Die „World Slavery Tour“ war nicht nur die bis dato erfolgreichste und größte Konzertreise von IRON MAIDEN, sondern beinahe auch das Ende der Band. Die ständigen Verlängerungen des Konzertzyklus zehrten an den Kräften von Steve Harris und seinen Mitstreitern. Interne Spannungen waren da vorprogrammiert. Die Aufnahmen zum „Powerslave„-Nachfolger ließen deshalb auf sich warten. Zwei Jahre nach ihrer bislang ambitioniertesten Platte, stehen IRON MAIDEN mit „Somewhere In Time“ vor der Tür, einem Album, das die Fangemeinde spalten sollte.
Der Grund dafür ist einfach: Gitarren-Synthesizer. MAIDEN verweigern sich weiterhin dem Stillstand und erweitern ihren Sound um Effekte, die in der puristischen Metal-Szene verpönt sind. Dem Siegeszug der Band tut das trotzdem keinen Abbruch, denn die Stärken von IRON MAIDEN kommen auf „Somewhere In Time“ besser zur Geltung als je zuvor. Steve Harris lässt seinen Gitarristen weitaus mehr kreative Kontrolle über das Songwriting. Vier Songs gehen immer noch auf das Konto des Bandleaders, einen Track komponiert er mit Dave Murray, drei Songs darf Adrian Smith im Alleingang beisteuern. Insbesondere seine Kompositionen erweitern den IRON-MAIDEN-Horizont um einige Nuancen. „Wasted Years“ ist einer der größten Hits in der Bandhistorie. Der Refrain frisst sich beim ersten Hören ins Ohr, das einläutende Gitarrenriff allein bringt jede Metal-Party zum kochen und Smith liefert das vielleicht beste Solo seiner gesamten Karriere ab. Eine bessere erste Single-Auskopplung hätte die Band für „Somewhere In Time“ nicht wählen können.
Smith hebt Iron Maiden in neue Höhen
Smith-Komposition Nummer zwei ist „Sea Of Madness“. Die Nummer geht ohne große Umschweife direkt nach vorne und mündet in einen hymnischen Refrain, der im Verlauf des Songs in eine nachdenkliche Bridge überleitet. Bruce Dickinson darf hier seine stimmliche Variabilität voll ausspielen. Von kraftvollen schreien bis zu gefühlvollen Passagen ist alles dabei. Die Krönung sind allerdings abermals die Gitarrensoli. Zu guter Letzt geht „Stranger In A Strange Land“ auf Smiths Konto. Die zweite Single wird von einem leicht an „Wrathchild“ erinnerndem Intro eingeleitet. Im Anschluss kombiniert der Song harte Riffs mit einer getragenen Strophe. Die einfühlsame Bridge und der eingängige Refrain sind dabei Ehrensache.
Doch obwohl Adrian Smiths Kompositionen allein „Somewhere In Time“ schon in Klassiker-Regionen hievt, schläft auch Steve Harris nicht. Neben treibenden Opener „Caught Somewhere In Time“, sticht vor allem „Heaven Can Wait“ hervor. In der Bridge darf Dave Murray den Hendrix geben. In Kombination mit den epischen Chören ist Gänsehaut garantiert. Dazu gibt es noch ein supercooles Bassintro und Nicko McBrain gibt am Schlagzeug alles. „The Loneliness Of The Long Distance Runner“ und die Harris/Murray-Komposition „Deja-Vu“ bieten ebenfalls feinste IRON-MAIDEN-Hitkost. Zum Abschluss feuert Harris dann noch einen klassischen MAIDEN-Epic raus, der alle Register zieht. „Alexander The Great“ besticht vor allem durch sein stampfendes Midtempo-Feeling.
Das Gesamtpaket stimmt
Über die gewohnt perfekte Produktion von Martin Birch noch große Worte zu verlieren, ist kaum nötig. Doch der Form halber sei erwähnt, dass „Somewhere In Time“ druckvoll und differenziert aus den Boxen tönt. Birch fängt selbst kleinste Sound-Details perfekt ein, um sie zur vollen Geltung zu bringen. Die eingangs erwähnten Synthesizer sind im Sound wiederum so dezent eingesetzt, dass sie nie vom wesentlichen Ablenken, sondern die Songs an genau den richtigen Stellen unterstützen. Zu einem solch grandiosem Album muss natürlich auch ein ebenso grandioses Artwork her und da hat sich Haus-und-Hof-Zeichner Derek Riggs selbst übertroffen. Das Motiv des Cyborg-Eddies, in einer an den Film „Blade Runner“ erinnernden Kulisse, strotz nur so vor kleine Details und Anspielungen auf die Bandgeschichte, die entdeckt werden wollen.
„Somewhere In Time“ ist eine weitere Heavy-Metal-Sternstunde aus dem Hause IRON MAIDEN. Anstatt auf der Stelle zu treten, entwickelt sich das Metal-Flagschiff konsequent weiter, ohne Rücksicht auf Szene-Konventionen zu nehmen. Damit gelingt der Band ihre vielleicht beste Platte überhaupt und eines der besten Metal-Alben aller Zeiten.
Meine absolute Lieblingsscheibe von Maiden.
Hier stimmt einfach alles. Man kann wirklich von einem Meisterwerk sprechen.
Volle Punktzahl!
DAS liebste Maiden-Album habe ich nicht, die wechseln immer nach Lust und Laune. Aber „Somewhere in Time“ gehört für mich zu den drei besten Werken. Allerdings verhindert das cheesige „Heaven Can Wait“ die Höchstnote.
Zusammen mit der „Number of the Beast“ und „Seventh Son of a seventh Son“ meine Lieblingsplatte von Maiden. Erfreulich ist, dass sich hier nur wenige instrumentale Füllstücke finden. Andere Platten von Maiden sind allerdings ebenfalls musikalisch anspruchsvoller, insofern ist das hier eine eher kurzweilige Veranstaltung, die aber zu begeistern weiß.
Fun fact: Nach eigener Aussage auf seinem YouTube-Kanal thuleanperspective ist dies die Lieblings-Metal-Platte von Varg Vikernes. 🙂 Unabhängig davon besteht eine absolute Indikation zur Vergabe der Höchstnote!