Kennt ihr das Gefühl, wenn man sich auf eine schöne klassische Salami-Champignon-Pizza freut, lecker heiß und mit knusprigem Käse, wenn man dann das Stück in die Hand nimmt, reinbeißt… und sich die Backenzähne an einem lauwarmen rostigen Nagel ausbeißt?
Ich kenne das Gefühl jedenfalls nicht. Es wäre ja auch zu schräg, wenn, und so ereignisreich ist mein Leben dann auch wieder nicht. Aber so etwa dieses Erleben wollen ABORYM offenbar mit ihrer neuen Platte „Dirty“ vermitteln. Das kommt auch irgendwie bei mir an, aber vermutlich anders als geplant. Die 50 Minuten Mix aus sterilem Black Metal, Industrial, Dark Wave und Elektro sollen verstörend und kaputt wirken, mit den tiefgestimmten Siebensaitern, dem sterilen Schlagzeugsound, dem durch das Distortionpedal gejagten Gesang, den dumpf verzerrten Beats und pseudoschockenden Titeln wie „Raped By Daddy“ oder „The Factory of Death“. Genau das kommt aber nicht an, denn „Dirty“ macht einen vergleichsweise ziemlich stubenreinen Eindruck. Da ist der Black Metal-lastige Opener „Irreversible Crisis“ mit der einprägsamen Zeile „this world wants to fuck you“ noch einer der böseren Tracks. Im Verlauf der Platte erinnern ABORYM mitunter eher an DEPECHE MODE als an MYSTICUM („Across The Universe“), greifen im Titelsong KOVENANTs „Aera Galactica“ vor oder langweilen mit lahmen Akkordfolgen und minutenlangem Gestöhne.
Zwischenzeitlich erreicht „Dirty“ wirklich eine bedrohliche, menschenfeindliche Stimmung und schwingt sich zu einigen Hinhör-Riffs auf. Wann immer das passiert, lauert allerdings hinter der nächsten Ecke irgendeine mies umgesetzte Überraschung. Vorzugsweise ist das irgendetwas, was mit dem cleanen Gesang zu tun hat. Der ist gar nicht mal so übel, passt aber überhaupt nicht ins Bild und verstärkt so das Gefühl, dass sich ABORYM nicht so recht entscheiden konnten, ob sie ihren Hörern Pizza oder Nägel anbieten möchten. Beides zusammen, das können wir uns ja alle denken, funktioniert irgendwie nicht so recht.
Ganz meine Meinung. Was für eine langweilige Platte. Von irgendgearteter Härte oder industrieller Rauheit kaum was zu merken. Stattdessen diese (ob für sich genommen oder im Zusammenhang) nur minder interessanten Clean-Passagen. „Aber wir wären doch sooo gern sooo extrem!“ Nö, kompromisslos oder wirklich harsch (oder „dreckig“) hört sich anders an…
Find das ja immer wieder traurig, dass von dem auf dem Papier so schön und logisch aussenden Konzept „Industrial + Black Metal“ in der Realität nur eine handvoll Alben wirklich interessant (oder zumindest stringent) sind.
Aber seis drum… cheers.