Lord Vicar - Gates Of Flesh

Review

Die international besetzte und in Turku ansässige Band LORD VICAR bewegt sich in musikalischen Regionen, die im traditionellen Doom Metal angesiedelt sind – also ohne Grunz, abgrundtief gestimmte Gitarren und Dauerbegräbnis. Dafür steht einerseits Gitarrist Kimi Kärki, der sich seine Meriten einst bei REVEREND BIZARRE verdiente, andererseits Sänger Chritus, also Christian Lindersson, der ja bekanntlich schon bei COUNT RAVEN und SAINT VITUS sang und dessen Stimme zu den angenehmsten im gesamten Genre gehört.

Dass dieser Zusammenschluss von Musikern bestens funktioniert, zeigt das mittlerweile dritte LORD VICAR-Album „Gates Of Flesh“, das in sieben starken Songs das Optimum aus dem Genre herausholt: Die Scheibe beginnt mit dem dröhnend rockenden „Birth Of Wine“, bei dem Kärki seine Liebe für alte BLACK-SABBATH-Riffs nicht verbergen kann und das mit seiner leichten Melancholie ein äußerst gelungener Auftakt für das Album ist. Auch bei „The Green Man“ schimmert die Lehre Tony Iommis durch, und Chritus versteht es wie kein Zweiter, den Gitarrenlauf durch seine Gesangsmelodie zu ergänzen. Ganz stark!

„Breaking The Circle“ wiederum ähnelt in seiner wohligen Melancholie eher dem Wirken COUNT RAVENs, was bei Chritus‘ Vergangenheit durchaus erlaubt ist. Dass es LORD VICAR aber auch gelingt, das Vermächtnis von CANDLEMASS zu adaptieren, ist in der gezeigten Leichtigkeit schon erstaunlich: Das mit sanftem Gitarrenzupfen beginnende „A Woman Out Of Snow“ zeigt die Band jedenfalls ohne falsches Pathos und den Sänger mit gefühlvollem Timbre – ein Song wie ein Abbild einer einsamen Schneelandschaft. Mit „Leper, Leper“ haben LORD VICAR einen langen und schleichenden Song ans Ende des Albums gesetzt, aus dem man neben Bedrohung  aber auch Sehnsucht heraushört.

LORD VICAR liefern also das volle Doom-Metal-Programm, ein Schwelgen in Melancholie und Sehnsüchten, bis, wie auf der Coverabbildung mit Satyr und den Nymphen zu sehen, die Phantasie daraus ein rauschendes Fest der Sinne macht. Dafür muss man als Hörer gewiss empfänglich sein, aber besser als „Gates Of Flesh“ kann man es halt auch nicht machen.

26.05.2016

- Dreaming in Red -

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