Kanzler & Söhne
Kein Stress vom Hurensohnsagen - Interview zu "Durch die Wände"
Interview
KANZLER & SÖHNE und ihr Album „Durch die Wände“ – das ist für uns leider keine Erfolgsgeschichte: Da gibt es einen lauen Drittaufguss altbekannter Crossover-Riffs (den sie in ihrer Selbstbeschreibung stürmisch und forsch als „Eins A Crossover, und auch nur das, keinen anderen Scheiß. Nur Metal und Rap. Kein Shouting, kein Gesang, kein Schnickschnack.“ titulieren), und vor allem nerven die ziemlich lahmen Textergüsse ohne deepe Message („Kampfansage an alle Spasti-Bands, die irgendwie frech sein wollen, aber Angst haben, den Mittelfinger zu zeigen“). Bei solchen Punchlines bleibt eigentlich nur Fremdschämschmunzeln oder komplette Ignoranz. Wir allerdings sind in die Offensive gegangen und haben KANZLER & SÖHNE in Erwartung eines Interview-Battles einfach mal knallharte Fragen vor den Latz geballert – wer jetzt aber krasses Gedisse erwartet, dürfte enttäuscht werden: Die Fragen kontern sie mit mehr Witz, als ihr gesamtes Album hergibt. Das heißt vielleicht nicht viel, aber wer hätte das gedacht?
Moin Kanzler & Söhne! Eure Platte „Durch die Wände“ hat bei uns einen sensationellen Punkt (von zehn möglichen) eingefahren. Respekt! Das haben mit solch einer Selbstverständlichkeit bislang nur STRIBORG geschafft. Ist euch ein Punkt genug, oder wollt ihr auch hier „mehr als der Restsatz“?
Moin Moin. Aaah, die guten alten STRIBORG. Peace an die Einpunktegang. Vielleicht ergibt sich da ja mal eine Zusammenarbeit.
Wenn ihr jetzt sagt: „An deiner Bewertung hab‘ ich kein Interesse […] / Verpiss dich, wenn du nicht mit mir bist“, sage ich: Nö. Ich bleibe hier und frage euch: Was muss man über euch wissen? Wer bei euch ist Kanzler und wer Söhne?
Hui, rebellisch von dir, einfach hier zu bleiben, du scheinst cool zu sein. Wir sind eine Musikgruppe. Fragst du IRON MAIDEN auch, wer die Jungfrau ist?
Warum tragt ihr auf dem Albumcover Windeln?
Das ist ein älteres Foto (1991), auf dem wir noch inkontinent waren.
Da tun sich weitere menschliche Abgründe auf. Euch „tut die Fresse weh vom Hurensohnsagen“. Warum dann der ganze Stress?
Für uns ist das kein Stress. Manchmal tut mir nach dem Ficken der Schwanz weh, aber deshalb höre ich nicht auf zu ficken.
Wer ist für euch alles ein Hurensohn? Und was ist das weibliche Pendant dazu?
Hurensohn ist der Sohn von einer Hure. Das weibliche Pendant könntest vielleicht du sein.
Wer weiß schon, wer sich hinter der Maske versteckt. „Ich will nicht viel reden / ich will dir keine Liebe geben / ich will nur kommen und dann wieder gehen / nenn‘ es primitiv / das hör‘ ich jede sagen […]“ – gibt es viele Bräute, die man unter diesen Voraussetzungen klarmachen kann?
Ja. Aber in der metal.de-Redaktion gibt es wahrscheinlich nur Lovestorys. #drachenlord
Falls du Probleme haben solltest, in der Frauenwelt anzukommen, hier ein Link zu coolen Klamotten: http://www.merchstore.net/kanzler-und-soehne (Jetzt ham‘ wir aber einen gut bei dir 🙂
„Du lässt dich von ’nem ander’n ficken, und ich gehe saufen“ klingt nach einem Masterplan. Jetzt mal Kopf in die Wolken – gibt es da noch eine bessere Variante?
Dass du diesen Text so fehlinterpretierst, macht uns wütend und traurig. Aber vielleicht kannst du und deine Wuschelkopffreunde ja bei ein paar Hörnern Met den Text nochmal neu analysieren, falls ihr zwischen dem Headbangen kurz Zeit findet.
Bei uns gibt’s kein Headbanging, sondern nur Eins A Crossover, und auch nur das, keinen anderen Scheiß. „Warum bist du schon 30 / weil du nix auf die Reihe kriegst“, rappt ihr da. Äh, ja. Ich bin 43. Muss ich mir Sorgen machen?
Der Song „Brenn“ thematisiert Erfolgsdruck und Stress in jeglicher Hinsicht. Die Stimme, die da rappt, könnten z.B. deine Eltern sein, die nicht zufrieden mit dir sind… oder dein Chef oder du selbst. Du fühlst dich genötigt, deine „Welt in Brand“ zu setzen und unter dem Druck zu kollabieren (Burnout). Zu der Frage, ob du dir Sorgen wegen deines Alters machen musst: Ich denke, du kannst dich entspannt zurücklehnen und dein Leben als Musikexperte in vollen Zügen genießen. Wenn man so viel erreicht hat wie du, muss man nichts mehr „in Brand“ setzen 🙂 .
Ich bin halt nicht um jeden Preis böse oder asozial. Ihr singt: „Dein Job fuckt dich ab / such‘ dir ’n neuen“. Ist das ständige Hurensohnsagen eigentlich auf einer Ebene mit diesem Abfucken zu sehen? Was wäre für euch dann die Konsequenz?
Nein, das sind zwei unterschiedliche Ebenen. Der Protagonist aus „Abgefuckt“ ist natürlich viel souveräner als der aus „Schmerz“. Das Leben ist vielfältig. Mal so, mal so… zumindest für uns… aber wir sind ja auch noch jung. Also weitaus jünger als 43.
Jetzt bedient ihr euch aber wie in einem Comic des Stilmittels der Übertreibung. Wo wir gerade dabei sind: Euer Pressetext redet von „textlicher Asozialität“. Jetzt mal Hand aufs Herz, Freunde: Seid ihr wirklich so „asozial“, wie man bei Napalm eure Texte sieht?
Also ich denke, wir kommen mit unserer Asozialität vllt. nicht ganz, aber nahe an dich und dein Musikpunktesystem ran.
Das ist metal.de in all seiner Anstößigkeit und kompromisslosen Vulgarität. Warum heißt eure Platte eigentlich „Durch die Wände“ – welche Wände? Warum nicht durch die Tür? Und mit dem Fuß oder dem Kopf zuerst?
Ist in unseren Augen der plakativste Songtitel. „Wände“ ist alles, was abfuckt, also Hurensohn, also mit dem Kopf, teilweise auch mit dem Schwanz oder der Faust oder beidem gleichzeitig voran. Manchmal gibt’s keine Türen. Zumindest nicht in erreichbarer Nähe.
Danke Kanzler, danke Söhne. Das war’s auch schon. Irgendwelche Worte an die Hurensöhne und Nichthurensöhne da draußen?
Aber im siebenten Monat kam Jischmael, der Sohn Netanjas, des Sohnes Elischamas, aus königlichem Stamm, einer von den Obersten des Königs, und zehn Männer mit ihm zu Gedalja, dem Sohn Ahikams, nach Mizpa, und sie aßen dort in Mizpa miteinander.
(Jeremia 41; Vers 1)
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Geil! 😀
Schade dass sie ihren Witz und Charme nicht auch in die Musik einfließen lassen,die ist nur stumpf..
Ein Punkt ist vielleicht trotzdem ein bisschen hart.
Eines der besten Interviews die ich hier lesen durfte.