Terhen - Eyes Unfolded

Review

Für eine Doommetalband haben die Finnen TERHEN eine recht ungewöhnliche Geschichte. Im Januar 2004 unter dem Namen THAMUZ gegründet, veröffentlichten sie im Mai jenes Jahres vier Promo-Songs. Nach der Veröffentlichung und der Fertigstellung einiger weiterer Stücke bekamen sie ein ungewöhnliches Angebot, eventuell gleichsam ihr Karrieresprungbrett; für eine Modeshow in Peking sollte die Band einen Musikclip schaffen – ein Angebot, dem sie nach Eigenaussage nicht widerstehen konnten. Die Show lief gut und die Band war zufrieden mit dem unüblichen Weg der Promotion. Da ich mir nicht erklären kann, inwiefern sich eine Modeshow mit Doom/Death vereinbaren lässt, will ich diesen Part einfach außen vor lassen; auf die Musik hat das im Grunde eh keinen nennenswerten Einfluss.

Nach Fertigstellung der Demo „Self Crusifixion MMV“ im Oktober 2005, zusammenhängend mit einigen Turbulenzen bezüglich des Line-Ups der Band, flatterte bald der Vertrag mit Firebox Records ins Haus. Kurzerhand erfolgte die Umbenennung in TERHEN, was auf Deutsch übersetzt Nebel bedeutet. Unter diesem Namen nun schuf die Band mit „Eyes Unfolded“ ihr Full-Lenght-Debüt; schon auf ihrem ersten Album zeigen die Finnen, wo es lang geht!
Musik auf die Nationalität ihrer Schöpfer zurück zu führen, ist sicher oftmals problematisch oder unangebracht; dennoch: TERHENs Interpretation deathlastigen Dooms ist einfach durch und durch finnisch. Tiefe, langgezogene Growls und ab und an schmerzerfüllte Screams, hypnotisierend-langsames Drumming bis hin zu Doublebass im Midtempo, tief gestimmte Gitarren, mal walzend, mal melodisch-weinend, und atmosphärische Keyboardklänge. Atmosphäre ist alles; hierbei bedeutet das schlichtweg Melancholie und Traurigkeit bis hin zu tiefster Depression. Die Annahme des typisch finnischen Gefühls der Musik wird bestätigt durch die Nähe einer leider längst aufgelösten und wohl auch vergessenen Kombo; TERHENs Landsmänner UNHOLY, die in den 90ern mit ihren markanten Klängen in den Bann zogen. „Eyes Unfolded“ geht – stimmungsmäßig und auch vom musikalischen Aufbau her – in eine ganz ähnliche Richtung, besonders der Opener „Influences“. UNHOLY-Fans dürfen also erfreut sein und dieses Album einmal lauschen, wenngleich ich Gedanken, „Eyes Unfolded“ sei nun ein Klon, auf der Stelle verneinen muss. Ähnlichkeit ist vorhanden, Plagiatsgefahr aber nicht. Um nicht zu euphorisch zu werden, sei allerdings gesagt, dass UNHOLY die weit stärkere Band sind.
Ihre eigene Qualität stellen TERHEN auf dem Album eindrucksvoll unter Beweis; zwar ist das Schema der düsteren Growls in Kombination mit zarten Melodien und allgemein erdrückender Atmosphäre sicher nichts Neues, und auch ist die Scheibe keine Neuerfindung des Rades; TERHEN allerdings zelebrieren die schmerzerfüllten Weltschmerzhymen auf einem solchen Level, dass es – falls es nicht ungeschickt ist, bei diesem Sachverhalt davon zu sprechen – eine Freude ist, ihnen zu lauschen. Zu der schmerz- und hasserfüllten Seite, die sich primär durch die kalten Growls und die tiefen Riffs veräußert, gesellt sich noch eine fragile Melancholie, ein Genuss bitter-süßer Zerbrechlichkeit; gemeint ist der Gesang Elisa Pellinens, der die letzten drei Songs veredelt. Das beste Beispiel ist das Schlussstück „Wandering“; zart, zerbrechlich, labil und melancholisch trifft auf hart, düster, morbid und schmerzend hasserfüllt. Auch der Wechsel von Growls und weiblichen Vocals ist keine Erfindung der Band, wird allerdings so dargeboten, dass man die Beliebtheit des oftmals viel zu kitschigen „Die Schöne und das Biest“-Schemas sofort nachvollziehen kann. „I want to fall asleep and never wake up.“; sobald man in der Musik TERHENs versinkt, sich darauf einlässt, und vollends die Atmosphäre aufsaugt, glaubt man dies der wunderschönen Stimme von Elisa sofort.

Kommen wir zum Fazit; „Eyes Unfolded“ ist stark, ziemlich stark. Wer generell eine Vorliebe für Doom a la UNHOLY – Finnland eben – hat, und sich auf TERHENs Musik einlässt, wird von der Atmosphäre aufgesogen. Nichtsdestotrotz hat das Album auch Schwachstellen: Einige Synthesizerteppiche wirken zu schwülstig, teilweise kommt das bei „Last Moments“ sehr zum Vorschein. Ab und an rutscht die Band bei der Gratwanderung zwischen hypnotisierend atmosphärisch und unspektakulär monoton in die langweiligere Richtung ab; glücklicherweise ist das selten der Fall. Erwähnte Schwächen allerdings werden durch die angeführten Stärken, derer das Album viele hat, zur Genüge wettgemacht. Auch wenn wir keine Neuerfindung des Rades haben und die Band in Gefahr läuft, in der Doommetalszene unterzugehen, wenn sie ihren Stil beim nächsten Output nicht einzigerartiger werden lässt, bekommt das Album wegen seiner überzeugenden Atmosphäre und der von mir getesteten Langzeitwirkung noch knappe acht Punkte.

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07.08.2007

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1 Kommentar zu Terhen - Eyes Unfolded

  1. stendahl sagt:

    Soso, UNHOLY sind also besser…
    Wie dem auch sei, TERHEN sind auch was für die SWALLOW THE SUN-, KEEN OF THE CROW- oder HANGING GARDEN-Fraktion. Zäh, episch, traurig, Verlust beklagend, mit in diesem Falle wirklich tief grollendem Gesang. Und wieder mal ein Beispiel dafür, dass Doom mit Death-Vocals tausendmal besser ist als der mit hellem Leier-Gesang.

    8/10