Raspail - Dirge

Review

RASPAIL aus Rom fingen 2010 ursprünglich als Tribute-Projekt im Geiste von Vorreitern der 90er-Death-Doom-Welle wie KATATONIA, PARADISE LOST und OCTOBER TIDE an. Wie das aber so ist, wenn man der Kreativität ihren Lauf lässt, entwickelte sich sehr schnell ein ganz eigener Sound, der Elemente aus Post Rock, Shoegaze und Black Metal einbezog. „Dirge“ heißt nun das Debütalbum von RASPAIL, auf dem all diese verschiedenen Einflüsse zusammenlaufen sollen.

Eine Szenerie, die laut der Band die Musik auf „Dirge“ in ihrer Essenz zu fassen vermag, ist die Peripherie und das weitläufige Umland der italienischen Hauptstadt mit ihren antiken Ruinen und der nächtlichen Schwärze, die schon von Lyrikern der Romantik vielfach aufgegriffen wurde. Ohne dass er sich der „ewigen Stadt“ bisher jemals auf einem von allen Wegen zu Fuß genähert und dabei selbst Zeuge der beschriebenen Landschaft geworden wäre, erscheint „Dirge“ dem Rezensenten zumindest als schlüssige Umsetzung des im Pressetext wortreich Beschriebenen.

RASPAIL klingen majestätisch und erhaben

Durch seinen offenen und sakralen Sound, durch die verhallenden Pfeiftöne und die Kellergewölbeschreie, die die mächtigen Doom-Riffs immer wieder durchfahren, erschafft „Raspail“ eine majestätische und erhabene Atmosphäre. Der rein gutturale Gesang erfährt effektiven Kontrast durch die vielfach hochmelodiösen Arrangements. „One Step More To The Void“ (sic!) ist beispielsweise deutlich stärker im verträumten Post Rock verwurzelt als im Metal. Erst gegen Ende sorgen Tremolo-Gitarren und verschleppte Riffs wieder für etwas Doom-Feeling.

In Sachen Melodieführung stehen RASPAIL ihren Vorbildern von KATATONIA vor allem in den wärmeren, cleaneren Albumpassagen („We Should Not Grieve“, „Ver Sacrum“) um wenig nach. Sehnsüchtig wabernde Tonfolgen, die mit einfachsten Mitteln für maximale Gänsehaut sorgen, haben RASPAIL zuhauf im Gepäck. Um Rom scheint düstere Endzeitstimmung zu herrschen.

Eine Band fürs Radar

Mit „Dirge“ gelingt RASPAIL ein beeindruckendes Debüt voller abgründiger und gleichzeitig hoffnungsvoll melancholischer Momente zwischen Death-Doom und Shoegaze, zwischen Nihilismus und Erhabenheit, das man so vielleicht aus einem immerdunklen norwegischen Fjord, nicht aber aus dem Herz des mediterranen Lebensgefühls erwartet hätte. Eine Band fürs Radar.

24.11.2016

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