Schon der Blick auf das Cover machte mich recht stutzig und ich musste ein zweites Mal nachschauen, ob „The Transcendence“ wirklich gerade eben erst erschienen sein soll. Schließlich sieht das Quartett von HONEYMOON DISEASE tatsächlich so aus, als wäre es direkt in Woodstock von der Bühne gestiegen.
Wenn man die ebenfalls etwas verwirrenden einführenden 20 Sekunden des Openers „Higher“ überstanden hat, bekommt man jedoch genau die Sorte Musik zu hören, an die man unweigerlich beim Blick auf das Cover denkt – allerdings in einer etwas moderneren Rollenverteilung: Die beiden Frontfrauen „Jenna“ und „Acid“ singen in bester 60er- und 70er-Jahre-Manier, während die beiden männlichen Bandmitglieder ausnahmsweise mal „nur“ für die rhythmische Untermalung zuständig sind.
Beim Durchlauf des Albums drängen sich gleich mehrere Vergleiche auf: So klingen HONEYMOON DISEASE immer wieder mal nach den BEATLES (ganz besonders bei „You’re Too Late“), erinnern bisweilen an SANTANA – auch wenn die durchaus vorhandenen und zumeist guten Gitarrensoli („Stargazer“, „Breakup“) lange nicht an dessen Qualität heranreichen – sowie ab und zu auch an DEEP PURPLE und THIN LIZZY, welche in der offiziellen Pressemitteilung als Referenzen herangezogen werden. Wobei vor allem letztere in meinen Augen wohl wesentlich rockiger waren. An dieses Niveau reichen HONEYMOON DISEASE höchstens mit dem bereits 2014 als Single veröffentlichten „Fast Love“ sowie ein bis zwei weiteren Albumtracks heran.
Soundtechnisch klingt das Debüt der vier Göteborger entsprechend alt – was ja durchaus passt – und besticht immer wieder mal dadurch, dass die Songs sich nach dem anhören, was der Titel verspricht. So groovt beispielsweise „Bellevue Groove“ stattlich und „Gotta Move“ verpasst einem quasi automatische Zuckungen. Und auch der Rausschmeißer „Keep Me Spinning“ überrascht: Wenn man nämlich nicht gleich auf Stop drückt, sondern die Scheibe am Drehen hält, liefern HONEYMOON DISEASE noch einen kurzen „Hidden Track“, in dem Klavier und Gitarre sich ein kleines und abschließendes Stelldichein geben.
Retro mag grad wieder „in“ sein, und die vier Schweden fahren sowohl optisch als auch musikalisch im vorderen Abteil dieses Zuges mit. Klingt mir persönlich das komplette Album von HONEYMOON DISEASE zu ähnlich, dürfte es Fans des Genres mindestens genauso gut gefallen wie Seifenblasen, Sonnenbrillen und knallbunte Tücher. Somit passt „The Transcendence“ bestens auf jede 60er-/70er-Jahre-Retro-Rockparty, läuft jedoch Gefahr, zwischen den großen Stars der damaligen Zeit einfach unterzugehen, da lediglich die beiden Front-Amazonen ein gewisses Alleinstellungsmerkmal darstellen.
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