Inquisitor - Stigmata Me, I'm In Misery

Review

Im November haben INQUISITOR mit ihrer EP erstmals seit 1996 wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben und gleichzeitig einen ersten Vorgeschmack auf ihr erstes Album nach 22 Jahren präsentiert. Nun erscheint der Nachfolger des bislang einzigen Albums „Walpurgis – Sabbath of Lust“ – zunächst in digitaler Fassung, Anfang 2018 dann auch in physischer Form (CD/LP). Der Promotext zum neuen Album mit dem Titel „Stigmata Me, I’m In Misery“ verspricht uns dabei „over the top extreme Thrash/Death Metal“. Also nicht lang drum herum reden und Album an!

INQUISITOR bitten zum Tanz

Der erste Track schimpft sich „Castigate Into Divine Apostle“ und es ertönt: klassische Musik. Falsche Platte angemacht? Aber nein, denn das Album startet mit dem berühmten „Tanz der Ritter“ aus dem Ballett „Romeo und Julia“ von Sergei Prokovjew. Klingt zunächst etwas befremdlich, doch die Einspieler einer Geißelungsszene zwischendurch machen dann schnell deutlich, dass man hier doch die INQUISITOR-Platte aufgelegt hat. Nach etwa einer Minute ertönen die markanten Vocals von Alex Wesdijk, das prägnante Drumming setzt ein und ein mehr als ordentliches Thrash-Riff ertönt und machen dem Hörer sofort klar, was Sache ist: schneller Thrash Metal am Rande des Death Metals mit stampfenden Mittelparts und kurzen, knappen Soli. Der Opener ist eine Blaupause für die folgenden acht Songs. Ein guter Anfang!

Song Nummer Zwei ist das von der Vorab-EP bekannte „I Am Sick, I Must Die“ und knüpft nahtlos an den Opener an. Allerdings sind die Death-Metal-Elemente hier deutlich präsenter und lassen den Song dadurch äußerst brachial wirken. Das Tempo bleibt erneut am oberen Limit und lässt kaum Zeit zum Durchatmen.

Das anschließende „Holy Man’s Gallows Pole“ beginnt zwar ruhiger, donnert dann aber ebenfalls nach kurzer Zeit wieder schnell und direkt los. Auffällig in diesem Song ist das äußerst abwechslungsreiche und variable Drumming von Wim van der Valk. Auch die Saitenfraktion zeigt hier wunderbar, dass sie ihr Handwerk mehr als beherrschen. Zusammen mit den vielen Tempiwechsel und der daraus resultierenden Dynamik ist der Song ein Highlight der Platte.

„Dreadful Fate“ und „Hammering Rusty Nails“ können das Anfangsniveau erst einmal nicht mehr ganz halten. Während Ersterer durch seine einfachen, markanten Gitarrenriffs und den deutlichen 80er Thrash-Einflüssen etwas einfallslos wirkt, glänzt Zweiteres zwar durch das harte Drumming (der Name des Songs ist hier Programm), ist aber abgesehen davon etwas unspektakulär.

Dynamik ist das Zauberwort der Platte

Die zweite Hälfte des Albums beginnt mit einem Intro: Ein dramatischer Aufbau inklusive Schreie münden in einen Herr-der-Ringe-artigen Soundtrack, ehe ein klasse todesmetallisches Riff in den sechsten Track mit Namen „Northern Goliath – Death, A Black Rose“ startet. Wieder wechseln sich schnelle und weniger schnelle Passagen ab. Aber was den Song erst richtig aufwertet ist die SLAYEReske Note, die immer wieder durchscheint. So mausert sich der Song durch seine Abwechslung und Dynamik zum heimlichen Hit des Albums.

Das folgende „The Witching Time Of Night“ bedient sich dabei wieder typischer Merkmalen des Bandsounds ohne dabei besonders hervorzustechen. Auffällig sind lediglich die treibenden Drums, die den Song ebenfalls eine dynamische Note verpassen.

Generell ist pures Geknüppel kein Steckenpferd von INQUISITOR. Die Holländer sind stets bemüht ihre relativ kurzen Lieder durch viel Dynamik und mit jeweils einer anderen Akzentuierung hervorzuheben: Mal ist es ein prägnantes Riff, mal ein sehr variationsreiches Drumming oder die Vocals stehen im Vordergrund. So wie im keinen zwei Minuten langen „On A Black Red Blooded Cross“, wo Sänger Alex Wesdijk seine Stärken ausspielen kann.

Schlusspunkt des Album setzt „Hate, Misery, Torture & Dismay“. Erinnert das Bassspiel stellenweise an CANNIBAL CORPSE, so gefallen hier besonders die langsameren Parts, die einen leichten AUTOPSY-Vibe transportieren und so etwas aus dem Albumkontext hervorstechen. Aber auch sonst spielen INQUISITOR ihre Stärken hier wieder konsequent aus. Mit dem Schluss von Prokovjews „Tanz der Ritter“ endet schließlich das Lied und damit das Album.

Insgesamt ist „Stigmata Me, I’m In Misery“ eine runde Sache. Das Album lebt von seiner tollen Dynamik und der starken Instrumentalfraktion. Aber auch ein gelungenes Songwriting haben die vier Holländer bei all ihrem Können nicht vernachlässigt. So bleibt am Ende ein wirklich gutes Comeback-Album mit einigen wirklich starken Songs. Man merkt, dass die Band nach 22 Jahren wieder Blut geleckt hat. Bleibt nur zu hoffen, dass man im kommenden Jahr mit einigen Liveshows rechnen darf.

 

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10.01.2018

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