The Everdawn - Poems Burn The Past

Review

Alle Welt redet von AT THE GATES und trägt den geschäftstüchtigen Eminenzen des Göteborg-Death Metal die Moneten hinterher. Hebt Euch mal 15 Euro auf und kauft Euch das aktuelle Re-Release von THE EVERDAWNs erstem und leider einzigem Album „Poems Burn The Past“! Immer nur „Blinded By Fear“ abzufeiern, wird nämlich auf Dauer auch langweilig. Außerdem ist, auch wenn natürlich mehr als heavy von den Erfindern des Genres beeinflusst, „Poems Burn The Past“ der musikalisch legitime „Slaughter Of The Soul“-Nachfolger, auch wenn dem Album nie wirklich die Anerkennung zuteil wurde, die es verdient hat. Das mag auch an dem verbockten Sound gelegen haben, der jetzt aber (endlich!) von Grund auf neu gemischt und gemastert wurde und durchaus aktuellen Anforderungen genügt, ohne übertrieben modernisiert zu wirken. Das gilt übrigens nicht für die vier Bonus-Tracks der „Opera Of The Damned“-EP, die in der ursprünglichen und auch irgendwie charmanten Form zu hören sind.

Das klingt jetzt alles sehr euphorisch. Aber THE EVERDAWN, 1993 gegründet und irgendwann um 1998 aufgelöst, haben wirklich von den Besten abgeschaut und das bravourös umgesetzt. Gleich der Opener „Territory Loss“ legt so beinhart mit einem unglaublich eingängigen Riff los, dass jeder Fan von Melodic Death Metal im ursprünglichen Sinn sofort fasziniert sein wird und den Schädel bangend gegen den Türrahmen rammen möchte. Im Gegensatz zu AT THE GATES, jedenfalls meinem Geschmack nach, halten THE EVERDAWN dieses Niveau der ersten Stücke recht konstant über die ganzen 35 Minuten Spielzeit des Albums. Jedes einzelne Riff zündet, das Schlagzeug holzt aggressiv und songdienlich, die Songs bleiben knackig-spontan, sind top arrangiert und ohne Längen, und vor allem der völlig hysterische Gesang ist auch 2012 noch ein echter Hinhörer. Mit „Burn“ haben die Jungs sogar eine Halbballade aufgefahren, die HYPOCRISY nicht besser gemacht hätten. Was diese junge Band in jedem einzelnen Stück für Refrains auf die Beine gestellt hat, sollte eigentlich legendär sein.

Eine ganze Generation hat versucht, das spezifische Göteborg-Riffing und -Feeling zu reanimieren. Geschafft hat das keiner. Und zwar deshalb nicht, weil zu dem Feeling dieser Musik und ihrer ungestümen Spielfreude, vermengt mit der Brutalität des Death Metal, mehr gehört als eine Stil-Schablone auszumalen. Das zeigt „Poems Burn The Past“ in erstklassiger Weise. Darin steckt die ganze Atmosphäre der 90er-Jahre, inklusive des spezifischen Vokabulars, und völlig ohne jeden Core-Einfluss, ohne Dünkel, ohne Röhrenjeans, Haare im Gesicht und Palitücher. Trotzdem ist „Poems Burn The Past“ auch einfach nur als gutes und 2012 erschienenes Album und nicht nur für Zeitzeugen der 90er hörbar. Einfach eine verdammt gute Platte.

Übrigens: Weil THE EVERDAWN es einfach drauf hatten, haben die Jungs auch noch in einer Handvoll anderer und vergleichbar guter Bands gespielt, die Ihr mal antesten solltet. Als da wären: GATES OF ISHTAR, THE DUSKFALL, THE MOANING, SCHEITAN und die Black Metal-Semilegende THRONE OF AHAZ.

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02.10.2012

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