Obscura
Interview mit Steffen Kummerer

Interview

Also produziert ihr selber?
Zusammen mit V. Santura, dem Gitarristen von DARK FORTRESS, einer meiner engsten Freunde. Er hat schon unser allererstes Demo produziert und war immer in unsere Aufnahmen involviert. Wir halfen uns immer gegenseitig. Das Woodshed Studio kam damals eigentlich erst zustande, weil wir „Cosmogenesis“ als erste mit einem ordentlichen Budget ausgestatte Platte aufnehmen konnten und da hat sich in den vergangenen Jahren jeder gemausert: OBSCURA sind gewachsen, die Woodshed Studios sind gewachsen, er hat jetzt auch PESTILENCE aufgenommen, TRYPTIKON- und DARK FORTRESS-Produktionen gemacht und macht sich einen guten Namen. Wir arbeiten jetzt seit über zehn Jahren zusammen und wissen, was wir voneinander haben und versuchen, auch Dinge besser zu machen. Grundsätzlich produzieren wir gemeinsam. Ich bin dann zusammen mit dem Produzenten im Studio und wir arbeiten an den Sounds. Bei den Aufnahmen ist allerdings jeder Musiker alleine im Studio. Das heißt, wir nehmen nicht gemeinsam als Band auf. Ich will das nicht. Das ist mir zu ineffizient und da würde zu viel gequatscht werden. Da muss gearbeitet werden und die Platte bestmöglich eingespielt werden. Ich bin da sehr strickt, dass im Studio keine Party gemacht wird.

Bei euch passiert generell doch außer Aufnehmen nichts mehr im Studio. Ihr geht mit auskomponierten Stücken ins Studio, was doch auch eher eine Seltenheit ist.
Das hat sich auch erst über die Jahre entwickelt. Bei den letzten beiden Platten hatten wir die Songs mit Guitar Pro geschrieben und sind damit ins Studio gegangen, was aber noch zu kleineren Problemen geführt hat und wir manche Teile umarrangiert haben. Dinge klingen über MIDI einfach anders und das wollte ich diesmal anderes angehen. Diesmal haben wir sämtliche Songs vorproduziert und ausnotiert. Da hat sich, wenn überhaupt, an manchen Stellen noch minimal etwas geändert, Phrasierung und Ähnliches. Aber im Prinzip konnten wir uns auf die Performance konzentrieren und auf Record drücken. Man konzentriert sich in der Vorbereitung auf die Experimente wie Vocalpatterns und Arrangements, und im Studio kann man sich voll auf die Aufnahme konzentrieren.

Dass ihr zu viert probt, kommt dann erst beim Üben für die Live-Konzerte vor?
Unsere Musik wird leider nicht im Proberaum geschrieben. Ganz früher in den ersten fünf, sechs Jahren haben wir uns schon circa ein- bis zweimal die Wochen getroffen und zusammen Musik geschrieben und geprobt. Das ging aber irgendwann, der räumlichen Distanz wegen, nicht mehr: Bassist aus Amsterdam, Schlagzeuger aus Nürnberg, Gitarrist aus fast bei Frankfurt – das ging einfach nicht mehr. Mittlerweile proben wir in Blöcken. Das heißt wir proben zwei, drei Tage am Stück und exerzieren unser Live-Set durch. Macht auch Spaß und ist effizienter.

Wie war es, mit der neuen Besetzung zu arbeiten? Sebastian Lanser kenne ich bisher von PANZERBALLETT, das müsste, was die technischen Fähigkeiten angeht, doch schnell harmoniert haben.
Nicht nur die technischen Fähigkeiten. Sebastian ist ein Vollprofi. Das habe ich in der Form noch nie gesehen. Er kam mit komplett ausnotierten Schlagzeugnoten an und hat im Studio dann vom Blatt gespielt. Das war für mich auch neu. Er hat wirklich vorher sämtliche Drum-Patterns ausgearbeitet und arrangiert. Sebastian arbeitet sehr viel mit „Odd-Times“, mehrschichtigen Rhythmen, und er hat es geschafft, es so klingen zu lassen, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Dazu hat er einen unglaublichen Tom-Sound – Wahnsinn! ?Macht wirklich Spaß und die Vibes in der Band sind klasse. Ich bin sehr dankbar dafür, wie er sich einbringt. Der rhythmische Aspekt der neuen Besetzung ist gänzlich anders als in der Vergangenheit. Wir arbeiteten mit ganz anderen Ansätzen. Wir haben die Geschwindigkeit minimal verringert, um einfach mehr Groove reinzubringen. In der Live-Situation haben wir festgestellt, dass die extrem schnellen Songs nur einmal kurz wirken, aber im Prinzip kommt, egal wie gut der Tontechniker ist, im Publikum nur Soundbrei an. Einfach weil zu viel tonale Information durch die PA verwaschen wird. Daran haben wir gefeilt und uns in den Mid-Tempo-Songs eben mehr auf interessante Grooves fokussiert. In Verbindung mit Sebastian und Linus macht das einfach Spaß und ich freu mich tierisch auf die Proben und die anstehenden Konzerte.

Und was war mit Tom Geldschläger?

Da muss ich sagen, dass es einfach nicht geklappt hat und ich habe leider erst im Studio feststellen können, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert – weder menschlich noch von der Performance her.

Möchtest du das begründen?

Sagen wir so: Ich habe sieben von acht Songs eingespielt und es hat nicht geklappt, die Fretless-Gitarre in den Sound zu integrieren. Das hat noch nie funktioniert. Man kann sich das so vorstellen: Ursprünglich war angedacht, dieses Instrument gleichberechtigt mit der regulären Rhythmus-Gitarre zu behalten und über ein hartes Links-Rechts-Panning aufzunehmen. Die Tonfindung auf der Fretless-Gitarre ist einfach nur näherungsweise und es klingt, als würde links eine amtliche Gitarre Songs einspielen und rechts eine verstimmte Telecaster versuchen, mitzuhalten. Das ging einfach hinten und vorne nicht. Man muss dazu sagen, dass die Skala eines Fretless-Basses viel größer ist, und dort einen Ton zu finden viel leichter ist als auf einer kurzen E-Gitarre. Ergo hat sich alles verstimmt angehört. Ich habe Zahnschmerzen bekommen, damit einen Akkord greifen zu wollen. Um den Vibe aber beibehalten zu können, wie bei „Fractal Dimension“, haben wir die Slides beibehalten.
Es hat einfach im Studio nicht funktioniert, beziehungsweise war Geldschläger nie im Studio in Landshut. Er hat sine Sachen zu Hause eingespielt und ich musste leider feststellen, dass er kein Toningenieur ist. Weshalb wir mit seinen Spuren auch nicht arbeiten konnten – falsches Tempo, falsche Tonhöhen und so weiter. ?Auf die anderen Sachen will ich nicht eingehen. Es hat einfach nicht funktioniert, dann habe ich ihn angerufen und gesagt, dass ich nicht mehr mit ihm arbeiten möchte. Daraufhin haben wir uns noch im Studio von ihm getrennt und die Platte zu dritt fertig ausgearbeitet. Der Großteil wurde dann neu eingespielt, was die Band letztendlich weitere zwei Wochen Studiozeit gekostet hat, was natürlich wir tragen mussten. Da kamen viele Sachen zusammen. Ich habe auch meinen 30. Geburtstag im Studio verbracht und habe vierzehn Stunden lang Gitarren neu aufgenommen – das schlägt schon auf die Stimmung.

Egal – es hat nicht geklappt und mit Raffael Trujillo haben wir jetzt einen erfahrenen Gitarristen, der am Münchner MGI studiert und seit diesem Semester am Amsterdamer Konservatorium ein Jazz-Studium angefangen hat. Da stimmt es auch auf der menschlichen Ebene. Der akademische Standard auf dem er arbeitet, ist gigantisch. Er ist einfach eine Bank. Er ist noch relativ jung, aber wenn man einen Blick auf seine Credit-Liste wirft, sieht man, er hat schon vor fünf Jahren in TV-Shows mitgemacht, unglaublich viele Session-Jobs für Rock- und Pop-Acts mitgemacht und daher sehr viel Erfahrung. Er ist ein Shredder. Wir haben ihn abgeklopft auf alles, weil wir einfach sichergehen wollten, nicht nochmal eine Niete zu ziehen und er hat bewiesen, dass es passt.

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25.01.2016

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