichen Stillstand des Sechsers verdammen. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht: Denn „The Tower“ ist nichtsdestoweniger ein äußerst gelungenes Album, das trotz der vielen Déjà ecouté-Erlebnisse (die Neu-Aufnahme von „Blood Don’t Flow Streamlined“, die als Bonus-Track enthalten ist, hat mich nicht sofort irritiert…) die musikalische Qualität VULTURE INDUSTRIES‘ erneut unter Beweis stellt und mir nach anfänglicher „Enttäuschung“ (ich persönlich hätte mir etwas mehr Fortschritt gewünscht) wirklich Freude bereitet. Und auch wenn’s sehr nach „Weihnachten bei Hoppenstedts“ klingt, muss ich sagen: Schmeckt wie der Erste – Nein, wie der Zweite. Das ist Qualität: Einer wie der andere.

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29.09.2013

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