Antichrist (SWE) - Sinful Birth

Review

Der schwedische ANTICHRIST kehrt zurück. „Sinful Birth“ macht nach langem Warten kurzen Prozess, verdeutlicht: Glücksspiel ist Teufelszeug und ANTICHRIST sind neben POSSESSOR, DEATHHAMMER und RANGER eins der vier Asse am schmuddeligen Tisch im Hinterhof-Casino des ungezügelten Speed und Thrash Metal. Mit ihrem neuen Werk stieren die Herren um „Sänger“ Sunesson den anderen drei großen der jungen Generation an Röhrenbuchsen-Riesen angriffslustig in die geweiteten Augen – und zwar absolut auf gleicher Höhe.

„Sinful Birth“ ist acting like a maniac auf ganz hohem Niveau

Was ANTICHRIST nach sechs Jahren mit „Sinful Birth“ veranstalten, ist acting like a maniac auf ganz hohem Niveau. Sunesson stößt zwischen zwei jaulend-kreischenden Überschlägen der eigenen Stimme stakkato-artig und völlig over the top zentrale Fachbegriffe des Genres nicht nur hervor, sondern gleich ganz über die Klippe der geistigen Unversehrtheit: Torture, Mutilation, Aaarghh. Eine Schippe Beklopptheit ist da tatsächlich noch draufgelegt worden.
Der Rest der Gang prügelt sich dazu etwas (etwas!) geschliffener als auf dem sehr charmant rumpelnden und krachenden Debüt „Forbidden World“ und noch einmal deutlich rasanter (Ausnahme: das 10-Minuten-Instrumental „Chernobyl 1986“) durch die neuen Stücke. Die Riff-Kanonade in Überschallgeschwindigkeit ist dabei technisch gar nicht so ohne. „Sinful Birth“ lässt die Gitarren aber so demonstrativ alles Sinnlose aus dem Weg schreddern, lässt alle Instrumente Vollzeit dermaßen rücksichtslos attackieren, dass gar keine Zeit bleibt, hier irgendwelche abseitigen Gedanken zu entwickeln. Bezüglich musikalischen Erwachsenwerdens oder ähnlicher Grausamkeiten. Hier regieren Killerniete und Schaum vor dem Mund, „Sinful Birth“ klingt wie SLAYER als Jungspunde auf Selbstgebranntem.

Wie stehen ANTICHRIST also zu den Big Four?

Werden ANTICHRIST also die Anführer einer Neuauflage der Big Four des Thrash? Freunde des Wahnsinns, diese Frage stellt sich natürlich nicht. Wer hier irgendwelche Hits im herkömmlichen Sinne sucht, Ohrwurm-Refrains und Riffs für den Soundtrack zum Wrestling oder zur Konsole, der geht sehr verdient leer aus. Zwar vereint zum Beispiel „The Black Pharaoh“ als Mittelpunkt des Albums alles Gute des Antichristen exemplarisch zu einer kochend heißen, dunklen Adrenalin-Hymne.
Bei ANTICHRIST und ihren unheiligen Seelenverwandten wird allerdings nur – was heißt hier aber „nur“? – fündig, wer ’ne Dreiviertelstunde am Stück in die Moshpit-Zentrifuge will. Damit er (oder sie) sich hinterher euphorisch fragen kann, wessen Zahn da in der eigenen Kniescheibe steckt, ob der neue Scheitel tatsächlich so abgefahren bleibt und warum das Herz eigentlich gar nicht mehr aufhören will zu rasen. Acting like a maniac eben.

09.06.2017

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