Die Kammer
Die Kammer und Delva in Dresden
Konzertbericht
Wenn kurz vor Beginn eines Konzertabends der Saal noch nicht einmal halb gefüllt ist, macht sich wohl jeder Konzertbesucher so seine Gedanken, woran das liegen könnte. Wer DIE KAMMER also noch nie live gesehen hat, könnte demnach falsche Schlüsse über die Live-Qualitäten der Kapelle ziehen. Dass diese Vermutungen absolut haltlos sind, werden DIE KAMMER an diesem Abend im Dresdner Puschkin noch beweisen.
Doch zunächst betraten die Münchener von DELVA die Bühne. Hierbei handelt es sich um eine noch junge Band, die bis dato wohl den wenigsten Konzertbesuchern ein Begriff gewesen sein dürfte. Dies sollte sich aber im Laufe der folgenden halben Stunde ändern, denn die drei Musiker legen mit ihrer Mischung aus dunkelromantischem Folk, Klassik und Singer/Songwriter einen derart starken Auftritt hin, dass man sich fragt, weswegen diese Band noch nicht bekannt geworden ist. Sängerin Johanna Krins überzeugt sowohl mit ihrer kräftigen Stimme als auch mit den aus ihrer Feder stammenden Texten von DELVA. Auch die Musiker Judith Krins (Geige) und Michael Löew (Gitarre, Banjo) verstehen ihr Handwerk mehr als gut und ziehen so das Publikum in ihren Bann. Neben eigenen Songs aus der aktuellen EP “Delva“ wie „Gestrandet“ oder “Schwarz & Weiß“ enthält das Set auch zwei traditionelle irische Stücke. Der kaum enden wollende Applaus, den die Band am Ende ihres Konzertes ernten, ist somit mehr als verdient. DELVA sind 2016 noch auf dem Feuertal-Festival und dem Tanzt!-Festival live zu erleben und eine absolute Empfehlung.
Der Headliner des Abends ließ im Anschluss nicht mehr lang auf sich warten: DIE KAMMER betraten mit den Klängen des Titelstücks ihres jüngsten Album “Solace In Insanity“ die Bühne. Etwas sonderbar war dies schon, da besagter Titel eher ruhig und atmosphärisch wirkte und damit keinen klassischen Opener verkörpert. Nichtsdestotrotz wurde schon bei diesen ersten Tönen eine enorme Spielfreude der Musiker sichtbar, die sich im Folgenden bei Tracks wie “The Drunk Welshman“ oder “The Line Of Last Resistance“ auch immer mehr auf das Publikum ausbreitete. DIE KAMMER lud dabei sowohl zum Träumen als auch zum Tanzen ein, was ein Konzert dieser Band besonders lohnenswert macht. Unterstützen wurden sie dabei ersatzweise von einem dreadlocklosen Benni Cellini von LETZTE INSTANZ am Cello, der hier in heimischen Gefilden besonders viel Beifall ernten konnte.
Die meisten Songs des Abends stammten vom aktuellen dritten Album. Dabei kristallisierte sich vor allem “Gingerbread Heart“ als Live-Höhepunkt heraus. Besonders emotional wurde es mit “The Way You Are“, das auf “Solace In Insanity“ weniger eindrucksvoll erschien, live jedoch zum Highlight avancierte, da DELVA-Sängerin Johanna dem Song eine ergreifende melancholische Note verlieh. Klassiker wie “Slipping Around The Corner“ durften im weiteren Verlauf selbstverständlich auch nicht fehlen. Marcus Testroy und Matthias Ambré führten dabei gut gelaunt und äußerst unterhaltsam durch den Abend, der somit nicht nur auf musikalischer Ebene vollends überzeugte.
Nachdem mit dem grandiosen “Sinister Sister“ das reguläre Set beendet wurde, war allen Beteiligten klar, dass es das nicht gewesen sein kann. So gab es mit Songs wie “Sedlaczek“ oder “Black As Coal“ (wieder im Duett mit DELVA) eine enorm abwechslungsreiche Zugabe, die den Konzertabend wunderschön abrundete.
Der Sound war für das Puschkin überraschend klar, die Beleuchtung jedoch teilweise ungünstig für Fotoaufnahmen. Darüber hinaus stören im Puschkin immer wieder die direkt vor der Bühne angebrachten Säulen, die es den Fans stets unmöglich machten, die komplette Band auf einmal zu sehen. Besonders Marcus Testroy war direkt neben einer solchen Säule platziert, sodass für viele Zuschauer ein ungünstiger Blickwinkel entstand.
Für künftige Auftritte bleibt es der KAMMER nur zu wünschen, ein paar Karten mehr zu verlaufen. Verdient hätten sie es allemal, da sie bereits ein knapp halbvolles Puschkin zum gemeinschaftlichen Durchdrehen verführen konnten.
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