Shining / Skitliv
Shining / Skitliv

Interview

Berlin, 6. Dezember 2007. An diesem Abend spielen SHINING im K17 (siehe Konzert-Bericht). SHINING, das ist eine Band, über deren aktuelles Album Wolf-Rüdiger Mühlmann im Rock Hard wenig feingeistig schrieb: „Zuerst mal in aller Deutlichkeit: Wer brutale körperliche Gewalt auf Konzerten ausübt, wer Minderjährige zu Selbstverstümmelung auffordert, ihnen gar gebrauchte Rasierklingen zum Ritzen reicht, wer pure Lebensverachtung propagiert und diese zum einzigen Inhalt seiner Kunst macht, ist nicht cool, schräg oder evil, sondern ein missratenes Stück Scheiße mit Arschlochcharakter. Musikalisch allerdings entheben sich Bandchef Quakfrosch und seine Mitidioten aller Kritiken…“ Eine Band also, die offenbar so cool, schräg und evil ist, dass man sie nicht ignorieren kann. Ein Band, die menschenverachtende Untergrundmusik spielt. Eine Band, die immer schon gute Alben veröffentlichte und sich zumindest mit ihren letzten beiden (“IV – The Eerie Cold“, “V – Halmstad“) von Standard-Black-Metal ähnlich weit entfernt hat wie OPETH von einer durchschnittlichen Death-Metal-Kapelle. Wo liegt also das Problem – ein bisschen Misanthropie schadet doch nie?

Shining / SkitlivSHINING-Gründer und –Sänger Kvarforth (Niklas Olsson, 07.12.1983) ist etwas abgedrehter als der übliche Corpsepaint-Musikant. Seine Arme sind mit Narben überzogen, Interviews drehen sich oft um Depression und Selbstmord, auf den Fingern seiner rechten Hand ist „COLD“ tätowiert, auf seiner linken Hand steht „VOID“, „drei leere Worte“ auf dem Oberkörper („I love you“). Dazu gesellen sich diverse Exzesse (Rasierklingen, Alkohol…), inklusive daraus resultierender Gerüchte und Halbwahrheiten. Die meisten Leute überfliegen diverse E-Mail-Interviews und wer nicht jung und auf der Suche nach einem Anti-Helden ist, hat sich seine Meinung trotzdem schnell gebildet (siehe oben). Für viele ist Kvarforth also ein flacher, humorloser, dummer, kranker Psychopath, dessen Worte und Taten todernst gemeint sind, einfach zu weit gehen oder aber größtenteils pure, lächerliche Werbemaßnahmen sind. Da passt es ins Bild, dass er neuerdings die Gitarre für SKITLIV schwingt. SKITLIV, das ist die aktuelle Band von Maniac (Sven Erik Kristiansen, 19.02.1967), dem ehemaligen MAYHEM-Sänger, der einen ähnlichen Ruf genießt. Ein erstes Album soll in nächster Zeit erscheinen.

Auch SKITLIV spielen an diesem Abend. Beim französischen Promoter der Plattenfirma von SHINING habe ich Interview-Interesse angemeldet. Man könne für nichts garantieren, lautete die Antwort. Band-Manager Conny kann einige Stunden vor dem Konzert ebenfalls nichts Genaues sagen: „Niklas fühlt sich in den letzten Tagen nicht gut. Mit Maniac willst du auch reden? Ich frage sie mal…“ Hm, warum will ich das eigentlich machen? Neugier, die letzte SHINING war klasse, gehört zu meinen Favoriten 2007, die ersten SKITLIV-Songs klingen auch interessant, bisher kein direktes Gespräch gelesen und in der Regel nur diese eher eindimensionale Sichtweise… Nervenkitzel ist natürlich auch dabei, wenn man das Image im Hinterkopf hat. Das Konzert beginnt mit SKITLIV. Danach ruft Conny an. Es klappt. Wir treffen uns im Tourbus, in dem die grüne Standbeleuchtung nur schwach leuchtet. Mir gegenüber sitzen die Saitenverantwortlichen von SHINING, die die Lampenfunktion ihres Handys zur Verfügung stellen, damit ich den Zettel mit den Fragen lesen kann. Auf der anderen Seite sitzen Niklas und Maniac. Am Spirituosenvorrat (auf der Bühne gab’s Jack Daniel’s, Jägermeister…) bedienen sie sich auch während der folgenden halben Stunde. Maniac streckt sich über zwei Sitze aus und ist merklich angesäuselt. Blondierte Stachelfrisur, rosa Comic-Jäckchen und rote Chucks – er muss nichts beweisen und hat seinen Spaß. Niklas ist ernsthafter, bringt am Anfang zwei plaudernde Musiker mit einem Blick zum Verstummen, spricht mit ruhiger, tiefer Stimme, sucht Augenkontakt und pendelt durchaus charismatisch zwischen Sachlichkeit und Provokation. Und es ist ihm wichtig, dass seine Band aufs abschließende Foto kommt (Maniac wurde beim Konzert abgelichtet).

Bis jetzt ist relativ wenig über SKITLIV bekannt. Wie habt ihr euch getroffen und wann kam der Punkt, an dem ihr euch zur Zusammenarbeit entschieden habt?

Niklas: Als ich und Maniac uns die ersten beiden Male trafen, haben wir uns hauptsächlich bekämpft. Damals spielte Hellhammer noch in SHINING und ich hasste MAYHEM. Wir hatten ziemlich ernste Probleme, ein paar Mal wären wir fast handgreiflich gegeneinander geworden. Das erste Mal haben wir uns in Stockholm getroffen, als MAYHEM dort spielten – oder Gayhem, was immer du vorziehst – und er noch der Sänger war…als er berühmt war. (Maniac gluckst vergnügt) Wir hatten eine wirklich schlechte Beziehung. Aber dann gingen ich und Attila (aktueller MAYHEM-Sänger) ein paar Drinks in Oslo kippen, nachdem ich dorthin gezogen war, und er musste sich mit diesem Kerl hier treffen. Mit einem Mal gingen wir gemeinsam auf eine Party. Seit dem Tag sind wir zusammen.

Gab es dein SKITLIV-Tattoo vor der Band oder wurde die Band nach dem Tattoo benannt?

Niklas: Ich hatte das Tattoo schon vorher.

Maniac: Aber die Band wurde nicht danach benannt. Das war eigentlich Zufall.

Tätowiert ihr euch selbst oder lasst ihr das von Profis machen?

Maniac: Wir sind Profis! Wir haben uns auch schon gegenseitig tätowiert.

Was bedeutet SKITLIV, worum geht es?

Maniac: (auf Deutsch) Scheißleben!

Niklas: Eigentlich geht es darum, Bands wie HELLSAW (die dritte Band im Tour-Paket) zu zerstören.

Maniac: Hehehe, wir sind keine Fans von diesen ganzen jungen Black-Metal-Bands. Also spielen wir einfach auf unsere Art. Und wir pissen die Leute gerne an. Ich denke, wir haben mit SKITLIV angefangen, weil ich und Niklas Leute anpissen müssen.

Niklas: Es ist wirklich seltsam. SKITLIV ist weit jenseits dessen, was ich je gedacht habe; als er mich einlud und ich mich daran beteiligte, war das tatsächlich wie ein Segen, denn SHINING ist jetzt eine Band und wir schreiben zusammen Musik, aber in der Vergangenheit habe ich das immer alleine gemacht. Für mich ist das also eine vollkommen neue Sache.

SHINING und SKITLIV sind also nicht eure Egotrips, sondern Bands.

Maniac: Ja, natürlich. Er und ich leben in derselben Wohnung, also machen wir ständig Musik. Bedauerlicherweise leben SHINING ansonsten noch in Schweden, weil sie immer noch abgefuckt und bescheuert sind.

Gråby (Gitarrist): Natürlich, das müssen wir sein.

Ein paar erste SKITLIV-Aufnahmen wurden zur Tour unter dem Titel “Kristiansen And Kvarforth Swim In The Sea Of Equilibrium While Waiting…“ veröffentlicht. Worauf wartet ihr?

Maniac: Wir warten eigentlich darauf, dass der Rest von euch stirbt, hehehe.

Was hat es mit diesen christlichen Andeutungen auf sich? Auf eurer Myspace-Seite (skitliv777) werden Gott und Satan als Band-Mitglieder genannt, es folgt die Frage: „Bin ich Dämon oder Christ…“ und die Intros wurden von CURRENT 93 verfasst. Deren Gründer David Tibet, ein ehemaliges PSYCHIC-TV-Mitglied, verweist ebenfalls auf christliche Einflüsse.

Maniac: Ich bin halt ein bisschen schizophren. Ich liebe die harte Tour des Christentums, die unglaublich abgefuckt ist. David Tibet ist einer meiner besten Freunde und er ist so, hm… Ich bin weder Christ noch Satanist, sondern irgendwas dazwischen – und ich denke, dass ich eigentlich Gott bin. (gluckst erneut vergnügt) Manchmal bin ich Gott…

Niklas: Und ich bin Jesus.

Maniac: …und manchmal ist Kvarforth Gott. Wir wechseln uns ab, hehe. Ich muss mich nicht um andere Menschen kümmern, nur manchmal um ihn.

Niklas: Weil ich kleiner Junge bin.

Maniac: Ich hasse alle gleichermaßen. Es kümmert mich nicht, wenn Leute meine Musik nicht mögen. Und ihn kümmert es auch nicht.

Niklas: Doch, es verletzt mich innerlich. (Maniac verpasst ihm einen Schlag auf den Hinterkopf) Autsch! Siehst du, er korrigiert mich.

PSYCHIC TV kommen aus dem Industrial-Bereich, während eure Musik Metal zugeordnet wird. Dabei durchzieht euer ganzes Auftreten ein selbstzerstörerischer, radikaler Anteil, der zumindest mich oft eher an die Industrial-Szene denken lässt.

Maniac: Ja, natürlich. Ich würde das liebend gerne tun. Ich meine, mein ideales Publikum ist eine verdammte Bande von Leuten, die keinen Black Metal hören. Mein ideales Publikum sind scheißviele Leute, abgedreht auf fucking LSD, die gleichzeitig Speed einschmeißen und fucking Industrial-Scheiß hören – oder sich verdammt noch mal selbst töten. (grinst)

Einige Industrial-Künstler sind in Kunstgalerien aufgetreten, haben dort Scheiße gefressen, anschließend ihre Kotze…

Maniac: Yeah.

Niklas: Macht Nattefrost auch, aber er will nur provozieren. (Der CARPATHAIN-FOREST-Sänger veröffentlichte beispielsweise ein Solo-Album mit gewissen “Zwischenspielen“ und zeigte auf Fotos eine Vorliebe für Fäkalien.)

…und Menstruationsblut. Da wundere ich mich, dass sich dagegen manche Metal-Fans schon über eure vergleichsweise normalen Auftritte aufregen.

Maniac: Ich fände es eigentlich gut, wenn Niklas auf der Bühne kacken würde – er hat das zwei Tage im Bus getan! (bricht in Gelächter aus)

Niklas: Oops! I did it again. Man muss etwas Wichtiges verstehen, wenn es um SKITLIV und auch SHINING geht: Ich meine, guck dir beispielsweise diese Leute an: Das ist mein Skinhead-Gitarrist Gråby und daneben sitzt mein funky Bassist. Sehen wir aus wie Black-Metal-Leute? Das ist der Witz. Es gibt einen großen Unterschied, wenn man uns und die ganzen anderen Mongoloiden anschaut, die diese Scheißmusik spielen. Wir kommen aus Skandinavien. Wir haben Black Metal verdammt noch mal in Skandinavien erfunden. Menschen außerhalb Skandinaviens haben meiner Meinung nach keine Ahnung, was Black Metal ist. Black Metal war ein Phänomen für 17-18 Jahre alte Kids, das Leute in Europa weitergeführt haben. Und das nervt. Und wir müssen das aufhalten – heute! Deshalb sind wir in Berlin, um etwas wieder aufzubauen…

Maniac: Wir bauen die Berliner Mauer wieder auf. Und wir spielen Nicht-Musik für Nicht-Menschen in einer verdammten Nicht-Welt. („And we’re playing non-music for non-people in a non-fucking-world.“)

Niklas deutete gerade an, dass ihr alle einen anderen Hintergrund habt. Ist es für den Rest von euch manchmal hart, die extremen Launen der beiden auszuhalten?

Gråby: Immer! (schmunzeln)

Eine Leserfrage: Warum gibt es die “Halmstad“-Texte nicht in englischer Übersetzung? Du hast in anderen Interviews geantwortet, dass etwas verloren ginge. Aber es gab doch schon mal auf anderen Alben…

Niklas: Ich habe die Lyrics beim zweiten, vierten und fünften Album nicht übersetzt. Sie zu übersetzen, würde einfach den Zusammenhang komplett zerstören. Ich denke darüber nach, auf den Alben zu erklären, worum es geht und in welcher Verfassung die Texte geschrieben wurden.

Maniac: Erzähl ihm die Geschichte mit der Bushaltestelle.

Niklas: Da kam dieser Typ mit einem großen SHINING-Tattoo und er hatte dieses Ding, das “Livets Ändhallplats“ (Titel des zweiten SHINING-Albums) genannt wird. Es wäre absolut unmöglich, den Titel dieses Albums ins Englische zu übersetzen, ohne dabei zu klingen wie: „Wir sind aus Berlin und wir spielen in einer schwulen Black-Metal-Band und wir haben diesen schwulen Album-Titel.“ An Schwulen gibt es nichts auszusetzen – ich hoffe, du bist schwul -, aber jedenfalls heißt „livet“ ungefähr „Leben“ und „ändhallplats“ im Grunde „the final bus station“ (Endhaltestelle, Endstation).

Maniac: Das absolute Ende des Lebens.

Niklas: Ja, das klingt wirklich gut auf Schwedisch und vermutlich auch auf Deutsch, denn diese Sprachen haben einen wesentlich breiteren Wortschatz. Jedenfalls kam dieser Typ zu mir und ich fragte ihn: „Weißt du, was das bedeutet?“ Und er antwortete: „Ja, es ist wie das Ende des Lebens, aber mit Bushaltestelle…“ Okay, dafür zerstörst du also deinen Körper. Gott sei Dank für Niklas Kvarforth!

Maniac: (lacht) Ich liebe dich. (umarmt ihn)

Einer unserer Autoren hat SHINING auf dem Hells Pleasure gesehen. Er war erstaunt, als ihr dort die Atmosphäre sofort wiederherstellen konntet, nachdem die Elektrizität fast eine halbe Stunde lang ausgefallen war.

Niklas: Auf der Bühne kommt das Schlimmste in mir zum Vorschein. Wenn es dann eine Unterbrechung gibt, kann ich mich einfach hinlegen und mir in den Magen schlagen.

Maniac: (murmelt) Oder du fickst mich.

Niklas: Ja, genau. Das unterscheidet, schätze ich, den wahren Künstler von einem mongoloiden Black-Metal-Kerl.

Maniac: Was guckst du mich an? Hahahahaha…

Was hältst du von den „Niklas!“- und „Kvarforth!“-Rufen, die es heute auch während der SKITLIV-Show gab? Übrigens existiert sogar ein Profil in deinem Namen bei StudiVZ, einer Art Myspace-Internet-Plattform für Studenten.

Maniac: Oh, verdammt wundervoll!!! Ich liebe es!! (bricht wieder in Gelächter aus)

Niklas: Hassen mich die Leute?

Nein. Ich denke, viele Nutzer wollen dort mit dir befreundet sein und einige glauben vielleicht tatsächlich, dass das dein Account ist.

Niklas: Das ist ätzend. Junge Menschen sind sehr leicht beeinflussbar. Ich kann junge Menschen, besonders junge Mädchen mit ihren verdammt feuchten Muschis, dazu bringen, alles zu tun, was zum Teufel auch immer ich will.

Maniac: Trockene Muschis sind viel besser.

Niklas: Klar, wenn du in der Wüste lebst. Die Sache ist folgende: Ich habe auf der Straße gelebt, momentan habe ich kein Internet und es kümmert mich nicht. Ich meine, ich habe mal meinen Namen im Internet gesucht und fast eine Herzattacke bekommen. Kvarforth hat dieses getan, Kvarforth hat jenes gemacht, blablabla… Das Gleiche bei Maniac. Es ist albern. Kvarforth hat eine Beziehung mit Conny, seinem Manager – das ist wahr, aber das darfst du den Deutschen nicht sagen, weil ich weiß, dass sie ziemlich paranoid sind, also…

Zumindest mit SHINING willst du die Leute deprimieren, aber viele sind nach einem Konzert beeindruckt oder glücklich. Ein Widerspruch?

Niklas: Nein. Wir haben zwei Sorten von Fans. Die einen hören SHINING, finden es cool und erkennen sich selbst darin wieder, weil sie eine schlechte Erziehung hatten, von Papi in den Arsch gefickt wurden oder was auch immer. Oder wir haben diese Leute, die es in allen Subkulturen gibt – diese ganzen Mongoliden, die nach ihrer Identität suchen: „Wenn ich ein MAYHEM-Logo auf meine schwarze Lederjacke male, werde ich 10.000 Freunde bei Myspace kriegen.“ (Maniac lacht) Und das ist tatsächlich wahr und wirklich bedauerlich. Aber ich tadle dafür niemanden, solange sie meine Platten kaufen – unsere Platten, wir sind jetzt eine Band.

Gibt es für euch irgendwelche Grenzen vor oder hinter der Bühne?

Maniac: Nein.

Niklas: Guck dir doch diesen Typen an. Als er noch bei Gayhem gespielt hat, hat er sich verdammt noch mal durch seine Brustwarze geschnitten. Verfluchter Idiot…

Aber ich habe beispielsweise gelesen, dass Maniac Kinder hat. Versucht ihr also, die Sache auf einem halbwegs normalen Niveau zu belassen? Ich meine, vielleicht fragen ihn seine Kinder eines Tages nach der Swastika-Sache in Halmstad (Maniac hatte sich vor dem Auftritt ein Hakenkreuz in die Stirn geritzt)…

Niklas: Seine Kinder sind keine Deutschen.

Maniac: Ich habe mein ganzes verficktes Leben für Musik geopfert. Ich habe also keinen Kontakt mehr zu meinen Kindern und es kümmert mich eigentlich auch nicht mehr.

Steht ihr jetzt vor dem Problem, wie ihr die hohen Erwartungen, die zum Beispiel durch den Halmstad-Gig entstanden sind, erfüllen oder übertreffen könnt?

Niklas: Das waren alles die Medien – Leute wie du -, die diesen verdammten… Lass mich… Ich will das wirklich erwähnen, weil ihr eine deutsche, recht angesehene Publikation seid, richtig?

Na ja, recht groß auf jeden Fall…

Niklas: Es gibt da ein deutsches Magazin, genannt Rock Hard.

Ja.

Niklas: Zunächst einmal: Fuck Rock Hard! Das Rock-Hard-Magazin hat uns komplett gefickt, indem es versuchte, uns aus Deutschland zu verbannen. Okay, wir können unsere verdammten Platten offensichtlich nicht mehr in Plattenläden verkaufen (der Vertriebsdeal ging durch die Geschichte wohl flöten), aber wir können immer noch hier spielen. Also waren sie eigentlich nicht erfolgreich, weil wir immer noch einen Weg in die Schlafzimmer eurer Teenager und Kinder finden und sie infizieren.

Maniac: (murmelt) Es tut mir Leid. Das Hakenkreuz tut mir Leid. (glucksen)

Niklas: Sie haben ein Review über den Halmstad-Gig geschrieben, aber sie waren nicht mal da. Aber wenn eine Medienbombe platzt, wollen alle davon profitieren. Dabei haben wir Gigs gespielt, die zehnmal schlimmer waren. Scheiß auf die Medien, fickt euch, fuck Rock Hard, fuck Legacy, fuck everyone! Ich verstehe, dass man viel verkauft, dass es für die Leute verdammt interessant ist, etwas über Katastrophen und dieses ganze Zeug zu lesen, aber letztendlich hat es mich ziemlich beeinträchtigt und ich habe dadurch viele Probleme gehabt. Ich meine, das ist in Ordnung für mich – noch werde ich niemanden von euch töten, weil ich nicht die Macht habe, den Knopf zu drücken -, aber die Medien übertreiben alles.

Habt ihr manchmal das Gefühl, dass es noch schockierender oder verstörender für die Leute wäre, wenn ihr rauskommen, Akustik-Zeug spielen, nur alle Jungs küssen und als Cover-Version vielleicht ’Auschwitz Was Made For Lovin’ You’ anstimmen würdet?

Niklas: Nun, ich kann dir das hier geben… (Niklas und Maniac beugen sich über den Tisch, nehmen das Gesicht ihres Gegenübers in die Hände und geben sich sichtbar einen Zungenkuss.) Das sind verdammte Mediennachrichten für dich. Und ich kann dir auch sagen, dass ich nicht auf die Bühne gehe, um Leute zu schocken.

Moment. Sie haben sich mit Zunge geküsst. Nur für mich zur Erinnerung…

Niklas: Ja, du kannst dir später einen wichsen.

Richtig, hahaha.

Niklas: Natürlich. Wir sind eine Band. Wir führen Musik auf. Wir führen keinen Skandal auf. Weißt du, was ich meine? Wir sind verdammt normale Leute (grinsen), äh (glucksen), fast normale Leute. (glucksen stark) Wir sind zumindest normal, wenn du uns mit Deutschen vergleichst. (glucksen immer noch stark) Ich versuche zu sagen, dass ich nicht raus auf die Bühne gehe, Rasierklingen in meiner Tasche habe und denke: „Ja, ich werde mich heute Nacht schneiden, damit wir einen neuen Skandal im Rock Hard, im Terrorizer oder auf Metal.de haben.“ Leute, die das tun, sollten verdammt noch mal zerhackt werden.

Wie seid ihr zu diesen, sagen wir, etwas ungewöhnlichen Charakteren geworden? Eine schlechte Kindheit gehabt, zu viel nachgedacht, zu viel düstere Literatur…?

Maniac: Verdammte Deutsche…

Niklas: Spiderman-Comics!

Nicht jeder mit Problemen wird schließlich Kvarforth und Maniac.

Niklas: Er ist länger dabei als ich, also lass ihn deine Frage beantworten! Ich wurde von meinem Dad gefickt. Was hat dir deiner angetan? (Maniac kann vor Lachen nicht antworten)

Maniac: Okay, lass uns ihm etwas zeigen… (Er und Niklas präsentieren ihre Unterschenkel, auf denen jeweils der Name des anderen tätowiert ist.) Grundsätzlich sind wir seit unserer Kindheit im Arsch, aber…

Niklas: …man kann niemanden dafür verantwortlich machen.

Maniac: Nein, ich mache niemanden dafür verantwortlich – höchstens allgemein die Welt oder die Menschen.

Lasst uns noch mal über diesen Widerspruch sprechen: SHINING wird nachgesagt, sehr deprimierend zu sein, zumindest “V – Halmstad“ klang aber auch irgendwie warm und einladend und SKITLIV haben diesen coolen BLACK-SABBATH-Vibe…

Niklas: Also wurdest du auch von deinem Vater in den Arsch gefickt?

Nein – zumindest nicht, dass ich wüsste.

Niklas: Du verdrängst das vermutlich. Die Leute tun das gewöhnlich. Aber das ist okay.

Maniac: Musik wird beeinflusst von…

Denkst du, deswegen sitze ich hier?

Niklas: Nein, ich denke, du hattest eine ziemlich gestörte Kindheit. Ich meine, ich schaue dich an und du siehst nicht besonders reizvoll aus.

Maniac: Hahahaha…

Das liegt aber nur an den langen Haaren.

Niklas: Schneid dir deine Haare und besorg dir einen Job. Ernsthaft, du bist ein Ausgestoßener wie wahrscheinlich die meisten, die zu dieser Musik kommen. Warum würdest du dich sonst für extreme Musik interessieren?

Weil “normale“ Musik langweilig ist. Sie klingt oft…

Niklas: Das ist sie nicht! Hast du das letzte RIHANNA-Album gehört? Oder das letzte CHRISTINA-AGUILERA-Album? (verziehe skeptisch mein Gesicht) Wenn du denkst, dass das schlecht ist, hast du schlechten Geschmack.

Maniac: (singt) „Under my umbrella, ella, ella…”

Ach komm, ich stimme dir zu, was DIDO betrifft. Ich habe gelesen, dass du ihre Musik magst, aber…

Niklas: Hm, ich mag nicht…ach, das war so bescheuert! Da kommen besonders diese ganzen Deutschen an: „Er hört DIDO, das ist aber nicht sehr Black Metal, oder?“ Verdammt noch mal, DIDO hat vermutlich weitaus mehr negative Gefühle ausgelöst, als all diese…wie heißen sie noch mal?! Verstehst du, was ich meine? Dunkelheit gibt es in jeder Art von Musik…

Ja, natürlich.

Niklas: …und ich will diesen Teil herausziehen. Wir machen jetzt Musik, die von jeder Art Musik inspiriert wurde und die jedes Abenteuer verbinden soll, auf das du gehen willst – selbst, wenn es auf Mallorca liegt. Verstehst du meinen Standpunkt?

Ich denke, ich muss mir das noch mal anhören. (Den Gedankensprung RIHANNA-SHINING-Abenteuer-auf-Mallorca halte ich rückblickend immer noch für gewagt…)

Ist Underground-Musik nicht ein ziemlich schwacher Weg, wenn man Schmerzen verbreiten will? In der ganzen Welt finden Vergewaltigungen, systematische Folter und Morde statt. Du hättest vielleicht eher Diktator, Geschäftsmann oder zumindest Pilot – große Flugzeuge für große Häuser – werden sollen.

Niklas: West-Coast-Black-Metal, weißt du? Ich habe nicht mit Black Metal angefangen, weil ich keine Freunde hatte, sondern ich hatte selbst einen ziemlich gewalttätigen Hintergrund – was mich von diesen restlichen Black-Metal-Mongoloiden unterscheidet.

Maniac: Ich habe meinen Vater erschossen.

Niklas, du hast gesagt: „Du und deine Familie werden auf der Bühne vergewaltigt und hingerichtet.“ Das war deine Antwort im letzten Interview mit Metal.de auf die Frage: „Wie sieht eine perfekte SHINING-Show aus?“

Niklas: Ich würde dasselbe noch mal antworten.

Also ist es zumindest dein Ziel, einen geliebten Menschen auf einem Konzert zu foltern und zu ermorden?

Niklas: Nein, es wäre das negativste Ereignis, das ich mir vorstellen könnte. Aber das heißt nicht, ich würde es mögen. Es ging darum, dass man keine Kirche anzünden, sondern sein Leben ficken sollte, falls man echte Negativität erleben will.

Maniac: Ich habe genug. (verlässt seinen Platz) Negativität? Lebe dein Leben!

Niklas: Exakt. (zu mir) Du erlebst Negativität jeden Tag, wenn du in den Spiegel guckst.

Geht eure Tour bis zum 22. Dezember, weil du danach Weihnachten feiern willst? (glucksen)

Niklas: Ich habe keine leibliche Familie mehr, von daher weiß ich nicht… Weihnachten ist nur eine gute Sache, wenn du Kinder hast. Dann könnte ich mir vorstellen, dass man schöne Feiertage erlebt. Aber ich bin Sankt Nikolaus…

Ja, heute ist Nikolaus-Tag – hast du Maniac was in seinen Schuh gesteckt?

Niklas: Nein, vielleicht stecke ich ihm später noch was in seinen Arsch. Oder vielleicht, wenn du willst…

Nein, danke – ich hab ja meine Finger.

Niklas: Guter Junge.

Und? Bist du glücklich? Fühlt es sich gut an, Interviews zu geben, Shows zu spielen…?

Niklas: Ja, wunderbar. Ich bin ein bisschen verärgert, weil du meine anderen Mitglieder nichts gefragt hast. Wir sind jetzt eine Band und es geht nicht nur um mich. Ich bin nur eine kleine Puppe in einem großen Spiel. Ich will, dass du noch etwas schreibst. Wir hatten während all der Jahre ein riesiges Problem mit Drummern – Hellhammer, äääh…

Ihr hattet sogar eine Schlagzeugerin, richtig?

Niklas: In SHINING? Bist du bescheuert? Ich würde niemals eine Frau in SHINING aufnehmen.

Aber dann gab es bis vor kurzem in SKITLIV eine.

Niklas: Ja, aber sie wollte gehen, weil sie mich wahrscheinlich nicht so richtig mochte. Ich kann das verstehen. Jedenfalls bin ich auf dieser Tour wirklich sehr, sehr glücklich mit diesem gerade mal 19 Jahre alten Drummer aus Halmstad, der tatsächlich beweist, dass er live viel besser spielt als unsere alten Schlagzeuger. Du wirst heute Nacht auch diese verdammte Macht erleben, für die ich wirklich dankbar bin.

Also, per aspera ad astra. Vielen Dank!

Niklas: Danke! Es hat mich gefreut, dich kennen zu lernen.

11.01.2008

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